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Achtundfünfzigster Brief.
Julie an Milord Eduard.

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Inhaltsverzeichnis

Nicht um mich über Sie zu beschweren, schreibe ich an Sie, Milord! Da Sie mir Schimpf zufügen, so muß ich Ihnen wohl irgend etwas unwissentlich zu Leide gethan haben. Wie wäre es denkbar, daß ein edler Mann ohne Ursache darauf ausginge, eine achtbare Familie zu entehren? Befriedigen Sie also Ihre Rache, wenn Sie sie für gegründet halten: dieser Brief bietet Ihnen ein leichtes Mittel dar, ein unglückliches Mädchen zu Grunde zu richten, das es sich nie vergeben wird, Sie beleidigt zu haben, und diese Ehre, welche Sie ihm rauben wollen, in Ihre Hände legt. Ja, Milord, Ihre Voraussetzung war richtig: ich habe einen Liebhaber, der wieder geliebt ist; er ist Gebieter über mein Herz und meine Person: der Tod allein wird dieses süße Band zerreißen können. Dieser Liebhaber, ist derselbe Mann, den Sie mit Ihrer Freundschaft beehrten; er ist derselben würdig, da er Sie liebt und tugendhaft ist. Indessen er wird von Ihrer Hand fallen; ich weiß, daß die gekränkte Ehre Blut fordert; ich weiß, daß sein Muth selber ihn verderben wird; ich weiß, daß in einem Kampfe, der für Sie so wenig Furchtbares hat, sein unerschrockenes Herz furchtlos den tödtlichen Stoß suchen wird. Ich habe diesen unüberlegten Eifer zurückhalten wollen; ich habe die Vernunft sprechen lassen. Ach, indem ich meinen Brief schrieb, fühlte ich, daß ich ihn vergeblich schriebe, und welche Achtung ich vor seinen Tugenden habe, so erhaben wage ich sie mir nicht zu denken, daß sie ihn von einem falschen Point d'Honneur losmachen sollten. Genießen Sie im Voraus des Vergnügens, welches Sie empfinden werden, die Brust Ihres Freundes zu durchbohren: aber wissen Sie, grausamer Mann, daß Sie wenigstens das nicht haben werden, sich an meinen Thränen zu weiten und meine Verzweiflung zu sehen. Nein, ich schwöre es, bei der Liebe, die in der Tiefe meines Herzens seufzt, sein Sie Zeuge eines Schwures, der nicht vergeblich gethan sein wird: ich werde Den, für den ich athme, um keinen Tag überleben, und Sie werden den Ruhm haben, mit Einem Stoße zwei unglückliche Liebende ins Grab zu strecken, die Ihnen mit Wissen nichts zu Leide thaten und denen es eine Freude war, Sie zu ehren.

Man sagt Ihnen nach, Milord, daß Sie eine schöne Seele und ein gefühlvolles Herz besäßen: wenn diese Sie in Frieden eine Rache schmecken lassen, von der ich keinen Begriff habe, und die süße Lust, Menschen unglücklich zu machen, möchten sie Sie, wenn ich nicht mehr sein werde, bewegen, einige Theilnahme den untröstlichen Eltern zu widmen, die der Verlust des einzigen Kindes, das ihnen noch übrig ist, in ewigen Gram versenken wird.

Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe)

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