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Der Fall Sophia Thomalla

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Den zweiten engeren Kontakt mit Nauen gab es nach dem Pokalspiel zwischen Union Berlin und dem Zweitligisten SC Paderborn. Ich kommentierte dieses Spiel für die Sky-Konferenz. Im Tor ließ Union-Trainer Urs Fischer statt des etatmäßigen Keepers Andreas Luthe erstmals in einem Pflichtspiel Loris Karius ran. Karius war nach den Erlebnissen mit dem FC Liverpool (unglückliches Finale in der Champions League gespielt und von vielen als Sündenbock für Liverpools Finalschlappe hingestellt) und in Istanbul nun in Berlin gelandet. Dort lebte auch seine Lebensgefährtin, die Schauspielerin Sophia Thomalla.

Ich erzählte die Geschichte von Karius und sagte sinngemäß, dass er sich das sicherlich anders vorgestellt hatte, als nur Ersatzkeeper bei Union zu sein. Aber immerhin: Wenn er nach Hause käme, wäre ja seine Liebste dort. Und dann den Satz: „Na ja, für eine Kuschelnacht mit Sophia Thomalla würde ich mich auch auf die Bank setzen.“

Ja, war so dahergeredet von mir. Dass dieser Satz mein Leben verändern sollte, war mir zu jenem Zeitpunkt nicht klar. Auch bei den Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen nach getaner Arbeit war der Satz kein Thema.

Erst am nächsten Morgen rief mich mein Kollege Wolff Fuss an: „Weißt du eigentlich, was bei Twitter abgeht? Du bist in der Top Ten der Twitter-Trends.“ In netter Gesellschaft mit Angela Merkel, Donald Trump und Jens Spahn. Aha.

Ganz ehrlich, ich wusste zu Beginn des Telefonats mit Wolff immer noch nicht, warum. Mein zweiter Gedanke war, das kann nichts Gutes bedeuten, weil bei Twitter seltenst Nettigkeiten ausgetauscht werden. Wolff erklärte es mir und sprach von einem unglaublichen Shitstorm. Die Twitter-Gemeinde hatte sich eingeschossen. Ich stand im Fadenkreuz der Moralapostel.

Es half nichts. Ich machte mich an die Arbeit und bereitete mich auf die Pokalpartie des Folgetages Mainz 05 gegen den VfL Bochum vor. Doch dazu sollte es nicht kommen. Der Pressesprecher von Union Berlin rief mich an und meinte, es sei ein sexistischer Spruch gewesen. Ich wies dies zurück. Und Loris Karius sei auch angefressen, meinte er. Okay ich nahm es zur Kenntnis und nahm mir vor, mich bei Loris zu entschuldigen. Ich checkte Twitter und sah, dass auch hier nun der Begriff Sexismus auftauchte.

Die Bild trat kräftig aufs Pedal und hetzte mir eine – sagen wir mal – emanzipierte Kollegin auf den Hals. Ich überlegte: Spreche ich mit ihr oder nicht. Es war klar, in welche Richtung es gehen würde. Ich entschloss mich, mit der Dame zu reden, um Schadensbegrenzung zu betreiben.

Sie schrieb von „Altherrenhumor“ und fauchte über mich ab. Der Vorwurf des Sexismus stand weiter im Raum. Altherrenhumor kann sein. Vielleicht ist der Spruch tatsächlich der eines alternden Mannes. Aber den Sexismus-Vorwurf hielt ich für überzogen. Wenige Tage später druckte übrigens die gleiche Zeitung ein Foto von Thomalla im Schnee und kommentierte das mit „Sophia, du heiße Schnecke“.

Das war ja hochinteressant. Ich schrieb der forschen Autorin und fragte sie, ob denn nicht die „heiße Schnecke“ viel sexistischer und auch abwertend für eine Frau sei? Ob die Bild-Redaktion da nicht im Glashaus säße, wenn sie mir Sexismus vorwerfe und eine gestandene Frau als „heiße Schnecke“ bezeichnete? Na, was glauben Sie, habe ich wohl eine Antwort von der Journalistin bekommen? Natürlich nicht. Ich habe von ihr nie wieder ein Sterbenswörtchen gehört.

Die Springer-Kolleg(inn)en haben in diesem Fall – wie ich finde – nicht fair gearbeitet. Wobei ich Bild generell in einem anderen Licht sehe als mancher Kritiker. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Fakten immer stimmen müssen und keinen Spielraum lassen. Die Redaktion achtet penibel darauf, wie ich in den Jahren, in denen ich für bild.de Onlineberichte kommentierte, erfahren durfte. Außerdem glaube ich, dass die Sportchefs Brügelmann, Straten und Draxler seriöse Journalisten sind, die versuchen, die Ware zwar boulevardesk, aber fair an die Leserschaft zu bringen. Da kann sich manch andere Zeitung ähnlicher Couleur eine Scheibe abschneiden. Von allen dreien habe ich eine hohe Meinung.

Immer geradeheraus

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