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Der Anfang vom Abstieg

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Mario Nauen wurde Redaktionsleiter. Das war – Pardon – der Untergang der Redaktion, na ja, zumindest deren Abstieg. Ein Mann ohne Charisma, vor allem ohne Führungsqualitäten. Er war nicht etwa böse oder gemein. Einfach nur unfähig, wenn ich das mal so behaupten darf. Eine Fehlbesetzung für einen so wichtigen Job in der Schaltzentrale des Senders.

Möglicherweise aufgrund von Zwängen (Scheinselbstständigkeit, Ansprüche auf Festanstellung etc.) wurden wir Reporter (fast alle sind wir freie Mitarbeiter) vom Redaktionsleben abgeschnitten. Es gipfelte darin, dass Freie nicht mal mehr den Kopierer benutzen durften.

Klingt komisch. Aber man muss ja nicht alles verstehen. Was viel schlimmer war: Es gab null Kontakt mehr zur Redaktionsleitung. Feedback ebenfalls nahezu null Komma null. Wir bekamen keine Infos über redaktionelle Pläne, über Sendungsinhalte, sondern wurden online über unsere Einsätze informiert, hatten diese zu erledigen und danach wieder zu verschwinden. Ob es gut war oder schlecht, oder irgendwas dazwischen – keinerlei Feedback. Ein redaktionelles Desaster. So etwas hatte ich in über 35 Jahren als Journalist nicht mal ansatzweise erlebt.

In vier Jahren gab es nur zwei- oder dreimal ein schriftliches Dossier. Manuel Baum, einst erfolgreicher Trainer in Augsburg und später weniger erfolgreich auf Schalke, hatte von Sky den Auftrag erhalten, alle Reporter zu bewerten. Er pickte sich ohne Vorwarnung einen Kommentar heraus, um ihn (meistens) zu zerpflücken. Das machte er mit der Arbeit der Kollegen, und mit meiner natürlich auch.

Diese Baum-Dossiers wanderten dann auch zu den Redaktionschefs, die sich das genüsslich durchlasen (vermutlich). Das Problem an den Baum’schen Beurteilungen: Sie waren in Fußballlehrerdeutsch geschrieben (abkippender Sechser, Spieler, die drei Meter höher standen als der Gegner, ballferne Zehner und dergleichen mehr). Ist ja alles okay. Für Trainer und Spieler. Aber wenn du als Reporter mit diesem Scheiß ankommst, tippt sich fast jeder Fußballfan an die Stirn, selbst wenn er dich eigentlich mögen sollte.

Was Manuel Baum völlig fehlte, war journalistisches Know-how. Und Feeling. Wann sage ich was und warum und wie? Zu einem Kommentar gehört nun einmal nicht nur Fußballlehrerfachwissen, sondern auch journalistisches und emotionales Feingefühl, das ihm völlig fremd schien. Ich glaube auch, dass diese fachliche Klugscheißerei der Grund seines Scheiterns auf Schalke (und auch am Ende in Augsburg) war. Dieses Ich-bin-so-klug-und-weiß-immer-alles-besser geht vielleicht mal kurzfristig, geht vielen aber – Baum wird diesen Ausdruck jetzt nicht verstehen – auf den Sack.

Warum hat Klopp so einen Erfolg? Er ist ein absoluter Fachmann wie Baum. Aber darüber hinaus hat er Fußballerdeutsch gelernt. Salopp formuliert: Klopp weiß zum Beispiel, was im Fußball Muschis (nicht sexuell gemeint) sind.

Womit wir wieder bei Mario Nauen wären. Wie gesagt, ich will ihm nichts Böses. Aber leider macht er einen Job, den er nicht kann. Als Redaktionsleiter musst du den Kontakt zu deinen Reportern halten. Aber Kommunikation ist leider nicht seine Stärke, obwohl Sky ja ein Kommunikationsunternehmen ist. Das sollte er später mehrfach beweisen.

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