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Die Päpste in Avignon

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Das Avignonesische Exil, wie man es in Anlehnung an die einstige Gefangenschaft der Juden in Babylonien pathetisch genannt hat, währte fast volle siebzig Jahre. Eine Reihe markanter Persönlichkeiten haben in der Rhône-Stadt auf dem Papstthron gesessen, unter anderem der listige Jakob von Cahors als Johannes XXII. († 1334), der Sohn eines Schuhmachers. Als alter Mann von den Kardinälen als Übergangspapst gewählt, hat er fast zwei Jahrzehnte machtvoll und selbstbewusst regiert. Aus deutscher Sicht ist er vor allem als der große Gegenspieler des römisch-deutschen Königs und Kaisers Ludwigs des Bayern († 1347) in die Geschichte eingegangen: Beide lieferten sich den letzten großen Zweikampf im scheinbar ewigen Ringen zwischen Kaisertum und Papsttum. Aber auch Jacques Fournier als Benedikt XII. († 1342), der ehemalige Bischof von Pamiers und gefürchtete Inquisitor in den abgelegenen, noch dem Albigensertum verhafteten Dörfern der Pyrenäen, über dessen Tätigkeiten wir durch minutiöse Protokolle genauestens unterrichtet sind. Oder Peter von Fécamp als Clemens VI. († 1352), der Jugendfreund Kaiser Karls IV. († 1378); früh hatten sich beide ihre Karriere – Papst und Kaiser – gegenseitig vorausgesagt.

Immer fester schien sich die Kurie – so als hätte es nie eine Stadt namens Rom gegeben – in Avignon zu verwurzeln. Der Verwaltungsapparat war gigantisch. Unmengen an Schriftgut, an Registern und Kammerakten, die noch heutige Historiker, wenn sie über diesen Materialien brüten, schier verzweifeln lassen, wurden produziert, und auch wenn Produktivität noch kein Wert an sich ist, glich das Ganze nur wenig einem Provisorium. In der Stadt wurde ein gewaltiger Papstpalast errichtet – riesige Säle, endlose Fluchten, meterdicke Mauern. Der Palast schien gebaut zu sein als Monument für die Ewigkeit. War das alles nur noch eine Übergangslösung? Wollte man überhaupt wieder zurück? Musste man zurück? Und während Rom zu dieser Zeit als Stadt verfiel, die Pilger weitgehend ausblieben, Büsche und Gestrüpp die Pfade auf dem unbewohnten Gelände innerhalb des viel zu weit gewordenen Rings der Aurelianischen Mauern überwucherten und die Balken in den Kirchen morschten, wuchs die Metropole an der Rhône zu einer der größten Städte des Okzidents heran. Der natürliche Magnetismus der Kurie, der so gut wie immer die Kräfte anzieht, der die Petenten wenigstens zeitweise an sich bindet und für Organisation und Struktur sorgen muss, begann zu greifen. Avignon jedoch blieb ohne eigene Idee; es funktionierte nur. Ein religiöser Mittelpunkt war hier nicht zu schaffen; es fehlte alles, was dazu notwendig war. Rom blieb Rom, die Ewige, die unvergleichliche Stadt – auch als die Stadt der Päpste.

Konstanz 1414-1418

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