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Das Konzil zu Pisa, der dritte Papst und ein Mann namens Baldassare Cossa

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Nun also das Konzil zu Pisa. Erschienen waren fast hundert Erzbischöfe und Bischöfe, daneben viele andere Geistliche. Man kam mit großen Hoffnungen. Auf die alte Zauberformel sollte eine neue, der konziliare Gedanke, antworten. Entschlossen zitierten die Konzilsväter Gregor XII. und Benedikt XIII. als hartnäckige Schismatiker vor die Versammlung, wo sie sich rechtfertigen sollten. Natürlich kamen die beiden nicht. Die Konsequenz wurde am 5. November 1409 ausgesprochen:

„Die heilige allgemeine Kirchenversammlung, die die ganze Kirche repräsentiert und zu deren Aufgaben es bekanntlich gehört, den vorliegenden Fall zu untersuchen und zu entscheiden, hat sich unter Anrufung des Namens Christi als Gerichtsversammlung konstituiert und erklärt, entscheidet, präzisiert und verkündet gegen Pedro de Luna alias Benedikt XIII. und Angelo Correr alias Gregor XII., die schändlich um die Papstwürde streiten, dass beide überführte Schismatiker waren und sind und erwiesenermaßen die ungeheuerlichen Verbrechen des Meineides und des Bruchs ihrer Gelübde begangen haben. Aus diesen und weiteren Gründen haben sie sich jeder Ehre und Würde, zumal der päpstlichen, unwert gemacht.“

Ein neuer Papst musste her, abgesichert durch den Charakter eines Ökumenischen Konzils, das man sich in Pisa gegeben hatte. Die Kardinäle, die der Meinung waren, sie seien der beiden bisherigen Päpste durch die Absetzung ledig, wählten einstimmig den Franziskaner Petros Philargis aus Candia auf Kreta, einen honorigen Mann mit einer beachtlichen Vita. Nach Studien in Oxford, Paris und Pavia, der Abfassung eines weithin beachteten Sentenzenkommentars wurde Petros maßgeblich aufgrund Betreiben Galeazzo Viscontis, des mächtigen Herrn von Mailand, Bischof von Piacenza (1386), Vicenza (1388), Novara (1389) sowie 1402 – als Krönung seiner bisherigen Laufbahn – Erzbischof von Mailand. Petros, der sich als Papst Alexander V. nannte, hat nur ein Jahr auf der cathedra Petri gesessen.

Am 3. Mai 1410 starb er im Kloster S. Maria dei Crociferi bei Bologna – kurz nach dem Besuch eines Gastmahls, das der mit ihm befreundete Kardinaldiakon Baldassare Cossa für ihn dort gegeben hatte. Bald machten Gerüchte die Runde, der Papst sei durch das Essen vergiftet worden. Zumindest kurzfristig haben die Gerüchte Cossa nicht geschadet; denn als Alexanders Nachfolger gewählt wurde genau jener Mann, der davon nachhaltig getroffen werden sollte: Cossa.

Wer war dieser Mann? Eine schillernde Gestalt, die nicht leicht auf eine Formel zu bringen ist. Ein Mann, der das kirchlich-politische Geschehen des nächsten halben Jahrzehnts nachdrücklich prägen sollte, bevor das Geschehen ihn geprägt hat. Ein Renaissancemensch, dessen vielseitige Begabungen sofort hervorstachen, auch wenn – wie Zeitgenossen süffisant bemerkt haben – der geistliche Charakter eher schwach ausgeprägt zu sein schien. Einer, der glänzend reden und perfekt organisieren konnte. Ein Mann, der offensichtlich nie müde wurde, der unerschöpflich schien in seiner Tatkraft und Energie. Ein Mann freilich auch, der überall die Richtung vorgeben wollte und der sicher schien, alles drehe sich immer nur um ihn. Ein Mann, der sich lange Zeit wie ein sicherer Sieger fühlte, bis er hilflos mitansehen musste, wie furchtbar es ist zu spüren, wie alles entgleitet, was man besitzt.

Wie steigt so einer auf, wie kommt er nach oben? Als Angehöriger eines neapolitanischen Adelsgeschlechts auf der kleinen Mittelmeerinsel Procida geboren, ist über Cossas Jugend nur wenig Gesichertes bekannt. Das Hauptgewerbe seiner Familie scheint – legendenbildend genug – die Piraterie gewesen zu sein. Zwei seiner Brüder endeten dadurch in Kerkerhaft, und natürlich haben spätere Gegner des Papstes nur zu gerne behauptet, auch Baldassare sei an den kriminellen Unternehmungen beteiligt gewesen. Nach einem Studium an der berühmten norditalienischen Universität Bologna kam er unter Papst Bonifaz IX., dem er als persönlicher Kammerherr diente, an die römische Kurie. Mitgewirkt hat er hier unter anderem an der Organisation des Heiligen Jahres, das der Kurie enorme Einnahmen beschert hat, am Pfründengeschäft sowie am Ablasshandel – alles zeittypisch und für einen Kurialen keineswegs außergewöhnlich, doch später wiederholt Anlass zu beißender Kritik.

Baldassare, der sich als Papst Johannes XXIII. nannte, besaß nach dem Pisaner Konzil den größten Anhang in der Christenheit; für viele war er die Zukunft, wenn auch wiederum die Verwerfungen innerhalb eines Landes groß waren. Johannes hing die Mehrheit der Fürsten und Bischöfe Südwestdeutschlands an, die Reichsstädte verhielten sich neutral; zum römischen Papst Gregor XII. bekannte sich der römisch-deutsche König Ruprecht (1400–1410) sowie – außerhalb des Reiches – der König von Neapel. Zu Benedikt hielten Frankreich, Spanien und Schottland. Fürwahr: Eine „verfluchte Dreiheit“ hatte den „verruchten Dualismus“ abgelöst, wie es ein gelehrter Traktat aus der Zeit formulierte. Was konnte noch kommen?

Konstanz 1414-1418

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