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Die Entstehung der Konzilsnationen

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Geschaffen wurde – und zwar bereits in den ersten Monaten – dennoch Maßgebliches, Fillastres ganzem Unmut zum Trotz. Die Fäden der Verständigung der Konzilsteilnehmer knüpften sich hundertfach; der Umgang untereinander begann sich zu formieren – und zwar noch bevor Ausschüsse und Behörden und Deputationen sich überhaupt bilden konnten. Orden, Universitäten, Freundschaften, Gruppen aller Art fingen an, sich als etwas Zusammengehöriges zu fühlen, sich von anderen zu unterscheiden. Vor allem aber entwickelten sich – als ein Teil dieses ganzen Prozesses und dennoch als etwas Besonderes darin – die Konzilsnationen. Hauptsächlich um den Einfluss Papst Johannes’ XXIII., der in seinem selbstsicheren Gebaren vielen zu weit ging, einzudämmen, traten seine schärfsten Kritiker auf den Plan. Es sollte ein Ordnungsprinzip gewählt werden, das die starre Einteilung in hergebrachte Gruppen und Fraktionen überwand und das Konzil auf eine neue, objektivere Weise zusammensetzte. So teilte man – wie bereits in Pisa 1409 – die Versammlung in Nationen (nationes) ein. Kleriker ganz unterschiedlichen Ranges und gleich welchen Aufgabenbereichs, Ordensleute, Weltgeistliche, Kuriale aus Rom und Avignon, Gelehrte, Prokuratoren und Gesandte, wer auch immer – alle saßen hier gleichberechtigt zusammen. Die Hierarchie zählte nichts; ebenso wenig kümmerte man sich um Ansehen oder Ausbildung; ausschlaggebend war allein die regionale Herkunft. Selbst die Kardinäle, die sich nur zu gerne als etwas Besonderes fühlten, als Glieder des Papstleibes, ja als „Senat der heiligen römischen Kirche“, wurden zeitweilig in dieses Raster gepresst. Dabei darf man sich unter den Nationen des Konzils nicht das vorstellen, was wir heute unter „Nation“ verstehen; die mittelalterlichen nationes bezeichneten, ganz grob gesprochen, eher Himmelsrichtungen. Auf dem Konzil von Konstanz bildeten sich die nationes Italica, Gallicana, Germanica (mit Skandinavien, Polen, Litauen, Kroatien, Ungarn, Böhmen), Anglica und – etwas später hinzugekommen – Hispanica heraus.

Um die genaue Einteilung der Nationen gab es unzählige Debatten, ja heftige Kontroversen. Nur zu gerne hätten zum Beispiel auch die Aragonesen eine eigene Konzilsnation gebildet. Keinesfalls jedoch wollte man in Konstanz die Zahl der Konzilsnationen vermehren. Heftigen Widerstand gegen das Ansinnen der Aragonesen gab es vor allem vonseiten des Kardinals Fillastre: Wenn man den Aragonesen diesen Status zubillige, so meinte er, dann müsse man dasselbe auch den Kastiliern einräumen; das aber sei insofern völlig abwegig, weil dann die Spanier, die auf dem Konzil mit nur wenigen Gesandten vertreten seien und in der Gesamtchristenheit höchstens den siebten oder achten Teil ausmachten, in Konstanz die Rolle eines Drittels spielen würden – dann müsste man beispielsweise auch aus der einen natio germanica, die ja die unterschiedlichsten Völker zusammenfasste, deren acht machen. Dennoch wurde, zumindest vorübergehend, den Aragonesen das Privileg eingeräumt, innerhalb der natio hispanica so viele Stimmen besitzen zu dürfen, wie das Gebiet der Krone Aragón Bischofssitze aufweise.

Konstanz 1414-1418

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