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Die Erfindung der Feuerwehr

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Rechnet man die Zahl der Passagiere im Reiseverkehr von und nach Rom ein, so dürften es mehrere tausend Menschen gewesen sein, die allein aufgrund des Tagesfahrverbots im nächtlichen Rom unterwegs waren. Hinzu kam eine in der letzten ‚Ausbaustufe‘ 7000 Mann starke Feuerwehrtruppe (vigiles), von der ein großer Teil in der Nacht Dienst tat. Das war allerdings erst seit der Kaiserzeit der Fall. Eine effiziente Feuerwehr hatte es trotz der zahlreichen Brände in der Zeit der Republik nicht gegeben. Die kleine Behörde der tresviri nocturni („Drei-Männer-Kollegium für nächtliche Aufgaben“), die mit ein paar Staatssklaven für Ordnung bei Nacht und Brandbekämpfung sorgen sollten, war schlicht überfordert und kam deswegen wohl meistens tardius, „zu spät“.15

Die vom Staat gelassene Lücke versuchte im 1. Jahrhundert v. Chr. Marcus Crassus zu füllen, indem er eine Privatfeuerwehr von 600 Sklaven aufstellte. Die griff indes nur ein, wenn die Eigentümer der brennenden oder vom Brand bedrohten Gebäude ihre Immobilien zu Schleuderpreisen an Crassus verkauften – eine Praxis, die schon im Altertum als unanständig und skrupellos empfunden wurde, aber erheblich dazu beitrug, dass Crassus zum reichsten Mann seiner Zeit avancierte.16

Im Jahre 26 v. Chr. stellte Egnatius Rufus eine neue Privatfeuerwehr auf. Sie machte ihr Eingreifen von keinerlei finanziellen Vorleistungen abhängig und stellte ihre Dienste auch nicht in Rechnung. Aber sie machte ihren Gründer ungeheuer populär und brachte ihm eine außerordentliche Prätur, das zweithöchste Amt, als Anerkennung für sein soziales Engagement ein.17

Bei Augustus, der wenige Jahre zuvor seine Monarchie begründet und die neue Staatsform noch nicht recht konsolidiert hatte, schrillten die Alarmglocken. Da drohte ihn jemand als Wohltäter in der Gunst des Volkes zu überflügeln. Jedenfalls witterte er Konkurrenz in seinem Selbstverständnis als alleiniger ‚Patron‘ des römischen Volkes. Er handelte umgehend, indem er den missliebigen Rivalen als Verschwörer verhaften und ins Gefängnis werfen ließ.18

Gleichzeitig aber griff er dessen Projekt einer schlagkräftigen Feuerwehr auf. Die Beliebtheit des Egnatius Rufus hatte gezeigt, wie dankbar die Menschen für diesen Service waren. Kein Wunder, denn Brände zählten neben Hauseinstürzen zu den Unglücken, die das Leben in der Hauptstadt ständig überschatteten: „Bei Tag und Nacht fürchten sich die Menschen vor Einsturz und Feuer“, bringt Seneca diese weit verbreitete Sorge auf den Punkt.19 Modernen Schätzungen zufolge gab es in Rom Tag für Tag etwa 100 Brände, „von denen 20 beachtlich und zwei gravierend waren“.20

Um so wichtiger, dass Augustus im Jahre 7 oder 6 v. Chr. endlich generalstabsmäßig eine staatlich finanzierte Berufsfeuerwehr von 3500 Freigelassenen aufstellte!21 Sie war in sieben Kohorten zu je 500 Mann gegliedert. Um 200 n. Chr. wurde die Zahl der vigiles („Nachtwächter“) auf 7000 verdoppelt. Die Truppe war paramilitärisch organisiert und stand unter dem Befehl eines praefectus vigilum. Sie war dezentral in mehreren excubitoria („Wachlokalen“) stationiert, wobei die Wachen in dicht bevölkerten Wohnvierteln, die erfahrungsgemäß besonders gefährdet waren, personell stärker besetzt waren als in weniger dicht besiedelten. Wichtigste Aufgabe der Feuerwehrleute war es, „die ganze Nacht über zu wachen und gemeinsam in Stiefeln, mit Feuereimern und Äxten Streife zu laufen“.22 Das zeigt, dass auch nachts das Feuerrisiko hoch war: Zum einen, weil eben doch viele zumindest in den frühen Nachtstunden nicht schliefen, sondern Nachtleben in unterschiedlicher Weise ‚praktizierten‘, zum anderen, weil jedenfalls in den kälteren Monaten offene Kohlebecken zum Heizen genutzt wurden, die ebenso wie die ja ausschließlich zur Verfügung stehenden offenen Lichtquellen hochriskante potenzielle Brandherde waren.

Nachtleben im alten Rom

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