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popina – Wirtshäuser, Kneipen und Herbergen Consul Lateranus auf Abwegen

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Wie dekadent ein Großteil der römischen Aristokratie ist, lässt das Beispiel des Consuls Lateranus erkennen – so jedenfalls die Sicht des Satirikers und Moralisten Juvenal, der seine achte Satire dem – tatsächlichen oder vermeintlichen – Niedergang der gesellschaft lichen Elite widmet. Lateranus ist ein besonders unrühmliches Exemplar dieser Spezies, die sich zwar ihrer kriegerischen Ahnen brüstet, selbst aber „die ganze Nacht mit Würfelspiel verbringt“ und die „erst mit dem Aufgang des Morgensterns zu schlafen beginnt – zu der Zeit, da früher die Generäle ihren Truppen den Aufbruch vom Lager befahlen“.1

Statt den Schutz des Reiches an Rhein und Donau zu gewährleisten, statt seinem Kaiser als Leibwache zu dienen, drückt sich Lateranus Tag und Nacht in verrufenen Kaschemmen herum – mal in den „Thermenspelunken“ (thermarum calices), mal in den „geräumigen Schänken“ (magna popina) der Garnisonsstadt Ostia: „Immer wieder zieht es ihn in die nachts stets offenen Kneipen“ (pervigiles popinae).2 In vielen hat er gleichsam Stammkunden-Status. Freudig eilt ihm der syrische Wirt entgegen, der vor seinem Lokal lauert, um Kundschaft anzulocken, begrüßt ihn devot als „Herrn und König“ und geleitet ihn mit herzlichsten Worten des Willkommens in sein Wirtshaus. Dort nimmt ihn Cyanis, die Wirtsfrau, ebenso dienstbeflissen „mit der käuflichen Weinflasche“ in Empfang.3

Der Kneipengänger Lateranus ist, mit traditionellen Oberschicht-Augen gesehen, ein doppeltes Ärgernis. Zum einen, weil ein pflichtbewusstes aristokratisches Dasein sich mit gewohnheitsmäßigem Müßiggang und Trink-Amüsement nicht verträgt. Zum anderen aber – und das wiegt im Zweifel schwerer –, weil das Wirtshaus als locus inhonestus galt, als „unanständiger Ort“.4 Im Schmuddel-Ambiente von popinae und cauponae, tabernae vinariae und deversoria hatten Männer von Stand nichts zu suchen. Der Umgang, den sie dort hatten, war alles andere als standesgemäß: Matrosen und entlaufene Sklaven, Diebe, Henker und Sargschreiner zählt Juvenal als abschreckende Ansammlung mehr oder minder lichtscheuen Gesindels auf.5 Andere Quellen nennen Pferdeknechte und Maultiertreiber als typische Gäste von Wirtshäusern.6 Auch Seneca deutet wenig ‚gesellschaftsfähiges‘ Publikum an, wenn er sagt: „Ebensowenig, wie ich unter Henkern wohnen möchte, möchte ich das in der Nachbarschaft von Kneipen.“ (Manfred Rosenbach übersetzt popinae hier kontextuell wohl zutreffend mit „Nachtlokalen“.)7

Nachtleben im alten Rom

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