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Die schöne Frau Wirtin lädt ein

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Die schriftliche Einladung zur Einkehr war das eine, die etwas massivere durch die körperliche Präsenz des Wirts oder der Wirtin vor der Gasthaustür das andere. Es scheint so etwas wie eine mediterrane Konstante in der Technik zu geben, potenzielle Gäste durch persönliche Ansprache zum Besuch des Lokals zu bewegen, die nur teutonischer Mentalität als aufdringlich erscheint. Jedenfalls war es auch in der römischen Antike üblich, Passanten anzusprechen und per Direktwerbung in die taberna zu lotsen. Diese Normalität glaubte Nero nobilitieren zu können, indem er bei seinen Urlaubsausflügen am Golf von Baiae oder bei Schifffahrten nach Ostia an den Küsten und Ufern in regelmäßigen Abständen Schankbuden aufstellen ließ, „wo vornehme Damen als Wirtinnen Dienst taten und ihn bald hier, bald dort zum Landen aufforderten“ (hortantium).23

Wie dieses hortari konkret vonstatten ging, darüber informiert uns ein selten anschauliches, trotz der poetischen Gestaltung ganz authentisch wirkendes Quellendokument. Die Rede ist von der unter Vergils Namen überlieferten Copa („Die Schankwirtin“). Ein Genrebild von knapp 40 Versen, in dessen Zentrum eine geschäftstüchtige syrische Tavernenbetreiberin steht. Anmutig zu Kastagnettenrhythmen vor ihrem Lokal tanzend, umgarnt sie die Passanten mit der Aussicht auf erquickende Ruhestunden in ihrer caupona. Es ist Mittagszeit, die Sonne scheint unbarmherzig vom Himmel. Wie verlockend ist da die Vorstellung auf frisch vom Schlauch gezapften Landwein, ein schattiges Plätzchen im Inneren der Taverne mit dem Blick auf einen ganz in der Nähe vorbeiplätschernden Bach! Angenehm kühl ist es drinnen, Becher und Blumenkränze warten geradezu sehnsüchtig auf den erschöpften Gast, Flöten- und Lyramusik werden ihn ebenso verwöhnen wie bescheidene, aber wohlschmeckende Speisen: Käse und Brot, Kastanien und Pflaumen, Äpfel, Trauben und Gurken.

Oder steht dir der Sinn nach aktiver Unterhaltung? Kein Problem: Würfel liegen bereit und auch ein williges Mädchen ist da, „von dessen blühenden Lippen du den Kuss nippen kannst“. Und sicherlich auch mehr; denn „es winken dir Ceres, Amor und Bacchus“. Oder willst du dir ein Räuschchen antrinken? Wähle zwischen dem schlichten Mischkrug oder dem Kelch aus edel geschliffenem Kristall! Auch der Schlaf danach ist gesichert: „Dehne deine Glieder im Schatten des Weinlaubs, mit Rosengewinde kränze das trunkene Haupt!“24

Wer könnte dieser Einladung der schönen Syrerin widerstehen, wer könnte ihre abschließende Mahnung, das Leben auf diese Weise zu genießen, bevor „der Tod ihn am Ohr zupft“, ignorieren?!25 Wem ein so ansprechendes Ambiente inmitten von Blumen und Früchten, Schalmeienklang und sinnlichen Genüssen winkt, der lässt sich nur zu gern für ein paar Stunden in dieses gastronomische Elysium entführen.

Und zwar mittags und abends! Auch wenn die Glut des Tages verloschen ist, hält das behagliche Gasthaus seine Annehmlichkeiten bereit. Ceres, Amor und Bacchus sind nicht nur Götter des hellen Tageslichts. Im Gegenteil. Zumindest Amor und Bacchus galten der Antike als das göttliche ‚Traumpaar‘ einer erfüllten Nacht.26 Und selbst Ceres ist eine wichtige Dritte im Bunde: Sine Cerere et Libero friget Venus, weiß Terenz, und die Nachwelt hat es durch die Adelung des Verses zum Sprichwort bestätigt: „Ohne Ceres und Bacchus friert Venus.“27

Nachtleben im alten Rom

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