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Gegenbewegungen vor der Machtübernahme Die Bayerische Volkspartei

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Schon aus weltanschaulichen Gründen ergaben sich bei Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten, Katholiken, Liberalen und Demokraten die vielen Reibungspunkte zur NSDAP. In Bayern, dem ersten Land nationalsozialistischer Agitation, traf dies auch auf die regierende Bayerische Volkspartei zu. Diese im November 1918 im Streit um Zentralismus und Länderhoheit aus dem Zentrum hervorgegangene Partei hatte ein konservativ-föderalistisches Programm auf der Grundlage des katholischen Glaubens. Mit den Sozialdemokraten zusammen bildete sie nach Beendigung der Räterepublik eine Regierung. Die BVP war lange stärkste Partei in Bayern und die stärkste deutsche Regionalpartei; von 1925 bis 1932 gehörte sie auch den Koalitionen an, die jeweils die Reichsregierung trugen. Die Schnittmengen mit der NSDAP waren also eher klein; einig war man sich gewiss in der Ablehnung des linken Spektrums, und beide Parteien waren gegen die Weimarer Verfassung eingestellt, doch die Alternativen, die sich die zur Monarchie und zu mehr Selbständigkeit tendierende BVP und die NSDAP vorstellten, waren höchst unterschiedlich. Dennoch kämpften sie zum Teil um dieselben Wählerstimmen.

Bei der Niederschlagung des Hitlerputsches war besonders die Entschlossenheit zweier bayerischer Minister der BVP von Bedeutung: Innenminister Franz Schweyer, der die Polizei gegen die Putschisten einsetzte, und Kultusminister Franz Matt (1860–1929), der folgenden Aufruf an die Bevölkerung richtete:

Bekanntmachung.

Durch einen Putsch Hitler-Ludendorff wurde die verfassungsmäßige Regierung für abgesetzt erklärt. Die verfassungsmäßige Regierung besteht weiter. Sie fordert die gesamte Beamtenschaft, die Polizei und das bayer[ische] Kontingent der Reichswehr auf, ihrer verfassungsmäßigen Regierung treu zu bleiben und den Revolutionären den Dienst zu verweigern. Wer dem entgegenhandelt, wird als Hochverräter betrachtet. Die Regierung erwartet, daß das bayer[ische] Volk in Stadt und Land dem Preußen Ludendorff und seinem Anhang, der es unternommen hat, unser bayerisches und deutsches Volk in namenloses Unglück zu führen, die Gefolgschaft versagen wird. Weitere Bekanntmachungen werden erfolgen.

Den 9. November 1923.

Für das verfassungsmäßige Gesamtministerium:

Gez. Dr. Matt

Zit. nach: Lydia Schmidt: Franz Matt, S. 77f., Anm. 291

Der Versuch, durch seinen Aufruf gegen den »Preußen Ludendorff« die Stimmung der Bevölkerung gegen die Putschisten zu wenden, funktionierte.4 Schweyer versuchte auch, Hitlers Begnadigung nach seiner kurzen Haft in Landsberg zu verhindern, und verhängte ein Redeverbot gegen Hitler in Bayern, das bis 1927 in Kraft blieb. So kam noch bei der Reichstagswahl im Juli 1932 eine Mehrheit für die demokratischen Parteien in Bayern zustande. Dem Ermächtigungsgesetz stimmten die BVP-Abgeordneten im Reichstag allerdings zu. Zur Verhinderung der Gleichschaltung wurden noch der Austritt Bayerns aus dem Reich bzw. die Wiedereinführung der Monarchie unter Kronprinz Ruprecht erwogen. Die Monarchisten wurden dabei von dem jüdischen Herausgeber der »Münchner Neuesten Nachrichten«, Nikolaus Paul Cossman (1869–1942), unterstützt. Doch kamen ihre Überlegungen zu spät. Bayern wurde als letztes deutsches Reichsland am 8./9. März gleichgeschaltet. Die BVP löste sich unter dem Druck der NSDAP im Juli 1933 selbst auf.

Literatur: Karl Sommer: Beiträge zur Bayerischen und Deutschen Geschichte in der Zeit von 1910 bis 1933. Privatdruck Kreuth 1981; Lydia Schmidt: Kultusminister Franz Matt (1920–1926): Schul-, Kirchen- und Kunstpolitik in Bayern nach dem Umbruch von 1918. [Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte] München 2000; Peter Claus Hartmann: Bayerns Weg in die Gegenwart. Vom Stammesherzogtum zum Freistaat heute. Regensburg 22004

Widerstand gegen den Nationalsozialismus

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