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Kapitel 10

Das Debüt

16. November 2003

Das Estádio do Dragão ist wunderschön. Das Blau des Innenraums bildet einen Kontrast zum Grün des Rasens, und die offene Architektur erlaubt einen Blick auf das hell erleuchtete Porto. Die weiße Dachkonstruktion umrahmt den Innenraum und ermöglicht einen guten Blick auf das Spielfeld. Der von Manuel Salgado entworfene Bau mit 52.000 Sitzplätzen entstand als Nachfolger des Estádio das Antas als Spielstätte für die Europameisterschaft 2004. Hier fand auch das Eröffnungsspiel zwischen Portugal und Griechenland statt. Normalerweise bildet das Stadion die Kulisse für Spiele des FC Porto – ein schöner Ort für ein Debüt in der Profimannschaft, hell erleuchtet vom Flutlicht. Doch der 16. November 2003 ist nicht nur der Tag von Leos Debüt, sondern auch der Einweihung des Stadions. Viele Zuschauer haben sich eingefunden und sind voller Neugier, den neuen Fußballtempel der Stadt zu sehen, seinen Zauber am eigenen Leib zu spüren. Am Himmel bewundern sie die goldenen Knalleffekte des halbstündigen Feuerwerks. Ob es wohl Glück bringen wird, dass das Stadion in den Vereinsfarben des FC Porto, Blau und Weiß, gehalten ist?

Das Spiel selbst ist zunächst eher unwichtig. Ein bisschen Fußball, gelegentlich mal ein paar Emotionen – eine langweilige Begegnung. Ganz nach Drehbuch und zur Freude der Heimmannschaft endet es mit einem 2:0 für Porto. Lionel kommt in der 74. Minute zu seinem ersten Einsatz. Er ist der dritte Spieler, der eingewechselt wird, um bei der portugiesischen Fiesta mitzumischen. Der FC Barcelona musste auf die Jugend zurückgreifen, um die Lücken in der Aufstellung zu füllen. Die Nationalspieler sind von ihren jeweiligen Heimatländern zu EM-Qualifikations- oder Freundschaftsspielen berufen worden. Also nimmt man vielversprechende Jugendspieler mit auf die Reise nach Portugal: Jorquera, Oscar López, Oleguer, Márquez, Fernando Navarro, Xavi, Ros, Santamaría, Gabri, Luis García, Luis Enrique, Expósito, Thiago, Jordi, Oriol Riera und eben Messi. Noch tags zuvor hatte er für die Cadet A dreimal gegen den EC Granollers getroffen.

Leo kommt für Navarro ins Spiel und trägt die Nummer 14. Er kann es kaum erwarten, zu zeigen, was er kann. So fällt er selbst in den nur 15 Minuten, die er auf dem Platz steht, durch die Vorbereitung zweier Torchancen auf. Nach dem Schlusspfiff meint Frank Rijkaard, er sei „ein Junge mit großem Talent und einer vielversprechenden Zukunft“.

Leo ist 16 Jahre, vier Monate und 23 Tage alt. In der Vereinsgeschichte finden sich nur zwei Spieler, die noch jünger waren, als sie das erste Mal das Trikot des Vereins trugen: Paulino Alcántara debütierte am 25. Februar 1912 mit 15 Jahren, vier Monaten und 18 Tagen gegen Català, und in einem Saisonvorbereitungsspiel in Holland gegen AGOVV Apeldoorn brachte Louis van Gaal 1998 den Nigerianer Haruna Babangida für wenige Minuten zum Einsatz – mit 15 Jahren, neun Monaten und 18 Tagen. Für den Jungen, der zweieinhalb Jahre zuvor aus Argentinien gekommen war, handelt es sich also zweifellos um ein gutes Zeichen. Doch jene zauberhafte Nacht von Porto sollte vorerst eine Ausnahme bleiben. Messi wird sich bis zur Asien-Tournee durch Südkorea, Japan und China im Juli 2004 gedulden müssen, bis er sich wieder das Leibchen der Profimannschaft überstreifen darf.

In der Zwischenzeit hat es beim Futbol Club Barcelona eine Reihe von Veränderungen gegeben. Am 15. Juni 2003 wurde Joan Laporta zum neuen Vereinspräsidenten gewählt. Frank Rijkaard ist nun Trainer der Profimannschaft, und am 21. Juli präsentierte man Ronaldinho vor 30.000 Menschen im Camp Nou als den neue Messias.

Nach dem annus horribilis der Saison 2002/03 (Viertelfinal-Aus gegen Juventus Turin in der Champions League, Niederlage gegen den damaligen Drittligisten FC Novelda in der Copa del Rey, sechster Platz in der Liga mit 22 Punkten Rückstand auf Meister Real Madrid, dazu mit Louis van Gaal und Radomir Antić zwei Trainer sowie mit Joan Gaspart und Interimspräsident Enric Reyna zwei Präsidenten) hoffen die Vereinsmitglieder nun darauf, dass sich die Lage bessern wird und man gegenüber dem Rivalen Real Madrid wieder Boden gutmachen kann. Ein Richtungswechsel muss her. Und der Wechsel kommt: nicht nur in der Profimannschaft, sondern auch in der Jugendabteilung. Joaquím Rifé wird als deren Leiter entlassen, und an seine Stelle tritt Josep Colomer. Er ernennt im Laufe seiner Amtszeit Ángel Guillermo Hoyos zum Trainer der Juvenil B mit ihrem 87er Jahrgang. Hoyos ist Argentinier und war einst Flügelspieler bei Talleres Córdoba, Gimnasia y Esgrima la Plata, den Boca Juniors, den Chacarita Juniors Buenos Aires, dem chilenischen Klub Everton de Viña del Mar, dem venezolanischen Verein Deportivo Táchira und in Spanien bei Real Madrid Castilla, der zweiten Mannschaft Real Madrids. Hoyos und Messi verstehen sich auf Anhieb. Sie unterhalten sich über Fußball und natürlich über Leos Leidenschaft für Newell’s. Einen ersten Eindruck von seinen fußballerischen Qualitäten gewinnt der Trainer Anfang August 2003 auf japanischem Boden. Dort nimmt die Juvenil B an der Toyota International Youth Under 17 Football Championship teil, einem international besetzten Jugendturnier. „Als wir ankamen, machten wir zur Auflockerung ein leichtes Training“, erzählt Hoyos. „Nichts besonders Hartes, und nichts, was tief blicken ließ. Aber nach fünf Minuten traute ich meinen Augen kaum. Natürlich hatte man mir von ihm erzählt. Trotzdem war ich überrascht, mit welcher Leidenschaft Leo dabei war.“

Während des ersten Spiels gegen Feyenoord Rotterdam in Aichi sollte sich dieser erste Eindruck bestätigen. 15 Minuten nach dem Anstoß liegt Barcelona bereits mit einem Tor hinten. Leo fordert den Ball, tanzt vier Verteidiger und den Torhüter aus und legt Songo’o den Ball zum Einschuss vor. Hoyes kann es kaum fassen: Zum einen überrascht ihn die Großzügigkeit des Jungen, dem der Egoismus vieler anderer in seinem Alter (und darüber hinaus) fremd ist, zum anderen staunt er über dessen Klasse.

Am Ende wird man Leo zum Spieler des Turniers wählen. Diese Auszeichnung soll er noch viele Male erhalten, so beim 23. Jaume-Serra-Gedächtnisturnier in Sitges, nahe Barcelona, beim dritten Salvador-Rivas-Miró-Gedächtnisturnier in Sant Vicenç de Montalt, ebenfalls in der Nähe von Barcelona, sowie beim Torneo dell‘Amicizia, das Ende August in San Giorgio della Richinvelda in der italienischen Provinz Pordenone ausgespielt wird. Dort besiegt Barcelonas Juvenil B den AC Parma, eine Auswahl der gastgebenden Region Friaul-Julisch Venetien, Hansa Rostock, Eintracht Frankfurt und den FBC Treviso und schlägt im Finale Juventus Turin mit 4:0. Insgesamt schießt die Truppe 35 Tore. Trotzdem kann sich Leo einen verschossenen Strafstoß nicht verzeihen. Zunächst versucht Hoyes ihn mit den Worten zu trösten, dass der Torwart irgendwann seinen Kindern und Enkelkindern erzählen könne, dass er einmal einen Strafstoß des größten Spielers der Welt gehalten habe. Dann lässt er ihn täglich Strafstöße üben und erklärt ihm, dass er im Lauf einer Saison fünf- oder sechsmal vom Elfmeterpunkt antreten müsse und es jedes Mal um alles gehen könne, etwa bei einem Meisterschaftsspiel oder einem wichtigen Turnier. Diese Worte werden Leo wieder in den Kopf kommen, als Argentinien dank zweier von ihm verwandelter Strafstöße die U20-WM gewinnt.

Nichtsdestotrotz wird die erfolgreiche Partnerschaft von Hoyos und Messi – mit nur einer einzigen Niederlage gegen Real Madrid beim José-Luis-Ruiz-Casado-Sant-Gedächtnisturnier – nicht lange währen. Nach der Saisonvorbereitung ist Schluss. Denn der Vereinsvorstand hat nun keinen Zweifel mehr, dass Leo in dieser Liga unterfordert ist. Man beschließt, ihn gemeinsam mit Gerard Piqué in die Juvenil A, die Mannschaft der 17- bis 19-Jährigen, zu befördern.

Hier beginnt der kometenhafte Aufstieg des Youngsters. Im Laufe von nur einer Saison marschiert er von der B- in die A-Mannschaft. Weiter geht es zu Barça C in der Tercera División, der vierten spanischen Liga, und von dort in den Kader des ersten Reserveteams, FC Barcelona Atlètic, in der Segunda División B, Spaniens dritter Liga. Hinzu kommen sein schon geschilderter Kurzauftritt bei den Profis und die gelegentliche Rückkehr in die Juvenil, um bei seinen ehemaligen Mannschaftskameraden auszuhelfen. An dieser Stelle ist es nun an der Zeit, einen detaillierten Bericht der Highlights in allen drei Mannschaften zu geben.

Juvenil A: Messi stößt am dritten Ligaspieltag zur Mannschaft und bleibt bis Weihnachten, auch wenn er zwischendurch für einige Wochen den FC Barcelona C verstärkt. Ende Mai kehrt er in die Juvenil A zurück, um in der Copa del Rey mitzumischen. Insgesamt läuft er in elf Meisterschaftsspielen auf und erzielt dabei 18 Tore, von denen eines schlicht unglaublich ist: Die Juvenil A spielt im Finale des Turniers von Nerja gegen Real Betis Sevilla. Messi befindet sich etwa auf Höhe der Mittellinie und sieht, dass der Torwart von Betis zu weit vor dem eigenen Kasten steht. Ein harter Schuss, der Ball beschreibt einen perfekten Bogen, Tor und Sieg.

FC Barcelona C: Ende November 2003 läuft es alles andere als gut für die Mannschaft. Aus 14 Partien hat sie gerade einmal neun Punkte geholt. Also holt man Verstärkung: Messi und Alfi aus der Juvenil A. Am 29. November gewinnen sie gegen den CE Europa. Beide Jungen spielen hervorragend. Doch der schönste Augenblick kommt noch. Am 4. Januar 2004 spielt man in Santa Coloma gegen UD Atlètica Gramenet. Barça liegt mit 1:2 zurück. In der 87. Minute aber kommt Leos großer Auftritt. Ein Kopfball und ein Schuss mit links – zack, zack –, und der Floh erzielt in null Komma nichts nicht nur den Ausgleich, sondern auch den Siegtreffer für seine Mannschaft. Seine fünf Tore in zehn Spielen tragen maßgeblich zum Klassenerhalt bei. Leo aber wird in höhere Sphären wandern. Er ist zu gut für die Tercera División. Es scheint sinnvoller, ihn in einer höheren Liga zu testen, auch wenn er erst 17 Jahre alt ist.

FC Barcelona Atlètic: Am 16. März debütiert Messi in einem Heimspiel gegen den CE Mataró. Trainer Pere Gratacós bestätigt, dass er ein besonderes Training absolvierte, weil er auf ältere, größere, stärkere und erfahrenere Spieler treffen würde. Dennoch verblüfft es den Coach, wie leicht es dem Jungen fällt, zwischen den verschiedenen Mannschaften, Mannschaftskollegen, Trainern und Spielsystemen hin und her zu wechseln und dabei alles zu geben. Leo bestreitet fünf Spiele, doch nur das erste endet mit einem Sieg. Allerdings, so Gratacós, musste Leo sich zunächst akklimatisieren und konnte erst später zeigen, was er drauf hatte. Messi gewöhnt sich an die Liga und ist im Spiel gegen den FC Girona bester Mann auf dem Platz. Dennoch geht es zunächst einmal kurz zurück zu Juvenil B. „Andere hätten herumgemosert, nicht aber Leo“, sagt Juan Carlos Pérez Rojo, sein Jugendtrainer. „Als die Juvenil B ihn brauchte, sagte er sofort zu.“

Es sind die letzten drei Spiele der Meisterschaft 2003/04. Drei Mannschaften kämpfen noch um den Titel: Espanyol, Barça und CE Premià de Mar. Am 15. April findet das entscheidende Aufeinandertreffen mit Espanyol statt. Wenn Espanyol das Spiel nach Hause fährt, sind sie nur noch einen Schritt vom Titel entfernt. Im Gegensatz dazu kann Barça sich keine Niederlage leisten, wenn sie sich bis zum letzten Spieltag alle Optionen offenhalten wollen. Also zaubert Leo ein brillantes Spiel aus dem Hut. Als der Gegner 1:2 hinten liegt und in seinen verzweifelten Versuchen, den Ausgleich zu erzielen, immer gefährlicher wird – da gibt Messi seine ganz eigene Antwort und schießt ein Tor, das die Partie unter Dach und Fach bringt.

Zwei Wochen darauf feiert die Mannschaft den Titel. Seine 36 Pflichtspiel- und 50 Freundschaftsspieltore haben einen enormen Wert und sind nicht zuletzt ausschlaggebend für seinen ersten Profivertrag. Angesichts der vielen Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vereinsvorstand und Jorge Messi, der sich persönlich um die Angelegenheit kümmert, verlaufen die Verhandlungen nicht gerade reibungslos. Schließlich aber einigt man sich. Barças Bosse wissen genau, dass Leo woanders nur zu willkommen ist, sollte er die Stadt verlassen. In den Turbulenzen nach dem Rücktritt Joan Gasparts haben sie bereits Cesc Fàbregas an Arsenal London verloren. Eine Wiederholung dieser Geschichte wollen sie dann doch lieber vermeiden.

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