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Kapitel 5

Ein echter Gardel

Gespräch mit Adrián Coria, ehemaliger Jugendtrainer Newell’s Old Boys

Der Fernseher läuft. Auf dem Tisch summt ein Computer. Adrián Coria, ein ehemaliger Spieler und Jugendtrainer von Newell’s, hat gerade Urlaub, arbeitet aber trotzdem von zu Hause. Es bereitet ihm immer ein Vergnügen, sich an einen seiner ehemaligen Spieler zu erinnern.

Fangen wir mit dem ersten Eindruck an, als Sie ihn spielen sahen.

„Zur damaligen Zeit wurde viel über Leandro Depetris geredet, einen kleinen blonden Jungen, der mit elf Jahren zum AC Mailand wechselte. Alle sagten die tollsten Dinge über ihn, aber ich sah das nicht so. Ich habe immer wieder zu einem meiner Freunde gesagt: ‚Leo wird zehnmal besser als Depetris. Wenn er groß ist, wird er besser als Maradona sein – und ich bin gewiss kein kleiner Fan von Diego.‘“

Wie konnten Sie sich so sicher sein, einem zwölfjährigen Jungen eine so große Zukunft vorherzusagen?

„Wenn man ihn sah, dachte man erst: Dieses Kind kann niemals Fußball spielen. Er ist ein Zwerg, er ist zu zerbrechlich und zu klein. Aber man erkannte dann sofort, dass er von einem besonderen Schlag war, phänomenal, und dass er es zu etwas Beeindruckendem schaffen würde. Warum? Weil er explosiv war und eine Kontrolle besaß, die ich nie zuvor auf einem Fußballplatz gesehen hatte. Er ist ein Formel-1-Auto, ein Ferrari. Er konnte den nächsten Zug vorausahnen und sich richtig bewegen – in Eins-zu-eins-Situationen machte er Hackfleisch aus einem. Er beherrschte den Ball, der war immer unten und immer wie festgeklebt an seinem Fuß. Er ließ die ganzen großen Jungen hinter sich, die immer noch keine gute Kontrolle über ihre Bewegungen und Koordination hatten. Er war 1,20 Meter groß und brachte Verteidiger von 1,80 Meter aus dem Konzept. Er machte einfach einen gewaltigen Unterschied. Und er hatte einen starken Charakter – er war leistungsorientiert und wollte gewinnen. Ich habe nie gesehen, dass er bei irgendeinem Spielstand aufgegeben hätte. Er wollte alle Spiele gewinnen.“

Auf welcher Position spielte er?

„Hinter den Spitzen. Ich trat mit einem 4-3-1-2-System an. Bei mir hatte Lionel entweder alle Freiheiten oder spielte in der Lücke hinter den Spitzen. Es war beeindruckend, mit anzusehen, wie er seine Gegner in den Spielen auseinandernahm. Die anderen wollten ihn neutralisieren. Die wussten, was er konnte, und versuchten, ihn aufzuhalten. Von allen Seiten wurde auf ihn eingetreten. Aber von ihm … nichts. Er hat sich nie beklagt. Ganz im Gegenteil: Die Fouls scheinen ihn noch weiter angespornt zu haben. Je mehr sie auf ihn losgingen, desto besser konnte er ihnen Paroli bieten. Er holte sich den Ball und war in wenigen Augenblicken schon vor dem Tor. Er hat Spiele im Alleingang gewonnen, so eindeutig, dass man mir immer wieder sagte: ‚Du lenkst diese Mannschaft doch gar nicht mehr, wenn Leo auf dem Platz steht.‘“

Gibt es ein besonders erwähnenswertes Tor oder Spiel?

„Er schoss Tore aller Art. Spiele? Mit ihm haben wir alles gewonnen. Er war ein echter Gardel.“*

Hörte er auf den Rat des Trainers?

„Ja, er zeigte Respekt. Er hörte zu. Er sagte nie: ‚Ich werde spielen‘ und auch nie: ‚Ich bin der Beste.‘ Seine Mannschaftskameraden liebten ihn über alles. Es gab nur eines … er mochte kein Ausdauertraining. Er liebte den Ball. Deshalb musste ich ihn auch einmal vom Training ausschließen. Ich bin bestimmt kein Unmensch oder der Feldwebel persönlich, aber ich habe es immer ganz gerne, wenn die Leute die Dinge ernst nehmen. Wir drehten gerade eine Laufrunde, und er daddelte weiter mit dem Ball herum. Ich rief ihn einmal, zweimal, aber er schien das gar nicht zu merken … Schließlich sagte ich zu ihm: ‚Gib mir den Ball, zieh dich um und geh nach Hause.‘ Zehn Minuten später beobachtete ich, wie er mit der Tasche auf der Schulter am Drahtzaun klebte und auf den Platz guckte. Ich fühlte mich gar nicht gut dabei, und es machte mich direkt traurig, ihn so zu sehen. ‚Du bist gegangen, ohne Auf Wiedersehen zu sagen‘, rief ich ihm zu. Also kam er herüber, um sich zu verabschieden. Ich schickte ihn in die Kabine, damit er sich wieder zum Training gesellte. Er war ein schüchterner Junge mit einem starken Charakter. Allerdings war das das einzige Mal, dass ich ihm etwas sagen musste.“

Was haben Sie gedacht, als er nach Spanien ging?

„Dass Newell’s eine große Chance bei ihm verpasste, dass sie sich finanziell nicht genug bemüht hatten, weil sie für einen 13-jährigen Jungen kein Geld ausgeben wollten. Ich glaube, die haben gar nicht bemerkt, was für einen Schatz sie da direkt vor ihrer Nase hatten.“

Und was denken Sie heute über ihn?

„Es sieht so aus, als wäre er in Europa wahnsinnig gewachsen – in fuß-ballerischer Hinsicht. Aber er hat sein volles Potenzial immer noch nicht ausgeschöpft.“

Ruhm, Prominentenstatus, Geld … kann so etwas vom Fußball ablenken?

„Ich glaube, dass ihm der Ruhm bei der Entwicklung geholfen hat, weil er einiges im Hirn hat. Und er hat sich nicht verändert. Er ist nach wie vor der gleiche, bescheidene Junge. Ich habe ihn kürzlich mal getroffen. Unser Training war gerade zu Ende, und die hatten gerade angefangen. Er sah mich und ließ das Aufwärmen Aufwärmen sein. Er kam zu mir, um Hallo zu sagen, und gab mir sein Trikot. Meine Spieler konnten das kaum glauben und fragten mich, ob sie ihn mal treffen könnten oder ob ich ihn um noch ein Trikot bitten könnte.

Das ist nur so ein Beispiel. Ich hatte ihn vorher eine ganze Weile nicht mehr gesehen … aber er schien mir noch das gleiche Kind zu sein, das ich in Bella Vista trainiert hatte.“

*Mit anderen Worten: Eine Legende. Carlos Gardel (1887 o. 1890 bis 1935) war einer der berühmtesten Tango-Sänger aller Zeiten und ist in ganz Lateinamerika berühmt.

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