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Kapitel Sechs

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Die Schmerztablette begann zu wirken. Max‘ Kopf schaltete auf Normalzustand. Der verpasste Anruf fiel ihm wieder ein. Er nahm sein Handy und überprüfte die Nummer. Sie gehörte der Redaktion einer renommierten Food-Zeitschrift. Als er zurückrief, meldete sich ein Redakteur, an dessen Namen er sich dunkel erinnerte. Irgendwann und irgendwo hatte er ihn auf einer der vielen Messen getroffen, die er beruflich besuchen musste.

Max war kein Freund solcher Anlässe. Aber seit er sich als freier Journalist durchs Leben zu schlagen versuchte, kam er nicht darum herum, sein berufliches Netzwerk etwas intensiver zu pflegen. Früher, als Redakteur einer angesehenen Zeitung, hatten sich ihm Türen und Menschen fast von selbst geöffnet, wenn er sich als Zeitungsmensch zu erkennen gab und den Gegenpart mit der Aussicht auf ein Interview oder auch nur einer namentlichen Erwähnung im Blatt locken konnte. Immer wieder erstaunte es ihn, wie mediengeil die meisten Leute waren.

Nachdem sie das einleitende Pingpong an Floskeln erledigt hatten, kam der Redakteur zum Grund seines Anrufs.

„Wir planen, in einigen Monaten eine Serie von Beiträgen zum Thema ‚Toskanisches Olivenöl’ zu publizieren. Vielleicht machen wir sogar eine Sondernummer dazu. Wären Sie interessiert, dazu einige längere Texte beizutragen? Oder vielleicht gar die Verantwortung für die ganze Serie zu übernehmen?“

Der Redakteur hatte offenbar in Max’ Internetprofil gestöbert und gesehen, dass er ein Italienkenner war und zudem gut Italienisch sprach.

„Unsere Redaktion meint, Sie wären der ideale Partner für dieses Projekt“, fuhr er fort. „Vorausgesetzt, Sie könnten in den nächsten paar Wochen ausreichend Zeit dafür einsetzen.“

Max war längst hellwach. Wenn der Kerl wüsste, wie viel Zeit er in den nächsten Wochen verfügbar hatte! Das war genau der Auftrag, den er jetzt brauchte. Der Saldo seines Bankkontos näherte sich nicht zum ersten Mal dem Grenzwert, den seine Bank als rote Linie definiert hatte. Die Steuerbehörden hatten ihm eine letzte Mahnung für die noch offenen Forderungen zugestellt. Die Tonalität des Schreibens verhieß nichts Gutes für den Fall, dass er die Ausstände nicht kurzfristig bereinigen konnte. Und in seinem „Homeoffice“, das aus einem kleinen Arbeitstischchen im Schlafzimmer bestand, wurde der Stapel aus Rechnungen und Mahnungen immer höher. Doch abgesehen von einigen kleinen Textaufträgen war sein Auftragsbuch leer. Er brauchte dringend einen neuen Auftrag, wobei das Thema ihm weitgehend egal war. Wenn es nur gut bezahlt und mit einem stattlichen Vorschuss garniert war. Also weshalb nicht Olivenöl?

Am liebsten hätte er dem Redakteur sogleich ein begeistertes „Super! Mach‘ ich!“ ins Handy gebrüllt. Stolz und Berufsehre verlangten jedoch, seine verzweifelte Lage nicht allzu deutlich zu zeigen. So besprachen sie miteinander kurz die wesentlichen Eckwerte bezüglich Inhalt, Textlänge, Ablieferungsdaten und natürlich Honorar und Spesen. Das Angebot, das sein Gesprächspartner ihm machte, war fair. Max war klar, dass der Kollege auf der anderen Seite der Leitung seine prekäre Lage erahnte und von seiner Zusage ausging. Doch sie kannten beide die Spielregeln.

„Ich verstehe natürlich, wenn Sie etwas Bedenkzeit brauchen“, meinte der Redakteur entgegenkommend. „Ich bestätige Ihnen das Angebot per Mail. Es reicht, wenn Sie mir Ihre Antwort bis morgen mailen.“

Max bedankte sich und hoffte, dass man seiner Stimme die Erleichterung nicht allzu deutlich anhören konnte.

„Natürlich bin ich interessiert. Aber ich muss erst einige terminliche Abklärungen treffen. Ich denke, bis morgen weiß ich mehr.“

„Wie gesagt, das ist kein Problem. Melden Sie sich einfach morgen oder übermorgen bei mir. Dann erledigen wir den administrativen Kleinkram für den Auftrag!“

Max legte das Handy auf den Tisch. Die Welt sah wieder deutlich freundlicher aus. Und die hämmernde Werkstatt in seinem Kopf hatte ihre Aktivitäten weiter heruntergefahren.

„Na also!“, sagte er zu Whisky, der mit treuherzigem Blick und schwanzwedelnd zu ihm aufsah und auf eine Belohnung für was auch immer zu warten schien.

„Auf geht’s, nach Italien!“

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