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FAMILIE KAUFMANN

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Manchmal darf ich auch zu Kaufmanns gehen. Sie wohnen neben uns. Bei ihnen im Stall steht ein Schaf, das guckt ziemlich blöde. In der Stube gibt es eine Klappe, die führt zu einem dunklen, unterirdischen Raum. Ich habe selbst gesehen, wie Frau Kaufmann den Wohnzimmertisch und den Teppich zur Seite räumt und die Luke nach unten öffnet. Meine Schwestern würden mir sicher wieder irgendein Ammenmärchen bezüglich dieses Loches erzählen. Doch Frau Kaufmann kommt mit eingewecktem Obst an die Oberfläche zurück. Also kann das da unten nur ihr Keller sein.

Herr Kaufmann hat nur wenige Haare auf dem Kopf und trägt Brillengläser so dick wie Aschenbecher. Der Arbeitskollege von Herrn Kaufmann geht jeden Tag an unserem Haus vorbei. Meistens ist Frau Kaufmann zu der Zeit ebenfalls im Vorgarten. Sie begrüßt den Bekannten überschwänglich und sieht dabei sehr glücklich aus.

Heute gehe ich ganz stolz mit zwei Schokoladenlollis zu Kaufmanns rüber. Den einen möchte ich Gabi schenken, sie ist Kaufmanns Tochter und etwas älter als ich. Den anderen will ich selber essen, denn ich liebe Schokoladenlollis.

Die andere Tochter von Kaufmanns ist so alt wie meine Geschwister und deshalb nicht so interessant für mich. Eleonora und Marlene spielen oft mit Karin. Anne und Karin sind nicht so gern zusammen. „Die beiden können sich wahrscheinlich nicht riechen, weil ihre Charaktere sich so sehr ähneln“, meinen Eleonora und Marlene.

Beim Spielen kommt Karin auf die Idee, Eleonora und Marlene den Pony zu schneiden. Sie schnippelt an Marlenes Haaren herum, und je mehr sie schneidet, umso schiefer wird die ganze Sache. „Mann, das muss doch gehen“, denkt Karin sich. Verzweifelt schneidet sie ein letztes Mal. Jetzt ist es nicht nur schief und krumm, sondern auch noch viel zu kurz. Na, Prost Mahlzeit! Das hält sie aber nicht davon ab, den Pony meiner anderen Schwester auch noch zu verschandeln. Zum Glück kommt Karin nicht auf die Idee, den beiden gleich die ganzen Locken abzuschneiden. Da würde Anne aber auf die Barrikaden gehen. Trotzdem ärgert sich meine Schwester sehr darüber und der Streit zwischen Anne und Karin ist schon wieder vorprogrammiert.

In der Veranda treffe ich auf Herrn Kaufmann. Er steht vor mir wie eine Wand und schaut mich mit seinen großen Augen an, die durch die Brille noch viel größer wirken. Weder die Worte, die er zu mir spricht, noch seinen Gesichtsausdruck kann ich deuten, deshalb starre ich ihn ebenfalls nur an. Ich komme mir vor, wie das dumm glotzende Schaf im Stall. Eigentlich will ich ja gar nicht unhöflich sein, aber wenn er so schlecht spricht, kann ich ihn nicht verstehen und ihm demzufolge auch nicht antworten. Nur so dastehen, ohne etwas zu sagen, finde ich auch blöde, und deshalb renne ich einfach an ihm vorbei in die Wohnstube. Dort treffe ich auf Frau Kaufmann, die immer sehr freundlich zu mir ist. Meistens kann sie sich vor Freude nicht mehr halten, zum Beispiel, wenn ich pünktlich zum Mittagsschlaf behaupte: „Ich muss jetzt nach Hause; schlafen. Du weißt schon, wegen meiner Nerven.“

Die Ratte kommt

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