Читать книгу 30 tolle Western November 2021 - Pete Hackett - Страница 17

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Bei Einbruch der Dunkelheit errichteten wir ein Lager.

Der Mond stand voll und rund am sternklaren Himmel.

Unsere Longhorns waren ruhig und friedlich. Und wir alle hofften, dass das die Nacht über bis zum Morgengrauen so bleiben würde.

Einige Lagerfeuer waren angezündet worden.

Die meisten der Männer redeten nicht viel. Sie hatten einen harten Tag hinter sich und morgen würde es in aller Frühe weitergehen.

Da hörte ich Ray Dickson, einen jungen Kerl, der zum ersten Mal bei einer Treibmannschaft dabei war, mit Carrington streiten.

Carrington hatte mit drei Blechtassen und einem Knopf eine Art Hütchenspiel aufgezogen. Der Einsatz war ein Dollar, zahlbar bei Auszahlung des Treiblohns.

Ray Dickson verlor zum dritten Mal hintereinander.

Da platzte ihm der Kragen.

"Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen!", meinte Dickson und sprang auf. "Es scheint, dass es stimmt, was über dich gesagt wird!"

"So, was wird denn gesagt?", fragte Carrington mit schneidendem Unterton.

"Dass du ein Betrüger bist! Und diesmal habe ich es genau gesehen!"

"Der Dollar gehört mir. Und wenn du einen Funken Ehre im Leib hast, zahlst du ihn mir, wenn wir unser Geld bekommen, Junge!"

"Einem Betrüger werde ich keinen Cent geben!"

Carrington erhob sich.

Seine Hand befand sich am Colt.

"Ich lasse mich von niemandem einen Betrüger nennen", sagte Carrington. "Wir können das hier und jetzt austragen, wenn du kein Feigling bist!"

"Es heißt, du sollst ein richtiger Revolverheld sein!", erwiderte Dickson. "Ein Killer!"

Carrington kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.

"Zieh, wenn du den entsprechenden Mumm hat -—oder halt's Maul!", fauchte er.

Ray Dickson schluckte. Vielleicht hatte er den Mund etwas zu voll genommen und bereute es schon. Aber jetzt konnte er nicht mehr zurück, oder er stand als Waschlappen da. Carrington kostete das genüsslich aus.

Dicksons Hand wanderte inzwischen ebenfalls zur Hüfte. Der Junge war nervös. Sein Gesicht wurde dunkelrot. "Man sagt, du hast ein paar Leute beim Kartenspiel erschossen", meinte er. Vielleicht um Zeit zu gewinnen.

"Wenn es so war, dann waren es Falschspieler."

"Komisch, ich habe die Story genau anders herum gehört!"

Ich erhob mich und nahm die Kaffeetasse in die Linke.

"Ich hab's dir prophezeit", hörte ich Allan sagen, der offenbar ebenfalls mitbekommen hatte, was sich zwischen Ray Dickson und Wesley Carrington für eine explosive Stimmung zusammenbraute.

"Ich sehe mal zu, dass ich die Lunte austrete", raunte ich.

"Wenn du Hilfe brauchst - sag Bescheid! Ich erteile diesem Carrington gerne eine Lektion!"

Ich schüttelte den Kopf.

"Danke, nicht nötig. Das schaffe ich schon."

Einen Augenblick später näherte ich mich dem Feuer, an dem die beiden Streithähne sich gegenüber standen.

Carrington verzog das Gesicht zu einer höhnischen Grimasse.

"Na los, Junge! Was ist? Hast du die Hosen voll?"

"Du wirst schon sehen, was du davon hast!", erwiderte Ray Dickson schwach.

"Ich krieg ja richtig Angst vor dir!", lachte Carrington. "Hör zu, ich lass dich zuerst ziehen..."

Ray war jung und unerfahren. Wenn er ein paar Jahre älter gewesen wäre, hätte er gewusst, dass man einen Mann wie Carrington besser nicht reizte.

Wenn man Rinder züchtet, dann hat man es manchmal mit verwilderten Bullen zu tun, die als Einzelgänger herumziehen.

In der Regel sind diese Tiere von Grund auf bösartig.

Man muss sie töten.

Es bleibt einem nichts anderes übrig, denn sie sind in keiner Herde tragbar. Wesley Carrington hatte etwas von so einem Einzelgänger... Im Gegensatz zu Allan hatte das leider nicht früh genug erkannt.

Carrington funkelte den jungen Ray an.

"Du bekommst deine Ladung Blei direkt zwischen die Augen, das garantiere ich dir!"

Ray schluckte.

Schweißperlen standen ihm auf der Stirn.

Die Handfläche berührte den Revolvergriff.

Die anderen waren wie erstarrt. Keiner hatte mit so einer Wendung gerechnet. Ich auch nicht.

Dann ging Rays Hand zum Coltgriff.

"Wenn Sie sich mit jemandem schießen wollen, dann mit einem Schützen, der Ihnen gleichwertig ist", mischte ich mich ein.

Er wandte den Kopf.

Seine Miene war düster.

"Na los, Carrington! Mal sehen, ob du jetzt immer noch so ein Maulheld bist!", setzte Ray Dickson dummerweise noch einen drauf.

Er war ein Kindskopf. Ein verdammter, unreifer Kindskopf und ich verfluchte ihn innerlich.

"Du lässt deinen Colt stecken, Ray!", sagte ich in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.

"Aber..."

"Das ist ein Befehl, Ray. Ich schmeiß dich aus der Treibmannschaft, wenn du ihn nicht befolgst!"

Es fehlte mir noch, dass Ray zum Colt griff und sich damit todsicher das eigene Grab schaufelte. Jemand wie er hatte gegen einen Gunslinger von Carringtons Format nicht den Hauch einer Chance. Es kam dabei gar nicht in erster Linie auf die Schnelligkeit, sondern auf die Treffsicherheit an. Wenn ein geübter Revolvermann einen x-beliebigen Kerl dazu aufforderte, gegen ihn zu ziehen, lief das in meinen Augen auf Mord hinaus. Gleichgültig wer zuerst gezogen hatte oder wie die Justiz das beurteilte.

In Carringtons Augen blitzte es.

Er hatte es mal wieder geschafft, jemanden soweit zu provozieren, dass er bereit war, gegen ihn zu ziehen. Carrington konnte getrost abwarten, bis der Junge seinen Colt aus dem Holster gezogen hatte.

Dann war immer noch Zeit genug für einen Schützen seines Schlages, die Waffe zu ziehen, den Hahn zu spannen und den Gegner in aller Ruhe abzuknallen.

"Schluss jetzt!", fuhr ich dazwischen.

Carrington wandte provozierend den Kopf zu mir herum.

Vielleicht hoffte er, dass der dumme Ray die vermeintliche Gelegenheit nutzen und zur Waffe greifen würde.

"Der junge Hitzkopf will es so!", meinte er lakonisch.

Ich trat von der Seite etwas näher an Carrington heran. Bis auf wenige Schritt.

Carrington wandte wieder den Blick in Dicksons Richtung und musterte ihn mit einem Blick, der deutliche Geringschätzung ausdrückte.

Ich griff blitzartig und offenbar völlig unerwartet an die Hüfte und richtete Sekundenbruchteile später den Revolver auf Carrington.

Ein Ruck ging durch seinen Körper.

Er wollte ziehen, erkannte aber dann noch rechtzeitig, dass es jetzt zu spät war.

"Schön stecken lassen!", befahl ich.

"Was soll das, Burns?", fauchte er mich an, ohne die Hand vom Revolvergriff zu nehmen. "Warum mischen Sie sich ein? Dieser Bastard hat mich einen Betrüger genannt!"

"Schätze, das werden Sie verwinden müssen, Carrington!"

"Ich habe jedes Recht, mich mit ihm zu schießen!"

"Aber nicht hier. Nicht, solange Sie beide Teil meiner Treibmannschaft sind!"

"Pah!"

Ich musste nach wie vor aufpassen.

"Abschnallen!"

Es war ein kurzer, knapper Befehl, den ich ihm da gab.

Nicht mehr und auch nicht weniger.

Es war eigentlich nicht misszuverstehen, aber zunächst reagierte Carrington nicht.

"Ich..."

"Ich sage es nicht ein zweites Mal, Carrington!"

Er knirschte die Zähne aufeinander. Ray wirkte jetzt etwas erleichtert und auch die Züge der anderen Männer entspannten sich.

Sie hatten alle gewusst, was Carrington für ein Revolverschütze war und deshalb hatte keiner von ihnen gewagt einzuschreiten.

Mit einem Gesicht aus dem der nackte Hass sprach, schnallte er schließlich seinen Revolvergurt ab und warf ihn zu Boden.

"Zufrieden?", zischte er. Er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.

Ich gab Allan ein Zeichen mit der Hand.

"Nimm seine Winchester aus dem Sattel!", rief ich ihm zu.

"Bin schon unterwegs!", gab Allen zurück.

Carrington war außer sich. Diese Entwaffnung traf ihn ins Mark.

"Hey, was soll das? Die Sachen sind mein Eigentum! Ich habe 'ne Menge dafür gezahlt, verdammt noch mal!"

"Sie bekommen die Waffen ja auch zurück, Carrington! Sobald wir in Laredo sind und die Herde übergeben wurde! Natürlich gibt es noch die Möglichkeit, dass Sie Ihre Sachen packen und allein weiter reiten. Aber mitten im Gebiet der Kiowas ist das nicht empfehlenswert. Außerdem bekämen Sie dann keinen Cent vom Treiblohn."

Ich sah seine Nasenflügel beben.

Er funkelte mich böse an.

"So etwas vergesse ich nicht, Burns!"

Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte kaum eine andere Wahl, als so zu handeln, wenn ich den Frieden in der Mannschaft erhalten wollte.

Später, als wir wieder am Lagerfeuer saßen, raunte Allan mir zu:

"Du warst viel zu großzügig, Jim."

"So? Carrington hat das nicht so empfunden."

"Ich kenne andere, die ihn gleich in die Wildnis gejagt hätten!"

"Die hatten vielleicht ach mehr Männer zur Verfügung."

"Mag sein."

"Außerdem -—willst du riskieren, dass er uns folgt und belauert?" Ich schüttelte den Kopf. "Du musst zugeben, dass es besser ist, wenn er unbewaffnet ist und wir ihn im Auge behalten können."

"Auch wieder wahr."


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