Читать книгу Saisonvorbereitung mit Seitensprung - Uwe Berlin - Страница 12

David

Оглавление

Einige Zeit später besah er sich im Badezimmerspiegel. `Scheiße blass seh ich aus.´ Allerdings kam er selbst im Sommer nicht über eine leichte Wangenröte hinaus und da verbrachte er vier bis sechs Stunden täglich auf dem Platz. Das konnte auch am Cap liegen. Ohne Cap ging er nicht aus dem Haus. Jetzt stand er ohne da und wünschte es sich herbei. `Scheiß grell hier.´ Ansonsten fühlte er sich besser. Er spürte sogar Verlangen nach Toast oder Pizza. „Nicht zu fettig“, stöhnte David. Die Welle rollte wieder heran und es gab keine Dämme mehr, die ihn davor schützten. Etwas später hörte er hinter dem Klang seines eigenen Röchelns Nikis matte Stimme: „Kann ich was für dich tun?“ Es klang irgendwie gelangweilt. `Hacke dicht, die Kleine´, stellte David fest und übergab sich weiter. Er musste sich etwas einfallen lassen, wie er sie wieder beeindrucken konnte. Doch erst einmal hatte er mit sich selbst zu tun. „Musst du heute eigentlich nicht arbeiten?“, fragte er später, als er sich wieder in ihr Schlafzimmer traute. Aus Müdigkeitsgründen lehnte er sich gegen den Türrahmen, aber irgendwie sah es auch cool aus. Er hätte sich jetzt gerne eine Zigarette gedreht. Es hätte auch zum Flohmarkttrash gepasst, der hier überall herumstand und zu den Marihuana Rauchschwaden, die durch die Wohnung zogen. Außerdem brauchte David etwas, um den Geschmack in seinem Mund loszuwerden. „Nein ich muss nicht arbeiten“, antwortete Niki. Anscheinend vollführte sie auf der Matratze eine Art Yoga. Immer noch barbusig lag sie auf dem Rücken und hielt ihre Beine grade in die Luft. `Früher hätte man das wohl Kerze genannt´, dachte David. „Machst du dirs selbst?“, witzelte er. Er atmete tief ein. `Jetzt nicht an schnelle Bewegungen und nicht an Pizza denken.´ „Ich hab keine Arbeit mehr“, sagte sie und stieß ihre Beine höher in die Luft. Der Platz am Türrahmen wurde ungemütlich. Die Schulter schmerzte, aber er wollte die Stellung noch nicht aufgeben, um ihren Redefluss nicht zu bremsen. Niki fuhr fort: „Sie haben mich raugeschmissen. Jo der Sack hat mich rausgeschmissen.“ Das klang nicht gut. David fand schon jetzt, dass dieser Freitagmorgen ziemlich beschissen anlief. `Genaugenommen hat es gestern mit dem Scheißinder begonnen.´ Aber warum ging er auch mit Niki zu einem Inder in einer Seitenstraße? David fiel es nicht schwer, sich die Antwort selbst zu geben: `Ziemlich cooler Inder. Alles was Niki macht, ist ziemlich cool.´ Wenigstens war das bisher so gewesen. Einer aus ihrer Klicke hatte sie und die anderen zum Inder geführt. `Ihre Klicke ist vom Feinsten.´ Aber zu der Klicke gehört auch Jo. Jo, der Oberfrisör von allen Frisörstylern aus HL. Jo, der Sack, der Niki gefeuert hatte. Sie hatten zusammen beim Inder gesessen, danach waren Jo und die Anderen noch mit ins Flex gekommen. `Wann bitte soll er sie gestern gefeuert haben? Im Flex?´ Sein Magen grummelte laut auf. Wie ein Hund im Halbschlaf, der sich kaum aufgerichtet einmal um sich selbst dreht und sofort weiterschläft. `Wecke ihn bloß nicht! Warum wusste ich eigentlich nicht schon gestern, dass Jo ein Sack und Niki arbeitslos ist?´ Er hatte ihr doch sicher nicht gestern Nacht auf Band gequatscht oder so. Nun musste sich David doch setzen. Zur breiten Niki aufs Bett wollte er nicht. An der Wand stand ein kleines Tischchen, für Ketten und Ringe und so. Davor stand ein lederner Puff. Wohl aus Indien. Er ließ sich vorsichtig darauf fallen. Mit einem Ruck ließ Niki ihre Beine aufs Futon knallen. „Weißt du, warum der Arsch mich gefeuert hat?“ Nein, das wusste er nicht. „Ich kiffe zu viel!“, sie lachte schrill auf, „ich soll mein Leben in den Griff bekommen und mit dem Kiffen aufhören. Der Affe!“ So weit war es also schon. `Da hätte ich auch darauf kommen können´, dachte David. Niki regte sich weiter auf. Er hörte kaum noch zu. Vor ihm saß ein keifendes Geschöpf mit sehr schmalen Augen und trockenem Mund. Ein fester weißer Spucketropfen hing ihr im Mundwinkel und tanzte dort auf und ab wie eine Straßenlaterne im Hurrikan. Wo war die erfolgreiche Niki, die ihr Leben straight nach vorne führte? Niki meckerte immer noch. „Ist selber den ganzen Tag nur am Kiffen und beschwert sich darüber, dass ich seine hyperhyper Scheißkunden bekifft die Scheiß Mähne style. Dabei schneide ich bekifft so geil.“ `Tja´, dachte David, `manche hassen bei anderen ihre eigenen Schwächen am meisten.´ Zum ersten Mal hatte er Niki gegenüber das Gefühl, zehn Jahre älter und reifer zu sein. Er musste raus hier. „Geil, geil, geil!“, schrie Niki gegen die Decke. „So geil! Aber kein Schwanz fickt mich! Was ist nur los in diesem Scheißpuff?“ „Jetzt wird es unangenehm“, murmelte David. Er kämpfte weiterhin gegen die Unruhe in seinem Magen an. Nur keine Schwäche zeigen! Vorsichtig begann er den Raum zu scannen. Seine Klamotten lagen am Fußende von Nikis Matratze. Autoschlüssel und Portemonnaie befanden sich hoffentlich in seiner Hosentasche. Wenn nicht, waren sie sicherlich in der Jacke. Die Jacke hing über einem Stuhl am Esstisch. `Wo ist das Cap?´ Niki streckte sich auf ihrer Matratze und stöhnte unwillig. Auch sie schien mit der Gesamtsituation unzufrieden. Meistens lag sein Cap in der Nähe der Jacke, wenn er es kurz nach dem Eintreten ablegte. Da war er ganz die alte Schule. David ging vorsichtig auf den Küchenstuhl zu. Tatsächlich: Das Cap lag halb verdeckt durch die Jacke auf der Sitzfläche. Schläger und Reisetasche waren noch im Kombi. Er war gestern gar nicht dazu gekommen, sie rauszuholen. „Und warum nicht? Weil ich Niki mindestens dreimal Mal gefickt habe. Also keinen Grund zur Unzufriedenheit junge Dame.“ Erneut spürte er den leichten Stich eines schlechten Gewissens. `Bin ich einfach zu alt, um eine 20-Jähirge zu befriedigen? Und warum schleiche ich hier herum, als wenn ich etwas verbrochen hätte?´ Irgendwie hatte seine Angst etwas mit Nikis Tätowierungen zu tun. Sie hatten ihn von Anfang an eingeschüchtert… und gleichzeitig enorm erregt, wenn er sie beim Sex berührte. `Wenn mir nicht so schlecht wär, würde ich ja noch mal. Allein schon, damit sie nichts in Lübeck rumerzählt.´ Aber wem sollte sie schon etwas erzählen? Gemeinsame Bekannte hatten sich nach ihren zwei Wochen nicht wirklich eingestellt. Am besten war er eigentlich mit Jo klargekommen, dem Sack. Vielleicht, weil der schon in den 30ern war und nicht wie die anderen noch Teenager. Er würde sich einen neuen Frisör suchen müssen. „Suchst du was?“ Niki hatte sich aufgerichtet. David griff nach seiner Jacke und dem Cap. Er befühlte die Taschen von außen nach dem Schlüssel und dem Portemonnaie. Beides schien drin zu sein. So stand er da: In Unterhose und mit Jacke in der Hand. `Sieht wohl recht dämlich aus´, gestand er sich selbst ein. Die Position am Türrahmen war stilechter gewesen. Er schlenderte betont lässig zum Matratzenende. „Ich werd mal los.“ Den Zusatz: „Ich habe noch was vor“, verkniff er sich. Er brauchte sich für nichts zu entschuldigen. Plötzlich fiel ihm ein, dass er noch immer nicht wusste, wie spät es war. Aber es konnte doch unmöglich schon nach 15 Uhr sein. Andererseits: Warum nicht? „Du willst dich jetzt verpissen?“ Ihm gefiel der gereizte Ton in Nikis Stimme nicht. Das war schon mehr als nur ein Unterton. „Ich hab noch was vor. Ich fahr mit der Mannschaft weg und es wird Zeit, dass ich loskomme“, erklärte er schnell. David schmiss seine Jacke auf das Fußende der Matratze, setzte das Cap auf und begann in seine Hose zu steigen. Niki krabbelte ihm entgegen. Schneller als er reagieren konnte, hatte sie seine Beine erreicht. „Bist du sauer?“, fragte sie mit weinerlicher Stimme und sah mit großen Augen an seinen Beinen hinauf. „Nein“, antwortete er gedehnt. Was sollte er dazu schon sagen? „Ist nicht schlimm, wenn du keinen mehr hochkriegst“, sagte sie und streichelte über die Beule seiner Unterhose. Sein Schwanz und sein Magen zuckten gleichzeitig. „Mir ist nur unglaublich schlecht“, entschuldigte sich David und versuchte vorsichtig Niki von seinen Beinen zu lösen, „sonst wäre noch alles drin, wie du merkst.“ Niki ließ zwar zu, dass er die Jeans hochzog, aber seine Beine ließ sie nicht los. „Ja, du bist ein guter Ficker. Tschuldige, wenn ich eben so rumgeheult hab. Was meinst du…“, ihre Hand krallte sich in seinen Po, und er befürchtete schon, sie würde wieder in ihn eindringen, „kann ich dich morgen oder übermorgen mal in Laboe besuchen? Du fährst doch nach Laboe?! Ich muss mal raus hier.“ Wieder der Augenaufschlag des kleinen Mädchens. David verschlug es die Sprache. `Dass sie sich gemerkt hat, wo ich hinfahre.´ Er musste etwas sagen: „Ist, glaube ich, nicht so eine gute Idee. Reine Männerrunde. Wir spielen Tennis. Saisonvorbereitung. Ich komm auf dem Rückweg bei dir vorbei.“ Wie immer, wenn er etwas sagen musste, sagte er zu viel. `Nur eine Notlüge´, beruhigte er sich selbst, `ich muss ganz dringend diese Wohnung verlassen.´ „Komm schon“, sie ließ ihn los, aber das Flehen blieb, „mir fehlt nur etwas Geld für Benzin im Augenblick. Aber dann komm ich vorbei bei euch und seh dir beim Tennis zu. Wir können am Strand spazieren gehen…vielleicht finden wir ja auch noch einen Platz…für heute Morgen schuldest du mir noch einen Fick, oder?“ `Was hießt, nicht viel Geld für Benzin?´, fragte sich David. War Niki pleite? So wie er? David nickte. „Ruf mich an. Dann sehen wir weiter.“ Er war jetzt vollständig angezogen und startbereit. Seine Zunge schmeckte immer noch pelzig und die Zähne hatte er seit gestern Morgen nicht mehr geputzt. `Da müssen die Jungs wohl mal durch.´ Er würde das Badezimmer in dieser Wohnung jedenfalls nicht mehr betreten. Niki stand vom Bett auf. Eine Schlange schlängelte sich seitwärts an ihrer rechten Brust vorbei. Die Brüste waren klein und fest. „Komm gib mir ein´ Fuffi, dann tank ich voll und komm zu euch.“ Einen Fuffi? Den hätte er selbst gern. `Wen auch immer du volltanken willst´, dachte David. Er kam sich vor wie in einem Match: Die Situation verlangte seine volle Konzentration. Eine kurze Unaufmerksamkeit und… ja, was sollte passieren? Im Match ging der Ball dann zwei Zentimeter neben die Seitenlinie. Aber hier? `Sie könnte mich hauen.´ Er befürchtete mehr die Peinlichkeit der Aktion als die Wucht ihrer Schläge. `Aber vielleicht haut sie auch ganz ordentlich. Hat sie nicht Tae Bo oder so was gemacht?´ Oder sie konnte wieder jammern und zetern. Seine starke Niki. „Vielleicht wollt ihr ja auch mit der Mannschaft ein bisschen Spaß haben“, versuchte sie es weiter. David nickte. Da war sie wieder: Crazy girlfriend Niki. Er hatte eindeutig auf das falsche Pferd gesetzt. Ganz abgesehen davon hatte er selbst gerade mal 100€ von seinem Vater. Er sagte es Niki. „Du kriegst es wieder. Nächste Woche habe ich wieder einen Job“, bettelte sie weiter. Hätte er sich noch für sie interessiert, hätte er sich wahrscheinlich danach erkundigt welchen Job sie in Aussicht hatte. Stattdessen sagte er: „Niki, ich muss jetzt wirklich los und die 100€ brauche ich.“ „50 und ich schulde dir was.“ Sie warf ihren Kopf nach hinten und nahm ihre Brüste in die Hand. „Überleg es dir gut, vielleicht willst du ja mal wieder.“ `Nutte´, David sprach das Wort nur in Gedanken aus. `Eine Nutte, die mir den Weg zur Tür versperrt.´ Ohne sie beiseite zu schubsen, konnte er die Wohnung nicht verlassen. Er kramte sein Portemonnaie aus der Jackentasche und zog einen der 50er seines Vaters heraus. „Hier, bitte.“ „Nicht danke“, sagte sie mit einem frivolen Grinsen, „ich zahle es dir in Laboe zurück.“ Einem Instinkt folgend öffnete David sein Portemonnaie ganz. Ein Kassenbon, zwei drei unwichtige Karten. Aber kein Geld mehr. Er nickte vor sich hin. `Natürlich, irgendjemand musste die Zeche gestern ja bezahlen.´ Ein wenig wunderte es ihn, dass sie ihm den zweiten Fuffi erst heute Morgen abgeknöpft hatte. `Vermutlich war sie gestern zu breit, um daran zu denken.“ Niki trat demonstrativ einen Schritt zur Seite. Er war entlassen. `Für eine Nutte eigentlich billig. 15 Euro pro Fick mit Essen und Getränken“, dachte David. Sie würde niemals nach Laboe kommen. Hoffte er.

Saisonvorbereitung mit Seitensprung

Подняться наверх