Читать книгу Gott der Philosophen - Wilhelm Weischedel - Страница 95

§ 27. Die Gottesbeweise bei Thomas von Aquino 1. Verwerfung des Gottesbeweises Anselms

Оглавление

Eine Etappe von einschneidender Bedeutung in der Geschichte der Gottesbeweise stellen die Erörterungen des Thomas von Aquino zu diesem Punkte dar.1 Ihre abschließende Darstellung findet sich in der Summa theologiae, und zwar in der 2. Quaestio des I. Teiles, die zum Thema hat, „ob Gott ist“ (I 2 prooem.). Hinzu kommen verwandte Argumentationen, vor allem in der „Summa contra gentiles“, aber auch in anderen Schriften.

Im ersten Artikel der genannten Quaestio wendet sich Thomas ausdrücklich, wenn auch nicht unter Nennung des Namens, gegen den im Paragraphen 23 dargestellten Gottesbeweis Anselms, und zwar unter der leitenden Frage: „Ob, was Gott ist, von sich her bekannt ist“ (I 2 prooem.). Er stellt diesen Beweis in knappster Form folgendermaßen dar: „Wenn man eingesehen hat, was dieser Name Gott bedeutet, weiß man sofort, daß Gott ist. Denn mit diesem Namen wird dasjenige bezeichnet, über das hinaus Größeres nicht gedacht2 werden kann; größer aber ist, was in der Wirklichkeit und im Verstande ist, als was nur im Verstande ist; da somit, wenn man diesen Namen Gott eingesehen hat, er sofort im Verstande ist, folgt auch, daß er in Wirklichkeit ist. Also ist es von sich selbst her bekannt, daß Gott ist“ (I 2, 1 obj. 2).

Thomas erhebt gegen dieses Argument einen doppelten Einwand. Im ersten betont er, „daß vielleicht der, der diesen Namen Gott hört, nicht einsieht, es werde damit etwas bezeichnet, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, da einige geglaubt haben, Gott sei ein Körper“. Schwerer wiegt der zweite Einwand. „Auch wenn zugegeben wird, daß jeder einsieht, mit diesem Namen Gott werde das bezeichnet …, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, so folgt doch daraus nicht, daß er einsieht, das, was durch den Namen bezeichnet wird, sei in der Natur der Dinge, sondern (nur, es sei) in der Auffassung des Verstandes. Auch kann nicht behauptet werden, daß es in Wirklichkeit ist, wenn nicht (von vornherein) zugegeben wird, daß in Wirklichkeit etwas ist, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann; das aber wird von denen nicht zugegeben, die annehmen, Gott sei nicht“ (I 2, 1 ad 2). Das heißt zusammengefaßt: Die Voraussetzung Anselms, daß alle den Namen Gott in dem angegebenen Sinne verstehen, trifft nicht zu. Aber selbst wenn sie richtig wäre, wäre damit über die Existenz Gottes nichts ausgemacht, da zwischen dem Sein im Verstande, auch wenn darin die Wirklichkeit mitgemeint ist, und dem wirklichen Sein streng geschieden werden muß. Diesen Einwand wird später Kant in verschärfter Form aufnehmen.

Gott der Philosophen

Подняться наверх