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Der magische Garten

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Patrick und ich stiegen aus.

Harry sagte zu, uns später zu folgen. Der sonst so routinierte Pilot fühlte einen Moment der totalen Erschöpfung. Der kleine dickliche Mann mit dem runden Kindergesicht und der Igelfrisur musste sich von den durchstandenen Flugstrapazen erst einmal gründlich erholen. Das tat er seinem Naturell nach am besten mit einem Bier und einem zwischen zwei Sandwichs eingeklemmten Steak. Harry, so kannten wir ihn inzwischen, hatte einen gut ausgeprägten Appetit.

Patrick und ich gingen auf das Gebäude zu.

Nirgends Menschen. Nirgends Fahrzeuge oder Maschinen.

Doch die Luft war von einem seltsamen Vibrieren erfüllt. Offenbar kam es von den Sendemasten. Wir traten näher an einen heran, tatsächlich wurde das Vibrieren stärker. Es hatte einen metallischen dröhnenden Klang. Als ich den Arm danach ausstreckte, bemerkte ich, dass auf meiner Haut ein Funkensprühen begann. Es wurde so stark, dass ich die Hand schließlich erschreckt zurückzog.

Die Glaskuppeln und Glaspyramiden spiegelten im Licht. Doch sie sonderten zugleich eigene Farben ab. Vielleicht auch Klänge. Die ganze Atmosphäre um sie schien von einem goldenen Flimmern durchzogen. Ein anderes wie magisches Licht. Und geheimnisvolle, manchmal sehr helle, manchmal tiefe und dunkle Klangwellen tränkten die gesamte Atmosphäre. Sie waren wie Windböen, die manchmal mit Macht heranströmten und dann wieder verebbten. Kamen sie gleichfalls von den Sendemasten? Sie waren nicht klar zu lokalisieren.

Noch immer nirgends ein Mensch.

Wir suchten einen Eingang zum großen Gebäude. Es hatte stattliche Ausmaße und gleich auf der uns zugewandten Front schien es eine ganze Reihe von Eingängen zu geben, alle mit hohen funkelnden Torbögen. Doch beim Näherkommen zeigte sich: Es waren nur in die Wand eingearbeitete kunstvolle Gebäudeverzierungen.

So verhielt es sich auch mit der linken Seitenfront. Wieder trafen wir nur auf diese kunstvoll gestalteten Torimitationen.

Das Gebäude weiter umwandernd sahen wir uns beide nun vor dem Garten mit seiner Vielzahl in geometrischen Mustern angelegten Gartenwegen.

Er schlug uns sofort in Bann. Die Mehrzahl der Bäume und Sträucher trugen Blüten, manche von der Größe eines ausgespannten Schirms. Viele von ihnen hatten eine ungewöhnliche Strahlkraft. Und jetzt bemerkten wir, wieder nähertretend, dass es in einigen Blüten Früchte gab. Sie waren direkt darin eingebettet und verstrahlten, hatte man sie erst einmal entdeckt, ein eigenes schimmerndes Licht.

Plötzlich löste eine der Blüten sich von den Büschen ab, und wir erkannten, dass es ein Schmetterling war – ein Tier mit einer Flügelspanne von fast bedrohlichen Ausmaßen. Doch unserem ersten Erschrecken folgte bald ein Entzücken. Ein zweiter, ein dritter Schmetterling löste sich von den Blüten ab, die Flügel funkelten im Licht, alle gemustert mit eindruckvollen, fast geometrischen Farblinien, wie eine Bemalung. Jetzt schwebten, schaukelten sie umeinander: ein Schauspiel der Verzauberung.

Eine weitere Überraschung folgte: Auf der anderen Seite lag ein Löwenpärchen. Als sie uns wahrnahmen, hoben die beiden majestätisch die Köpfe. Auch diese Tiere hatten gigantische Ausmaße. Wieder wurde unser erstes Erschrecken rasch gemildert. Diese Tiere fraßen offenbar Früchte. So majestätisch und machtvoll sie dalagen – jeder aggressive Zug schien ihnen fremd.

Die größere Überraschung wartete noch: Aus einem Baumwipfel löste sich jetzt eine Gruppe von kleinen Äffchen. Sie waren grün. Sie ließen sich auf den Boden gleiten und sprangen neugierig ein Stück heran – um dann doch respektvoll stehen zu bleiben, mit hochgereckten Köpfen. Die Bewegungen hatten etwas so Geschmeidiges, so Possierliches, dass es nur wieder ein helles Entzücken in uns auslöste.

Wir knieten uns auf den Boden, mit vorsichtig lockenden Gesten. Die Gruppe der Äffchen streckte die Köpfe zusammen, wie beratend, sie stießen kurze grunzende Laute aus, es war tatsächlich wie ein Gespräch. Immer wieder Blicke zu uns werfend blieben sie doch unschlüssig.

Hatten diese kleinen Äffchen eine eigene Intelligenz?

Plötzlich bemerkten wir vor der Gartenfront des Gebäudes eine Gestalt. Sie schien uns schon länger zu beobachten. Jetzt kam sie näher, offenbar ein Mann.

Die Kleidung erinnerte im ersten Moment an eine etwas altertümliche Ordenstracht: ein langes weißes Untergewand mit einem Metallgürtel und Borten an beiden Ärmeln so wie um den Kragen, Borten, die dicht mit kleinen funkelnden Steinen besetzt waren, auch der Saum war mit einer solchen Borte verziert, um die Schultern lag eine blaue Weste, die wie ein Kettenhemd etwas Metallisches hatte doch offenbar aus einem weichen biegsamen Material bestand.

Jetzt befand er sich in der Entfernung von etwa zehn Schritten vor uns. Ein hochgewachsener Mann, eine imponierende Erscheinung. Und im erneuten Anblick seiner Kleidung verstärkte sich der Eindruck einer kostbaren Ausstattung.

Das Gesicht war faltenlos und noch immer schien es wie ohne Mimik. Doch in diesen Zügen lag nichts Finsteres. So klar und majestätisch sie waren, es gab darin eine wie eingewachsene natürliche Freundlichkeit.

Er nickte jetzt und winkte. Und dieses Nicken und Winken waren wie ein kurzes selbstverständliches Lächeln.

Er bewegte sich auf einen der Torbögen zu. Wir folgten. Es schien eine der üblichen aufwendigen Wanddekorationen zu sein. Doch als der Mann sich ihr näherte, konnte er sie problemlos durchschreiten. Und auch uns war es jetzt möglich. Der Eingang hatte in diesem Moment keinen Widerstand. Wir befanden uns im Gebäude.

Inselstation Sankospia

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