Читать книгу Inselstation Sankospia - Winfried Paarmann - Страница 6

Die lebenden Vermissten und Toten

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Ein langer Gang öffnete sich vor uns, Tür reihte sich an Tür.

Waren es wieder nur Türimitationen? Schließlich wagte ich mich an eine der Türen. Wie die anderen war sie ohne Klinke und sie erwies sich als undurchdringlich.

Durch das Dach fiel helles Licht.

Die Wände des Gangs glänzten metallen. Es waren Formen hineingearbeitet, kunstvolle Verzierungen, doch das sonderbar Symbolhafte mancher Formen hatte auch etwas Mathematisches und schien über einen nur ästhetischen Zweck hinauszugehen.

Noch immer schritt der Mann uns voran.

Wir betraten, durch eine sich selbständig öffnende Tür, einen Saal.

Ein überwältigender Anblick. Die Wände waren mit einem Material ausgestattet, das an grünen Turmalin erinnerte, in einer großen Fülle immer neuer Farbnuancen. Aus dem gleichen Material bestanden die über den Raum hin verstreuten Tische. Beim Nähertreten wurde ein kunstvoller Schliff erkennbar, wieder gab es symbolhafte Gravuren.

Zwei Gruppen von Personen befanden sich in diesem Saal, beide um einen der Tische versammelt. Um den etwas näheren Tisch standen drei Männer und zwei Frauen. Vor ihnen befand sich ein großer durchsichtiger von innen erleuchteter Globus – der aber offensichtlich nicht mit den bekannten Erdteilen und Meeren markiert war.

Er zeigte Muster, die ihn auch innen durchzogen und von denen manche an verstreute Inseln erinnerten. Mehr und mehr stellte sich der Eindruck einer Sternenkarte ein – vielleicht die Karte einer Galaxie.

Die Personen um den Tisch waren ähnlich wie der Mann gekleidet. Das Untergewand der Frauen allerdings war von einem sanften Orange. Und die Westen, doch auch die Borten zeigten erhebliche Unterschiede. Jede der Westen hatte im Rücken, manchmal auch auf der Brust eine ganz eigene Musterung. Und die Borten leuchteten in sehr abweichenden Farben, manche wanden sich in langen Verschlingungen um das ganze Untergewand herum.

Eine sanfte Heiterkeit lag über der Gruppe, in der man sich offensichtlich beriet.

Der Mann machte jetzt ein Zeichen zu warten und trat selbst an den Tisch.

Kurz darauf wandte eine der Frauen sich um. Ihr Blick glitt direkt zu mir, dann zu Patrick, beide erstarrten wir in derselben Sekunde – in Irritation wie zugleich in Freude. Meine Lippen flüsterten, halb im Selbstgespräch: „Tamara! Tamara!“

Sekunden später stieß uns ein weiteres Ereignis in die völlige Verwirrung. Eine Gestalt an dem anderen Tisch drehte sich um, ein noch jüngerer Mann. Auch er richtete seinen Blick sofort auf mich, dann auf Patrick, jedes Mal mit dem gleichen ruhigen Lächeln. Wir erkannten ihn zweifelsfrei – wie uns dieser Moment des Wiedersehens doch fassungslos machte.

Ich hörte mich wieder flüstern: „Anthony… Anthony.

Doch es ist unmöglich.

Anthony wurde erschossen.“

Der noch jüngere Mann lächelte weiter und nickte.

Dann wandte er sich wieder den anderen Personen am Tisch zu. Offensichtlich war er in diesem Moment in seiner Gruppe nicht abkömmlich.

Wir hatten Mühe, uns zu fassen. Was wir hier erlebten, ging weit über unser Begreifen hinaus – wie doch das gesamte Szenario dieses Inselareals unser Begreifen überstieg.

Ich will an dieser Stelle von dem Moment berichten, als ich Anthony das letzte Mal sah.

Es war auch der Zeitpunkt, als mir Tamara die Karte übergab.

Inselstation Sankospia

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