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Als Dr. Nicola Sperling nach einer Woche heimkam, herrschte vorbildliche Ordnung in ihrem Haus. Ihr Stiefbruder griente.

„Da staunst du, was? Damit hast du nicht gerechnet. Rosy und ich haben dein Häuschen auf Hochglanz poliert, damit du uns in guter Erinnerung behältst. Wir werden dich nämlich verlassen, haben endlich was Passendes gefunden.“

Nicola konnte es fast nicht glauben. „Wo?“, fragte sie erfreut.

„In Schwabing“, antwortete Bruno Pfaff. „Eine Wohnung. Gemütlich möbliert. Kannst uns ja mal besuchen, wenn du möchtest.“ Er sah die Kinderärztin ernst an. „Das mit dem Baby tut uns übrigens sehr leid, Schwesterherz …“

Sie biss sich auf die Lippen.

„Ehrlich“, sagte Bruno. „Wir hätten dich auch gern mal in der Seeberg-Klinik besucht, wenn wir sicher gewesen wären, dass wir willkommen sind, aber wir wussten nicht, ob du dich über unser Erscheinen gefreut hättest.“

Ich glaube, ich hätte mich nicht gefreut, dachte Nicola, obwohl sie tief in ihrem Inneren den Wunsch verspürte, das Kriegsbeil zu begraben.

„Hier“, sagte Bruno. Er schnippte mit den Fingern und zeigte auf einen neuen Videorecorder. „Ich habe versprochen, dass du einen anderen kriegst. Er ist angeschlossen und eingestellt …“ Nur bezahlt ist er nicht, dachte Bruno, aber das muss ich ihr ja nicht unbedingt auf die Nase binden.

Er hatte sich gestern in einigen Wochenendhäusern außerhalb der Stadt „umgesehen“, und der Fischzug hatte sich gelohnt. Eine Briefmarkensammlung, alte Münzen, Schmuck, Bargeld und dieser funkelnagelneue Videorecorder samt Fernbedienung waren an seinen Fingern kleben geblieben.

Und was er sonst noch an Geschäften angeleiert hatte, kam auch zufriedenstellend in die Gänge. Er konnte sich im Augenblick wirklich nicht beklagen, wurde von seinem Glücksstern allerbestens bestrahlt.

Vielleicht war es ein Fehler gewesen, nach Hamburg zu gehen. Vielleicht wäre er hier in München in derselben Zeit viel weiter gekommen. Nun, mit zweiundzwanzig Jahren hatte er ja noch – höchstwahrscheinlich – ein langes Leben vor sich und konnte all die Dinge, die ihm bisher nicht so gut gelungen waren, besser machen.

Tags darauf zog Bruno Pfaff mit seiner Rosy aus. „Darf ich dich hin und wieder anrufen und mich erkundigen, wie es dir geht, Schwesterherz?“, fragte er beim Abschied.

Nicola nickte. Er schien sich tatsächlich geändert zu haben. Möglicherweise hatte sie ihm unrecht getan. Sollte dies der Fall sein, würde sie sich für eine angemessene Entschuldigung nicht zu gut sein. Aber zuerst musste Bruno noch mehr zeigen, dass er nicht mehr der war, den sie früher nicht aus stehen konnte.

Sobald er und Rosy Kupfer das Haus verlassen hatten, kam es Nicola seltsam leer vor, aber sie sehnte die beiden nicht zurück.

Endlich war ihr Haus frei für Torben. Wenn er noch immer den Wunsch hatte, zu ihr zu ziehen, hätte sie es begrüßt. Es gab da nur ein Problem: Sie hatte ihm erzählt, dass sie ihr Haus familiengerecht adaptieren lassen würde, doch es war nichts geschehen. Wie sollte sie ihm das erklären? Eine Stimme in ihr sagte: „Mit der Wahrheit fährt man immer noch am besten.“ Und sie dachte: Ich werde auf die beste Gelegenheit warten und ihm dann entschlossen reinen Wein einschenken.

Sie nahm einige Tage Urlaub. In der Seeberg-Klinik, auf der Kinderstation, war nicht allzu viel zu tun. Nicola wurde gut vertreten.

Zu Hause war sie nie allein. Entweder war Torben bei ihr, oder Dr. Kayser leistete ihr Gesellschaft. Noch war Torben nicht zu ihr gezogen.

Er wollte sie nicht überfordern. Sie hatten noch nicht einmal einen Termin für seine Übersiedlung ins Auge gefasst. Das hatte keine Eile.

Wichtiger war, dass Nicola sich so rasch wie möglich erholte, ihre verantwortungsvolle Tätigkeit in der Seeberg-Klinik wieder aufnehmen und sich damit wieder absolut vollwertig fühlen konnte.

Als wieder einmal Sven Kayser bei ihr war, sagte er: „Da ist ein Ausdruck in deinen Augen, der mir nicht gefällt, Nicola.“

Sie senkte den Blick. „Ich habe sehr Schlimmes hinter mir.“

„Das weiß ich“, sagte der Grünwalder Arzt, „aber mir kommt vor, als hätte dieser Ausdruck damit nichts zu tun.“

„Womit denn sonst?“, fragte sie mit unsicherer Stimme.

Sven Kayser hob die Schultern. „Ich weiß es nicht. Sag du es mir.“

Ein mattes Lächeln huschte über ihr schönes Gesicht. „Ich habe keine Ahnung, was du hören willst.“

Sven Kayser, ein sehr guter Menschenkenner, ging nicht näher darauf ein. „Weißt du, was merkwürdig ist?“, fragte er stattdessen.

„Was?“

„Dass sich in Torbens Augen ein sehr ähnlicher Ausdruck befindet.“

„Ist mir noch nicht aufgefallen.“

„Gibt es etwas, worüber ihr weder mit mir noch miteinander reden wollt?“, erkundigte sich Dr. Kayser.

Nicola schüttelte nur den Kopf, und Sven fühlte instinktiv, dass er ins Schwarze getroffen hatte, aber er drang nicht weiter in die junge Kinderärztin.

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