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Das Zimmer 102 des New Yorker Ortsbüros, in dem ich saß, gehörte zur Ermittlungsabteilung. Rings herum herrschte Betrieb, trotz der Nachtstunde, und meine beiden Freunde waren zusammen mit zwei weiteren FBI-Agenten unterwegs, um Freund Fukas zu holen.

Ich litt indessen keineswegs unter Langeweile. Da war einmal die Liste der Zuginsassen. Die Polizei und ein paar von unseren Agenten unter Larrys Leitung waren schon dabei, jeden einzelnen Passagier und seine Verhältnisse unter die Lupe zu nehmen.

Hatte jemand eine hohe Versicherung abgeschlossen? Ist ein Ausländer darunter? Oder ein Extremist? Vielleicht lag noch ein völlig anderes Motiv vor, warum Dieser oder Jener mit dem Zug in die Tiefe stürzen sollte. Sie alle, und es waren 344, mussten befragt, ihre Aussagen nachgeprüft, ihre Verhältnisse untersucht werden.

Der Streckenwärter Hudson würde morgen früh — vielmehr heute früh, denn Mitternacht war schon vorbei — zu einer ausführlichen Aussage im Polizeihauptquartier von Shamokin auf mich warten.

Von Martin Harper, dem filzbärtigen Sprengstoffexperten, lag schon ein Bericht vor. Das Labor hatte ebenso eine lange Berichterstattung vorgelegt, wie mir Larry erklärte, den ich nochmals anrief. Die beiden medizinischen Sachverständigen hatten die Obduktion des Toten abgeschlossen und ebenfalls ihren Bericht abgefasst.

Larry meldete von hohen Schulden des getöteten Bahningenieurs, die erst vor vier Tagen mit einem Male abgedeckt worden seien.

Lauter Mosaiksteinchen, die noch nicht zusammenpassten.

Und endlich erschien Fukas.

Er sah müde aus, über er lächelte. Ein Mann mit seinen Erfahrungen wusste, wann es sich lohnte, den wilden Stier zu spielen und wann nicht.

Er war unrasiert, was bei seinem dunklen Haar doppelt zur Geltung kam. Ich fand auch, dass er nicht mehr so frisch aussah wie bei unserem letzten Zusammentreffen. Was mich da anblickte, war ein Trinkergesicht. Tränensäcke unter den Augen, und die Lider rot und verquollen. Sein Atem bestätigte es mir.

„Ich stehe Ihnen zur Verfügung, Mr. McAllister“, sagte er betont freundlich und ließ sich auf dem Stuhl gegenüber nieder.

Die Rolle des Weltmannes stand ihm nicht. Er stammte aus einfachsten Kreisen, sah zwar verlebt, aber mit seinen grauen Schläfen immer noch attraktiv aus. Früher war er immer von ein paar netten Mädchen umgeben gewesen, und ich zweifelte nicht, dass es heute kaum anders wäre, träfe man ihn zu Hause an.

„Sie haben umgesattelt, Fukas?“, fragte ich. Er nickte eifrig, zog sein goldenes Zigarettenetui heraus und bot mir eine an. Ich lehnte ab, denn ich kannte seine Art, aus einer angenommenen Zigarette falsche Schlüsse zu ziehen.

„Tja, ich hab’ mal was anderes in Gang gebracht. Es läuft anständig. Autovermietung.“ Er lachte wieder. „Sie wissen das sicher längst.“

„In etwa. Unter anderem haben Sie auch einen seegrünen Pontiac 63?“

Wider Erwarten bejahte er das sofort. „Ist was mit dem Wagen? Er sollte eigentlich gestern Abend zurück sein, ist es aber nicht. Ein Unfall?“ Er winkte sofort selbst ab und meinte lachend: „Unsinn, dann wäre ich nicht bei Ihnen, Inspektor. Sind ja schließlich vom FBI.“

Jetzt wurde er jäh ernst, als begriffe er erst in diesem Augenblick, was das bedeutete. Er beugte sich vor, drückte die kaum angerauchte Zigarette wieder aus und fragte besorgt: „Inspektor, wenn es ein krummes Ding ist — ich habe nichts damit zu tun! Ich weiß nicht, was es sein könnte, aber ich habe den Wagen wirklich nur vermietet.“

Ich winkte einem der Beamten und sagte: „Bitte mitschreiben!“ Nachher wandte ich mich wieder an Fukas. „Und an wen haben Sie vermietet?“

„An Miss Collins ... Miss Betty Collins.“ Er überlegte eine Weile und sagte dann, als erinnere er sich an Einzelheiten: „Sie wollte noch, dass ich das Eigentümerschild am Armaturenbrett entferne, auf dem ja immer die Adresse der Vermietung stellt. Sie sei bei einem wichtigen Manne zu Besuch. Er dürfe nicht ahnen, dass es nicht ihr eigener Wagen sei, hat sie erklärend gesagt. Aber was ist passiert, Inspektor? Ich möchte es jetzt wissen. Schließlich geht es um meinen Wagen, Sie verstehen doch …‟

Ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung. „Die Adresse von dem Mädchen!“

„Hm, ob es ein Mädchen war, weiß ich nicht. Sie war eigentlich aus dem Milchzahnalter heraus. Schätze, so kurz vor den Dreißigern. Betty Collins, und sie wohnt ... hm, da müsste ich wirklich in meinem Fahrtenbuch nachsehen. Ich kann es nicht sagen.“

„Geben Sie dem Kollegen an, wo das Fahrtenbuch liegt, er wird es für Sie holen, Mr. Fukas“, bestimmte ich.

Fukas machte nicht den geringsten Einwand. Das entlastete ihn ziemlich in meinen Augen. Er konnte sonst sehr beredt werden, wenn irgendwo in seinem Laden etwas faul war. Doch hier schien er tatsächlich eine reine Weste zu haben.

Einer der jungen Agenten ließ sich die Schlüssel geben und ging. Indessen erzählte mir Fukas, dass die Collins den Wagen am vergangenen Morgen geliehen hatte und ihn bis zum Abend zurückbringen wollte. Hundert Dollar waren als Vorauszahlung geleistet worden, und als Ausweis hatte sie einen Pass vorgelegt, in dem als Beruf Tänzerin angegeben war, wie sich Fukas entsann.

Dann rief der Kollege von unterwegs an. Er gab die Adresse der Collins durch.

Ich stand auf und entließ Fukas. Er erklärte mir freudestrahlend, dass es ihm eine Ehre sei, wenn ich ihn einmal gelegentlich besuchen würde.

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