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Herr und Frau Kasparek waren weggegangen, Iris und Jasmin waren allein im Haus und hörten Schallplatten. Jasmin Kaspareks CD-Sammlung konnte sich sehen lassen.

Sie hatte zwei Brieffreundinnen – eine in London, die andere in Los Angeles. Von ihnen bekam sie immer die brandheißesten Neuerscheinungen geschickt, lange bevor man sie in München kaufen konnte.

Jasmin lobte die neue Prince-Scheibe in den höchsten Tönen, bevor sie sie in den CD-Player einlegte, doch Iris konnte sie sich nicht anhören.

Sie stand auf, ganz grün war sie im Gesicht. „Mir ist schlecht“, sagte sie und rannte aus dem Zimmer.

Jasmin hörte sie im Bad würgen. Sie stoppte die CD. Als Iris nach fünf Minuten zurückkam, sah sie elend aus. Käsig, eingefallen, matt.

Jasmin sah die Freundin besorgt an. „Was ist mit dir?“

Iris hob die schmalen Schultern. „Ich weiß es nicht.“

„Hast du dich übergeben?“

Iris nickte und fuhr sich mit zitternder Hand über die Stirn. „Ja.“

„Hast du irgend etwas nicht vertragen?“

Iris schüttelte den Kopf. „Das Essen war in Ordnung.“

„Du hast gegessen wie ein Spatz“, stellte Jasmin ernst fest.

„Ich hab’ zur Zeit wenig Appetit“, sag Iris.

„Du bist schon ganz mager. Nur noch Haut und Knochen bist du. Du musst dich zwingen, mehr zu essen.“

„Das hat wenig Sinn“, erwiderte Iris. „Wenn ich mehr esse, kommt bloß mehr hoch.“

„Brichst du nach jeder Mahlzeit?“

„Nicht nach jeder, aber doch sehr häufig“, antwortete Iris ehrlich. „Ich bin müde. Ich möchte mich hinlegen.“

„Klar.“

„Es geht mir gleich wieder besser“, versprach Iris und legte sich aufs Bett.

„Soll ich dich allein lassen?“, fragte Jasmin.

„Nein!“, sagte Iris schnell. „Ich möchte nicht allein sein. Ich bin viel zu oft allein.“

Jasmin nickte langsam. „Möchtest du noch Musik hören?“

„Im Augenblick nicht.“

„Okay.“

Iris schloss die Augen. „Streiten deine Eltern auch so viel wie meine?“

„Nein, meine Eltern streiten so gut wie überhaupt nie.“

„Das gibt es nicht“, sagte Iris ungläubig. „Sie können doch nicht immer einer Meinung sein!“

„Vielleicht regeln sie ihre Differenzen, wenn ich nicht zu Hause bin. Auf jeden Fall hat die Ehe meiner Eltern sehr, sehr viele Sonnentage.“

Iris seufzte traurig. „Sie sind zu beneiden – und du auch. Bei uns zu Hause herrscht ständig Gewitterstimmung. Meine Eltern benehmen sich die meiste Zeit wie Hund und Katze. Wenn ich höre, wie sie sich anschreien, wird mir immer ganz schlecht. Sobald ich alt genug bin, ziehe ich aus. Dann können sie sich anbrüllen, soviel sie wollen – ich werd’ es nicht mehr hören.“

Die Mädchen schwiegen eine Weile.

Dann fragte Jasmin Kasparek: „Geht es dir schon wieder besser?“

„Ja“, antwortete Iris. „Ein bisschen.“

„Mochtest du irgend etwas essen?“, fragte Jasmin..

„Nein“, antwortete Iris müde.

„Trinken?“, fragte Jasmin.

„Auch nicht“, ächzte Iris Winter.

„Ein Stück Schokolade?“, fragte Jasmin Kasparek weiter.

Iris legte den Unterarm über ihre Augen. „Geh mir bitte nicht auf die Nerven, Jasmin.“

„Entschuldige. Ich hab’s nur gut gemeint“, rechtfertigte sich die Freundin.

Arztroman Sammelband: Drei Romane: Ihre Verzweiflung war groß und andere Romane

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