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17.00 Uhr.

Bount saß in seinem Allerheiligsten. June March klopfte an die Tür. „Ja?“, rief Bount. Er blickte von der Zeitung auf, die vor ihm auf dem klobigen Schreibtisch lag. Seine Mitarbeiterin steckte die Nase herein.

„Kaffee gefällig, Chef?“

„Das ist die beste Idee, die seit Jahren von dir kommt“, erwiderte Bount Reiniger schmunzelnd.

June brachte zwei Tassen. Der aromatische Kaffeegeruch erfüllte innerhalb weniger Augenblicke den gesamten Raum. June setzte sich auf den Besucherstuhl. Sie wies auf die offene Zeitung. Vier weitere Exemplare lagen zu Bounts rechter Hand. Es handelte sich um alte Ausgaben, die sich ausführlich mit dem Mord an Booger befassten. Es gab dazu auch etliche Bilder. Auf eines davon stellte Bount die Kaffeetasse.

„Weißt du schon, wie du den Fall anpacken wirst?“, erkundigte sich June und Bount entdeckte ein verstecktes Leuchten in ihren hübschen Augen, das ihm verriet, dass sie draußen an ihrem Schreibtisch ebenfalls über die Sache nachgedacht hatte. Ihr schien eine Idee gekommen zu sein, wie sie sich mal wieder selbst aktiv ins Spiel bringen konnte. Der Kaffee war also nur ein geschickter Vorwand, um sich mit Bount zusammensetzen zu können und es würde wohl nicht allzu lange dauern, bis das temperamentvolle Mädchen mit seiner Idee herausplatzte.

Bount nippte am Kaffee und sagte dann: „Die Reporter tippen auf ein Lockvogelverbrechen. In letzter Zeit haben Pärchen, die sich für besonders clever halten, begonnen, eine alte Masche zu häkeln: Ein hübsches Mädchen angelt sich einen Kavalier, der nach dicker Brieftasche aussieht, bringt ihn auf ein Zimmer, in dem bereits der Zuhälter wartet und dann wird der geprellte Romeo nicht nur das Geld los, das er mit dem Girl vereinbart hat, sondern gleich alles, was er bei sich trägt.“

June spann diesen Faden weiter. „Das klappt so lange, bis sich eines Tages ein Opfer auf die Hinterbeine stellt...“

Bount fuhr fort: „Das könnte Dave Booger gewesen sein. Er wollte sich von seinen Bucks nicht trennen, setzte sich zur Wehr. Vielleicht schaffte er es sogar, dem Zuhälter gefährlich zu werden. Da bekam der Bursche es mit der Angst zu tun und schlug mit dem Totschläger fester zu, als es ursprünglich seine Absicht gewesen war. Boogers Schädeldecke hielt das nicht aus und fertig war der verdammte Mord.“

Bount nippte wieder am Kaffee.

„Wer leitet die polizeilichen Ermittlungen?“, fragte June.

„Captain Rogers“, sagte Bount. „Ich wette, er spuckt mal wieder Gift und Galle, weil er nicht vom Fleck kommt.“

„Woher weißt du, dass er nicht vom Fleck kommt?“

Er hob die Schultern. „Ich nehme es an. Wenn Toby Rogers in der Sache auch nur um einen kleinen Schritt vorwärtsgekommen wäre, hätte er das bestimmt in alle Welt hinausposaunt und die Zeitungen hätten es gebracht. Aber in den heutigen Ausgaben war nicht einmal eine Kurzmeldung über den Mordfall Booger. Folglich tritt Toby auf der Stelle. Verbinde mich mit ihm, nachdem du das Kaffeegeschirr versorgt hast, okay?“

June nickte.

Und dann kam die Idee, die sie schon die ganze Zeit an den Mann bringen wollte. Sie holte tief Luft. Das sah verdammt hübsch aus, denn ihr üppiger Busen sprengte dabei beinahe die Knöpfe von der Bluse.

„Bount“, sagte sie. Ihre Stimme vibrierte leicht. Sie war jetzt erregt.

„Hm?“, machte Bount Reiniger beiläufig.

June klemmte ihre Hände zwischen die Knie und sagte schnell: „Wie wäre es, wenn ich in die Haut eines leichten Mädchens schlüpfen und mich in der Gegend, in der der Mord verübt wurde, ein bisschen für uns umhören würde?“

Bount schüttelte sofort den Kopf. June hatte damit gerechnet, deshalb war sie ja so aufgeregt. Bount wollte sie niemals an vorderster Front mitmachen lassen. Er hatte immer Angst um sie. Das war zwar ein netter Zug von ihm, aber June hätte es lieber gesehen, wenn er sie endlich als emanzipierte Partnerin neben sich geduldet hätte.

„Du weißt anscheinend nicht, was du dir da aufhalsen willst“, sagte Bount ernst.

June wusste, dass sie sich jetzt durchbeißen musste. Wenn sie sich gegen Bounts Vorurteile durchsetzen wollte, musste sie mit Klauen und Zähnen um den Erfolg kämpfen.

„Ich wette mit dir, um was du willst, dass ich diesem Job gewachsen bin“, sagte June aggressiv.

Bount lachte bitter. „Und solltest du die Wette verlieren, was ja immerhin auch möglich wäre, bin ich eine tüchtige Sekretärin los. Nein, nein, Mädchen. Du bist besser in diesem Büro aufgehoben. Lass die harte Arbeit dort draußen lieber mich tun.“

June ging nun voll aus sich heraus. Sie nahm sich sogar die Freiheit, zornig auf Bounts Schreibtisch zu schlagen. „Verflixt noch mal, hör endlich auf, in mir eine Zimmerpflanze zu sehen, Bount! Wann wirst du endlich einsehen, dass du das raue Leben dort draußen nicht immer von mir fernhalten kannst? Das ist unmöglich. Wozu absolviere ich mein Schießtraining? Wozu hole ich mir zweimal wöchentlich bei Judo und Karate blaue Flecken? Kannst du mir das sagen? Soll ich mit der Handkante die elektrische Schreibmaschine entzwei schlagen? Du hast mich, falls du das vergessen haben solltest, als Detektiv Volontärin eingestellt, nicht als Schreibkraft. Und ich bestehe darauf, endlich mal für jene Arbeiten herangezogen zu werden, für die ich vereinbarungsgemäß aufgenommen wurde.“

Bount grinste.

So hatte er June schon lange nicht mehr in Fahrt gesehen.

Sie war noch nicht fertig. „Ich habe in der Zeit, die ich für dich gearbeitet habe, viel dazugelernt. Es wäre mir lieb, wenn du mich nicht mehr länger wie ein geistiges Wickelkind behandeln würdest.“

Ihr schien sehr viel daran zu liegen, mal wieder beweisen zu können, dass sie mehr konnte, als fehlerlos Mahnbriefe zu tippen.

Bount lenkte ein. „Ich wollte dich nicht kränken, June. Ich habe es nur gut gemeint.“

„Das weiß ich. Aber ich kann nun mal deine ständige Bevormundung nicht ertragen, Bount. Entschuldige, wenn ich vorhin vielleicht etwas zu heftig war.“

„Da gibt es nichts zu entschuldigen. Es ist gut, wenn man sich seinen Ärger von der Seele redet. Ich finde, du hast deinen Standpunkt sehr überzeugend vertreten.“

Junes Augen leuchteten. „Heißt das, dass ich gewonnen habe?“, fragte sie begeistert.

„Ich hoffe, du hast nichts dagegen einzuwenden, wenn ich versuche, dich während deines Einsatzes im Auge zu behalten.“

„O Bount“, jubelte June strahlend. „Dafür würde ich dir am liebsten einen ganz ganz dicken Kuss geben.“ Reiniger nickte mit wohlwollender Miene. „Dieser Wunsch sei dir gewährt und anschließend darfst du mich mit Captain Rogers verbinden.“

Vier Mordfälle für den Schnüffler: N.Y.D. New York Detectives Sammelband 4 Krimis

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