Читать книгу Vier Mordfälle für den Schnüffler: N.Y.D. New York Detectives Sammelband 4 Krimis - A. F. Morland - Страница 13
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In der Nähe jener schäbigen Absteige, in der es passiert war, gab es eine miese Bar, die sich „Arche Noah“ nannte und sie beherbergte auch tatsächlich eine Menge recht seltener Tierarten. June March hatte die Bar vor zwei Minuten betreten. Bount spürte ein unangenehmes Prickeln im Nacken. Er massierte mit der rechten Hand sein Genick und wiegte besorgt den Kopf. „Wenn das bloß gutgeht“, murmelte er vor sich hin.
Er stand in einem finsteren Durchlass.
Seinen Mercedes 450 SEL hatte er um die Ecke geparkt. Er hatte June in seinem Wagen hierher mitgenommen.
Liebe Güte, das Mädchen hatte sich vielleicht abenteuerlich aufgedonnert. Bount hätte sie beinahe nicht wiedererkannt, als sie sich zu ihm in den SEL setzte. Ihre Lippen waren grell geschminkt und knallrot. Die Augenbrauen waren schwarz wie die einer Teufelin. An den Wangen war viel zu viel Rouge. Riesige Ohrclips lagen ebenfalls in der Waagschale des schlechten Geschmacks. Das Ganze wurde von gut einem Dutzend verschiedenen rasselnden Halsketten abgerundet. Dazu trug die absolut nicht elegante Dame einen Pulli, der mindestens um zwei Nummern zu klein und obendrein so tief ausgeschnitten war, dass man beinahe den Nabel sehen konnte. Um die schmale Taille trug June einen breiten Gummigürtel, der vorne von einer Messingschnalle zusammengehalten wurde. Obwohl es nicht mehr modern war, war der Rock des Girls extrem kurz, so dass es für Jugendliche verboten war, zuzusehen, wenn sie sich bückte. Schenkelhohe Lacklederstiefel ließen schließlich keinen Zweifel darüber aufkommen, um welches Gewerbe es sich handelte, in dem die Puppe tätig war.
Als June die Straße überquerte, tat sie das mit leicht aufreizend rotierenden Hüften.
In diesem Moment war sie jenes kleine Luder, das sie verblüffend echt zu spielen verstand.
Nachdem das Mädchen die „Arche Noah“ betreten hatte, löste sich Bount aus der Dunkelheit des Durchlasses.
Wenig später betrat er das Hotel, in dem Dave Booger seinen letzten Atemzug getan hatte.
Der Nachtportier hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem etwas zu groß geratenen Uhu. Er lümmelte auf einem schwarzen Pult und studierte Rennberichte. Bount zeigte auf die Zeitung und fragte: „Schon mal was gewonnen?“
Der Portier schüttelte den Kopf. „Ich wette nie.“
Bount grinste. „Clever. Verdammt clever. Auf die Art gewinnen Sie immer.“
Der Mann ließ sich nicht einlullen. In dieser Gegend, nahe dem Battery Park, passierten Tag für Tag und Nacht für Nacht so viele Dinge, dass man beizeiten lernen musste, stets auf der Hut zu sein. Sonst kam man unter die Räder.
Und vor allem, so schien der Portier im Augenblick zu denken, muss man sich vor Leuten in acht nehmen, die maßgeschneiderte Anzüge tragen.
„Sie wünschen, Sir?“, fragte der Mann hinter dem Pult vorsichtig.
Bount bleckte die Zähne. „Keine Sorge, ich habe nicht die Absicht, Ihnen eine elektronisch gesteuerte Melkmaschine anzudrehen. Ich hab nur ein paar Fragen an Sie.“
Der Mann wurde steif. „Polizei?“
Bount schüttelte den Kopf und zückte seine Detektivlizenz.
Der Portier streifte sie mit einem nervösen Blick und sagte: „O je.“
Bount lächelte nachsichtig. Klar, dass der Portier sich so verhielt. „Alles klar?“, fragte Bount daher.
Der Mann hinter dem Pult nickte. „Ich weiß von nichts.“
„Sie wissen ja noch nicht einmal, weshalb ich hier bin.“
„Was auch immer Sie hierher geführt haben mag, ich kann Ihnen bestimmt nicht helfen, Sir.“
„Haben Sie Captain Rogers dieselbe Platte vorgespielt?“
„Hätte ich den Captain belügen sollen?“
„Nein, nein. Natürlich nicht.“ Bount steckte die Lizenzkopie ein. „Es geht um Dave Booger.“
Der Portier zuckte zusammen,
schwieg aber.
„Er wurde in diesem Hotel nicht besonders gut behandelt“, fuhr Bount Reiniger fort. „Leider hatte er keine Gelegenheit mehr, sich darüber zu beschweren, deshalb reiche ich die Beschwerde nun für ihn ein.“
Der Portier rümpfte ungehalten die Nase. „Was soll das, Mr. Reiniger? Warum versuchen Sie Ihr Glück nicht woanders?“
„Ich dachte, Booger wäre in diesem Hause der Schädel eingeschlagen worden.“
„Das schon, aber...“
„Was soll ich denn dann woanders?“
Der Nachtportier meinte mit schmalen Lippen: „Hier kommen Sie nicht weiter, soviel steht fest.“
„Weil Sie nicht die Absicht haben, mir zu helfen, richtig?“
„Ich kann Ihnen nicht helfen.“
„Soll ich Ihnen verraten, was mein Dad immer zu mir gesagt hat? Ich kann nicht heißt: Ich will nicht“, knurrte Bount. „Hatten Sie Dienst, als das mit Booger passierte?“
„Ja.“
„Freut mich, dass Sie das zugeben“, bemerkte Bount Reiniger spöttisch. „Erzählen Sie, wie das vorgestern gewesen ist.“
„Es stand in allen Zeitungen“, sagte der Portier unwillig.
„Da ich Sie aber nun mal gern erzählen höre, möchte ich, dass Sie’s mir sagen... Darf ich Sie übrigens nach Ihrem Namen fragen?“
„Harry Prentiss heiße ich...“ „Okay, Mr. Prentiss. Schießen Sie los.“
Der Portier vermied es, Bount in die Augen zu sehen. „Da gibt es nicht viel zu erzählen“, begann er unwillig. „Booger und das Mädchen kamen herein und wollten ein Zimmer haben. Booger war ziemlich betrunken. Das Mädchen nicht. Ich gab ihnen den Schlüssel für Nummer sieben. Der Mann bezahlte im voraus und verschwand mit der Puppe, wie das hier eben so üblich ist.“
„War Ihnen das Mädchen bekannt?“, fragte Bount.
„Ich habe sie an diesem Abend zum ersten Mal gesehen. Zum ersten und zum letzten Mal.“
„Wie verließ sie das Hotel?“, forschte Bount weiter.
„Vermutlich durch die Hintertür.“
„Wer hat Booger gefunden?“
„Neely Black. Sie kam an Nummer sieben vorbei. Die Tür war offen. Sie warf einen Blick hinein und dann hörte sie nicht mehr auf zu schreien...“
Neely schien die Szene noch einmal zu spielen, denn in diesem Moment gellte wieder ein schriller Schrei durch das schäbige Stundenhotel.