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Bount Reiniger rannte zu seinem Wagen. Atemlos erreichte er den Silbernen. Hastig stieß er den Schlüssel ins Schloss. Wenig später folgte er mit finsterer Miene dem Buick, in dem June saß. Er fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Womit hatte June den Unmut dieser beiden Dreckskerle erregt?

Die Fahrt endete kurz hinter Bowling Green.

June wurde da ausgeladen. Sie musste mit den beiden Kerlen durch eine schmale dunkle Straße gehen. Bount federte aus dem Mercedes. Er prüfte den Sitz seiner 38er Automatic, glitt durch die Dunkelheit hinter den drei Silhouetten her.

Das Mädchen und die schwergewichtigen Typen gingen einige Stufen hinunter, erreichten eine Tür. Der mit den Tränensäcken hämmerte mit der Faust dreimal auf das Holz. Die Tür öffnete sich und June verschwand mit ihrer Eskorte dahinter. Als Bount eintraf, war die Tür bereits wieder zu. Er sah sich schnell um und entdeckte ein halboffenes Fenster. Es war nicht sonderlich groß und es befand sich fast zu ebener Erde.

Bount drückte das Fenster kurzerhand weiter auf und schob sich durch die Öffnung.

Verlassen würde er dieses Rattenloch durch die Vordertür, soviel stand für ihn jetzt schon fest.

Er schlich durch einen Raum, der mit undurchdringlicher Schwärze angefüllt war. Er tastete sich Zentimeter um Zentimeter vorwärts, stieß sich trotzdem an irgend etwas das Schienbein und erreichte endlich eine Tür, die er lautlos öffnete.

Er glaubte seinen Augen nicht trauen zu können.

Er hatte den Eindruck, in einen Lagerraum zu blicken, in dem alles untergebracht war, was als gut und teuer angesehen werden konnte. Auf dem Boden lagen dicke handgeknüpfte Perserteppiche. Darauf standen Plüschsessel. Es gab hochwertige Stilschränke, einen ausladenden Bleikristalllüster, ein futuristisch angehauchtes Farbfernsehgerät mit Video-Spielen, einen HiFi-Turm, Quadrophonlautsprecher, Ölschinken bekannter Meister an den mit koreanischen Grastapeten ausgestatteten Wänden...

Kein Stück passte zum anderen. Weder in Farbe noch in Form. Die gesamte Einrichtung bildete kein Ensemble, sondern war nichts weiter als ein kunterbunt und ganz willkürlich zusammengestelltes Sammelsurium, das davon Zeugnis ablegte, wie wenig Geschmack die Person hatte, die diesen Raum ausgestattet hatte.

Inmitten dieses teuren Durcheinanders entdeckte Bount June und ihre beiden Begleiter wieder.

Sie standen vor einem thronähnlichen Sessel, in dem ein Mulatte lümmelte. Er trug protzige Ringe an allen Fingern. Seine Stirn verzierte ein grellgelbes Lederband. Sein Hermelinanzug setzte dem Kitsch die Krone auf. Die Nägel seiner beiden kleinen Finger waren so lang und so scharf wie die Klingen eines aufgeklappten Taschenmessers.

June starrte ihn verärgert an. „Darf ich fragen, was der ganze Zirkus zu bedeuten hat?“

Der Mann auf dem Thron grinste. „Die Puppe hat Courage, das muss man ihr lassen.“

Die beiden Kerle, die June verschleppt hatten, nickten. „Du hättest sie schimpfen hören sollen, als wir sie aufforderten, mitzukommen.“

June warf dem, der das gesagt hatte, einen wütenden Blick zu. „Ihr habt mich gekidnappt, Freundchen. Versuch jetzt bloß nichts zu beschönigen.“

„Du bist neu in der Gegend, nicht wahr?“, sagte der Mulatte.

„Na und?“, schnappte June furchtlos. Bount wusste, dass sie sich im Augenblick alles andere als wohl in ihrer Haut fühlte. Aber sie besaß die Keckheit, sich nichts davon anmerken zu lassen. Er war ein bisschen stolz auf sein Mädchen. Wie hätte sie erst aufgetrumpft, wenn sie geahnt hätte, dass er ganz in ihrer Nähe war.

„Du kennst die Spielregeln noch nicht, die hier gelten“, sagte der Mulatte.

June winkte desinteressiert ab. „Für mich gibt es keine Regeln. Ich tu, was mir Spaß macht.“

„Wo bist du auf den Strich gegangen, bevor du hierherkamst?“, wollte der Mulatte wissen.

„Das geht dich nichts an!“, erwiderte June trotzig. Einer der beiden Hünen wollte ihr daraufhin eine Backpfeife geben, doch der Mulatte hob schnell die Hand und der Schlag blieb in der Luft hängen.

Der Mann auf dem Thron sagte schmunzelnd: „Lasst sie ruhig plappern. Ihr loses Maul amüsiert mich.“ „Ich will jetzt endlich wissen, weshalb man mich hierher verschleppt hat!“, begehrte June March zornig auf. „Während ich hier meine kostbare Zeit mit euch verplempere, gehen mir mindestens fünf Kunden durch die Lappen. Wer ersetzt mir diesen Schaden, he? Ihr etwa?“

Der Mulatte wies auf seine Hermelinbrust. „Weißt du, wer ich bin, Süße?“

„Nein. Und es interessiert mich auch nicht.“

„Ich bin Mortimer Frayne.“

„Okay. Und was erwartest du nun von mir? Dass ich vor Ehrfurcht vor dir auf die Knie sinke?“

„Du hast meinen Namen noch nie gehört?“, fragte Frayne etwas verwundert.

„Nein. Ist das ein Fehler?“

„Ich denke schon, Baby, denn in dieser Gegend wird ausschließlich für mich angeschafft, verstehst du? Ich habe gültige Vereinbarungen mit den Organisationen von Cremer, Moss und Farrante. Mein Gebiet wird von diesen Leuten nicht angetastet. Es war verdammt schwer, dieses Arrangement zu erreichen, Girlie. Es hat verflucht harte Verhandlungsrunden und etliche Knochenbrüche gegeben, ehe wir uns einigen konnten. Seither werden die festgesetzten Grenzen von allen Vertragspartnern respektiert. Die Puppen von Cremer, Moss und Farrante kommen nicht zu mir herüber und meine Mädchen machen auf den anderen Territorien keine Geschäfte. Auf diese Weise leben wir alle miteinander in Frieden.“

Mortimer Frayne erhob sich.

Er war nur unwesentlich größer als June. Sein fester Blick schien das Mädchen in seinen Bann schlagen zu wollen. Von diesem Augenblick an schien er sich nicht mehr zu amüsieren. Tiefer bitterer Ernst prägte seine kaffeebraunen Züge.

„Ich liebe den Frieden“, sagte Frayne pathetisch. Ein drohender Unterton war in seiner Stimme. „Ich hasse es, mich ärgern zu müssen.“ „Ich bin die letzte, die dich ärgern will!“, behauptete June March.

„Das stimmt nicht!“, knurrte Frayne sie an.

„Hör mal, ich...“

„Du bringst meine schöne Ordnung durcheinander, Baby!“, sagte Mortimer Frayne verstimmt. „Es hat mich verdammt viel Mühe gekostet, das ganze Unternehmen straff zu organisieren. Alle Girls hören endlich auf mein Kommando. Keine tanzt aus der Reihe, weil sie genau weiß, was ihr blüht, wenn ich ihr drauf komme. Alles läuft wie am Schnürchen. Doch plötzlich taucht ein neues Gesicht auf und stört meine sorgsam gehütete Ordnung. Das schmeckt mir nicht, verstehst du?“

Es blitzte kurz in Junes Augen. Die Situation spitzte sich allmählich auf eine Krise zu. Dennoch vergaß das wackere Mädchen nicht, weshalb sie in die Haut des leichten Mädchens geschlüpft war. Sie packte die günstige Gelegenheit geschickt beim Schopf und erwiderte: „Ich bin nicht die erste Neue hier. Oder war die Süße, die Dave Booger erschlagen hat, eine von deiner Truppe?“

Der Mulatte fletschte die großen weißen Zähne. „Mit dieser Sache habe ich nichts zu tun.“

„Die andere hat doch auch deine viel geliebte Ordnung gestört, oder?“ „Richtig“, bellte Frayne. „Deshalb habe ich meinen Männern aufgetragen, besser als bisher darauf zu achten, dass in meinem Gebiet keine Nutte arbeitet, die hier nichts zu suchen hat. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Bullen sich in den letzten beiden Tagen hier herumgetrieben haben. Das war ja kaum mehr auszuhalten. Nicht einmal richtig atmen konnte man und wenn man in irgendeine Richtung einen Schritt machte, konnte man sicher sein, einem Polypen auf die Zehen zu treten. Dieser gottverdammte Mord hat mich eine schöne Stange Geld gekostet. Meine Mädchen konnten ihrer Arbeit nicht so nachgehen wie sonst immer...

„Es wird sich alles wieder einpendeln“, meinte June March achselzuckend.

„Ja, das wird es“, knirschte Mortimer Frayne. ,,Weil ich dafür mit harter Hand sorgen werde. Mit anderen Worten heißt das: Ich biete dir drei Möglichkeiten an, entweder du verschwindest von hier so schnell, wie du gekommen bist oder du begibst dich freiwillig in meine Obhut...“ „Oder?“, fragte June nach der dritten Möglichkeit.

„Oder meine Kameraden machen aus deiner hübschen Larve eine Visage, mit der du sogar Lady Frankenstein zu Tode erschrecken könntest. Dann kannst du nur noch auf Maskenbällen arbeiten.“

June nickte langsam. „Okay. Ich werd mir’s überlegen.“

„Du wirst dich sofort entscheiden!“, sagte der Mulatte mit herrischer Stimme.

Bount Reiniger spannte die Muskeln. Gleich würde es ein Donnerwetter geben. Die Luft knisterte bereits gefährlich. June schwieg beharrlich. Mortimer Frayne kniff die Augen zusammen. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. June konnte sich nicht dafür entscheiden, Fraynes Gebiet zu verlassen. Sie hatte sich in diesen Job verbissen und wollte das Optimale dabei herausholen. Da sie über einige vage geknüpfte Kontakte noch nicht hinausgekommen war, dachte sie nicht daran, das Feld schon wieder zu räumen.

Doch auch die zweite Variante war für sie nicht akzeptabel. Sie sah zwar so aus wie ein Strichmädchen, hatte aber keinesfalls die Absicht, diesen Beruf auch tatsächlich auszuüben. Wenn sie sich in Fraynes Obhut begeben hätte, wäre sie gezwungen gewesen, Dinge zu tun, die für sie indiskutabel waren.

Der Zuhälter ließ noch eine Minute verstreichen.

Dann trat er einen Schritt zurück. „Okay, Süße. Ich habe verstanden. Du hast dich für die dritte Möglichkeit entschieden.“ Er nickte seinen beiden Männern zu. „Gut, Jungs. Gebt es ihr. Aber gründlich!“

Das war der Moment, wo Bount Reiniger handeln musste.

Vier Mordfälle für den Schnüffler: N.Y.D. New York Detectives Sammelband 4 Krimis

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