Читать книгу Heimat-Roman Extra Großband 6 Romane Juni 2017 - A. F. Morland - Страница 17
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ОглавлениеDie Großmayerin staunte nicht schlecht, als der Toni Bachsteiner einen Tag später bei ihr auf dem Hof auftauchte.
Sollte ihre Intrige etwa schon von einem ersten Erfolg gekrönt werden?
Jedenfalls schenkte sie dem jungen Mann ihr gewinnendstes Lächeln, obwohl sie sich innerlich dafür verfluchte, die Rosl gerade jetzt ins Dorf geschickt zu haben, um Besorgungen zu machen.
Aber wer hätte auch mit dieser glücklichen Fügung rechnen können?
Auch wenn die Großmayerin oft das Gras wachsen hörte, eine Hellseherin war sie nicht!
Irgend etwas muss geschehen sein!, ging es der Witwe durch den Kopf. Und sie hätte eine Menge dafür gegeben, um zu wissen, was das war!
"Grüß dich, Toni!", rief sie freundlich.
"Grüß dich, Großmayerin!", rief der Toni zurück.
"Mei, du hast dich ja eine ganze Weile hier net blicken lassen!", meinte die Bäuerin dann.
Der Toni zuckte die Achseln.
"So lang nun auch wieder net, Bäuerin!"
"Und wenn auch!", erwiderte die Großmayerin. "Du bist deshalb net weniger willkommen! Magst herein in die Stube kommen?"
"Da sag' ich net nein", nickte der Toni und ließ sich von der Großmayerin ins Haus führen.
In der Stube bot sie ihm einen Platz an und setzte sich selbst ebenfalls. Dann sagte sie unvermittelt: "Die Rosl ist allerdings net zu Haus! Sie ist auf einen Sprung ins Dorf, um ein paar Einkäufe zu machen!"
Der Toni hob die Augenbrauen.
Die Großmayerin hatte ihre Hoffnungen, was ihn und ihre Tochter betraf, ganz offensichtlich noch immer nicht aufgegeben.
"Wegen der Rosl bin ich net gekommen", stellte der junge Mann also sogleich klar.
"Net?", vergewisserte sich die Großmayerin und ihre Stimme klang fast ein wenig enttäuscht.
Sie atmete tief durch und dachte: Naja, schön wär's halt gewesen! Aber vielleicht war ja in dieser Hinsicht doch noch nicht alles verloren!
So fragte die Bäuerin: "Was führt dich dann hier her, auf den Großmayer-Hof? Hat dich der Vater vielleicht mit Geschäften geschickt?"
Toni schüttelte den Kopf.
"Na, hat er net", murmelte er. "Der Vater und ich, wir haben uns zerstritten!" Es war das Beste, es ihr gleich zu sagen, den früher oder später würde die Nachricht doch durch das Tal gehen.
Da konnte sie es auch jetzt erfahren.
"Zerstritten?", fragte die Bäuerin erstaunt zurück. "Wie kommt das denn?"
"Das ist eine Sach zwischen mir und dem Vater", gab der Toni kühl zurück.
Die Großmayerin war nun wirklich die Letzte, mit der er diese Angelegenheit besprechen wollte.
"Das verstehe ich vollkommen!", gab die Bäuerin zu verstehen. Sie konnte sich natürlich denken, womit das Zerwürfnis zwischen den Bachsteinern zusammenhing. Allerdings hütete sie sich, etwas dazu zu sagen.
Dann nannte der Toni endlich den Grund, aus dem er den Weg zum Großmayer-Hof gemacht hatte.
"Großmayerin, du suchst doch noch immer nach einem Großknecht für deinen Hof, net wahr?", fragte der junge Mann etwas zaghaft.
"Freilich", nickte die Bäuerin. "Seit der Sepp fortgezogen ist, hab ich die Stelle net wieder mit einem besetzen können, der dafür auch die nötige Eignung mitgebracht hätte..."
"Ich will mich net aufdrängen", meinte der Toni. "Aber von der Landwirtschaft versteh ich schon einiges! Da kann mir so schnell keiner etwas vormachen! Wie ein Hof zu führen ist, das hab ich beim Vater wohl gelernt!"
Die Bäuerin lächelte.
"Das weiß ich, Toni! Und deshalb bist auch ab sofort eingestellt, wenn du willst!"
"Gut", nickte der Toni.
"Kost und Logis sind frei!", erklärte die Bäuerin.
Der Toni war zufrieden.
"Ich muss dir allerdings gleich sagen, dass ich nur für eine Übergangszeit hierbleiben will! Bis ich etwas anderes gefunden hab'!", schenkte der Bachsteiner-Toni seiner neuen Arbeitgeberin gleich reinen Wein ein.
"Geh, Toni, ich versteh dich schon!", entgegnete die Bäuerin.
Aber insgeheim dachte sie: Wer weiß, wie lang du am Ende noch hier auf dem Großmayer-Hof hängen bleiben wirst! Wenn's günstig kommt, sogar für immer...
Aber das war schon einen Schritt zu weit gedacht!, machte die Bäuerin sich klar. Und man sollte ja schließlich den Tag nicht vor dem Abend loben.
Aber eine Chance war es schon!
Die Rosl und der Toni Tag für Tag unter einem Dach!
Wenn da nix funkt, dann wird's niemals was!, ging es der Großmayerin durch den Kopf.
"Was ist, Toni?", fragte sie dann. "Es ist bald Zeit für die Brotzeit! Willst net solange noch bleiben? Es gibt einen vorzüglichen Leberkäse!"
Der Toni kam gar nicht mehr dazu, zu antworten. Eine Tür ging, dann waren ein paar Schritte zu hören und einen Moment später ging auch die Stubentür auf.
Ein schmuckes Dirndl mit langen, dunkelbraunen Haaren kam herein. Es war niemand anders als Rosl Großmayer. Ihre dunklen Augen musterten den Toni erstaunt und eine sanfte Röte überzog ihr Gesicht.
"Mei, du bist hier?", fragte sie.
Rosl schien ehrlich erstaunt zu sein. Ein Lächeln huschte über ihr feines Gesicht.
Indessen fasste die Großmayerin ihrer Tochter in knappen Worten zusammen, weshalb der Toni Bachsteiner gekommen war.
"Vielleicht bist so nett und zeigst dem Toni die Kammer, in der früher der Sepp gewohnt hat!", wies die Bäuerin dann das Madl an und wandte sich dann an den jungen Mann. "Es ist zwar bescheiden, aber für's erste wird's wohl schon reichen!", meinte sie.
Der Toni nickte.
"Vielen Dank. Mei, bin ich froh, dass ich hier unterkommen kann!"
"Na, ich hoffe, dass ihr net auf ewig zerstritten sein werdet, dein Vater und du!", mischte sich nun die Rosl in das Gespräch.
Rosl brachte den Toni wenig später hinauf zu seiner Kammer. Ein Tisch, ein Bett und ein Schrank aus hellem Kiefernholz standen dort. Und aus dem Fenster hatte man einen herrlichen Blick in die Bergwelt.
"Gefällt's dir?", fragte Rosl.
"Mei, gewiss doch!", erwiderte Toni - und zum erstenmal, seit er auf dem Großmayer-Hof war, ging so etwas wie ein Lächeln über sein Gesicht.
"Du hast noch gar net gesagt, weshalb du dich mit deinem Vater zerstritten hast!", stellte Rosl fest.
"Ich möchte net darüber reden", sagte Toni ruhig und zuckte dabei die Schultern.
"Geht es dabei vielleicht um die Tochter vom Riedlinger?"
Toni sah die Rosl an und konnte im ersten Moment gar nichts sagen.
Mei, hartnäckig ist das Madl aber!, ging es ihm durch den Kopf. Das musste sie von ihrer Mutter haben. Die war in diesem Punkt nämlich genauso.
"Und wenn's so wäre!", erwiderte der Toni schroff.
Die Rosl zuckte die Achseln.
"Ich meine ja nur. Das ist ja auch net schwer zu erraten, wenn man zwei und zwei zusammenzählen kann!" Sie wandte sich halb herum und fügte dann noch hinzu: "Ich weiß,Toni, ich hätt' net fragen dürfen..."
Und damit war sie auch schon aus der Tür hinaus und Toni hörte ihre leichten Schritte die Treppe hinuntergehen.