Читать книгу Heimat-Roman Extra Großband 6 Romane Juni 2017 - A. F. Morland - Страница 23
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ОглавлениеDer Toni hatte zusammen mit den beiden anderen Knechten des Großmayer-Hofs einen Zaun repariert. Jetzt waren sie zurück zum Hof gekommen. Die beiden Knechte waren schon in Richtung des Wohnhauses gegangen, denn ihnen knurrte der Magen und dort wartete die Großmayerin mit einer zünftigen Brotzeit auf sie.
Der Toni hingegen blieb beim Wasserzuber stehen, um sich die Hände zu waschen.
Dann hörte er plötzlich ein Geräusch, das aus dem Heustadl zu kommen schien. Etwas krachte und dann folgte ein kurzer, heller Aufschrei.
Da war offenbar etwas passiert!
Toni lief zum Stadl und öffnete die Tür. Jemand stöhnte leise auf und dann fiel der Blick des jungen Bachsteiners auf Rosl, die zusammengekrümmt im Heu lag.
"Was ist los?", fragte der Toni und eilte sogleich zu dem Madl hin.
"Mei, ich bin die Leiter hinuntergestürzt! Das Holz war wohl schon ziemlich morsch und da ist eine der Sprossen durchgebrochen!" Das Madl fasste sich an den Fuß. "Hier tut's weh, aber ich glaub' net, dass mir sonst noch was fehlt."
"Da hast aber Glück gehabt!", meinte der Toni.
Rosls Gesichtszüge entspannten sich ein klein wenig und die Ahnung eines Lächelns spielte um ihre Züge.
"Ich bin ja net allzu tief gefallen!", tat das Dirndl die Sache ab. „Und außerdem ist hier alles voller Heu, da fällt man net so hart!"
Rosl richtete sich halb auf.
"Warte, ich werd dir aufhelfen!", versprach der Toni und fasste sie bei den Armen. Doch es ging nicht. Die Rosl knickte mit ihrem verletzten Fuß wieder ein.
"Ich glaub, ich hab mir den Knöchel verstaucht!", meinte sie, während sich der Toni den Fuß eingehend ansah.
Von draußen hörten die beiden dann Schritte herannahen. Das Scheunentor knarrte, als es etwas weiter geöffnet wurde.
"Mei, so ist das also!", sagte eine dem Toni wohlbekannte Frauenstimme.
Der Großknecht vom Großmayer-Hof wirbelte herum und sah in das fassungslose Gesicht der Franziska Riedlinger.
"Franziska!", rief der Toni erstaunt, denn er hatte natürlich nicht im Traum damit gerechnet, das Dirndl in diesem Augenblick hier anzutreffen. Und dabei hielt er noch immer die Rosl umfasst.
"Nie und nimmer hätt' ich gedacht, dass es wirklich wahr sein könnte, was eure Anna so herumerzählt! Für ein Gerücht oder ein Missverständnis hab' ich's gehalten! Mei, war ich dumm!"
In den blauen Augen des Dirndls glitzerten Tränen, als sie sich umwandte und davonlief.
"Mei, Franziska, so warte doch!", rief der Toni ihr hinterher, aber das hörte sie schon gar nicht mehr. "Warte einen Moment!", sagte er zur Rosl, stand auf und lief aus dem Stadl heraus.
Die Franziska war indessen bereits im Laufschritt ein Stück davongelaufen, als wäre der Leibhaftige hinter ihr her.
"Kruzifix nochmal, was hast denn mit dem Madl angestellt?", fragte die Anna, die etwas abseits stand und offenbar gespannt abwartete, was sich zutragen würde.
"Ich?", rief der Toni wütend. "Was hast du ihr denn erzählt, Anna? Irgend einen Floh musst du ihr ins Ohr gesetzt und sie damit ganz narrisch gemacht haben!"
Die Anna tat ganz unschuldig und zuckte nur mit den Schultern. "Mei, die Wahrheit hab' ich gesagt!", verteidigte sich die Magd dann schulterzuckend. "Was ich mit eigenen Augen gesehen hab' - net mehr und net weniger!"
"Pah! Was du dir eingebildet hast vielleicht!", schimpfte der Toni und rannte hinter der Franziska Riedlinger her.
Es dauerte ein bisschen, ehe er das Madl eingeholt hatte.
"Was willst denn noch von mir?", keuchte sie.
Der Toni war auch ganz außer Atem. "Franziska, so hör mich doch an!", brachte er schließlich heraus.
Sie sah ihn wütend an.
"Was gibt's denn da noch anzuhören!", rief sie aufgebracht, wobei ihr die Tränen über das feingeschnittene, hübsche Gesicht liefen. "Das war ja wohl deutlich genug, was ich da gerade gesehen habe! Und es passt genau mit dem zusammen, was die Anna mir erzählt hat, dass ihr - die Rosl und du - des nachts allein auf der Kammer wart... Und es passt auch dazu, dass wir uns immer seltener sehen!" Sie verzog das Gesicht. "Weil du angeblich soviel zu tun hast!"
Der Toni unternahm einen erneuten Anlauf.
"Mei, Franziska, so lass dir doch erklären, was..."
Doch die Franziska fuhr ihm sofort ins Wort.
"Geh, Toni, deine schwachen Ausreden kannst dir wirklich sparen! Die kannst du erzählen, wem du willst, aber net mir! Für dumm verkaufen lass ich mich nämlich net!"
Sie drehte sich herum und wollte auf und davon. Doch Tonis Stimme hielt sie zunächst zurück.
"Mei, wie soll es denn jetzt weitergehen mit uns, Franziska?", rief er ihr hinterher.
Das Dirndl blieb stehen und wandte sich noch einmal halb herum.
"Weitergehen?", fragte sie. "Es ist aus, Toni! Ich hab dir so vertraut, aber das heute, darüber komme ich einfach net hinweg!"
Damit ging sie dann davon und ließ den Toni wie jemanden stehen, der gerade einen kräftigen Schlag vor den Kopf bekommen hatte.
Das kann doch net wahr sein!, ging es dem Toni verzweifelt durch den Kopf.
Aber es war nun einmal passiert, auch wenn es dem jungen Bachsteiner vorkam, als wäre es ein schlechter Traum.
Als er dann zum Hof zurückkehrte stand die Anna noch immer da und starrte ihn an. Ein solche Szene ließ sie sich natürlich nicht entgehen und der Toni konnte sich an den Fingern einer einzigen Hand ausrechnen, dass die Sache bald Dorfgespräch sein würde.
"Ich hoffe, du wirst deinen Teil dazu beitragen, dass die Sache wieder ins rechte Licht gerückt wird!", knirschte der Toni zwischen den Zähnen hindurch.
Die Anna zuckte nur mit den Achseln.
"Mei, ich weiß net, was du willst, Bachsteiner! Ich bin völlig unschuldig an der ganzen Sach'!"
Der Toni machte eine wegwerfende Bewegung.
"Du wirst es dein Lebtag net mehr lernen, auch einmal den Mund zu halten, was?", schimpfte der junge Mann dann und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
Doch die Anna war eine, die das letzte Wort immer am liebsten für sich hatte.
So stemmte sie ihre kräftigen Arme in die Hüften und schimpfte lauthals: "Kruzifix nochmal! Man soll halt auch net versuchen auf zwei Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen! Das kann nämlich net gutgehen!"