Читать книгу Heimat-Roman Extra Großband 6 Romane Juni 2017 - A. F. Morland - Страница 40
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ОглавлениеAm nächsten Tag wunderte sich die Marianne, dass der neue Gast nicht zum Frühstück erschienen war. Sie klopfte mehrfach an die Zimmertür, aber Raimund Wiesner gab keine Antwort.
Soll er doch den Tag verschlafen!, dachte die Mariaqnne schließlich. Aber er sollte nicht denken, vielleicht zur Mittagszeit noch Frühstück zu bekommen!
Der Gast war zwar König in der GOLDENEN GAMS, aber das ging dann doch zu weit.
Merkwürdig war, dass auch die Sepha nirgends aufzufinden war. Und so blieb der Sendlinger-Marianne nichts anderes übrig, als alle anfallenden Arbeiten allein zu verrichten.
Seltsam war das schon. Wenn die Sepha ansonsten etwas zu erledigen gehabt hatte, dann hatte sie immer zuvor Bescheid gesagt.
"Hat sie dir net wenigstens ein Wörtel gesagt?", wandte sich das Madel an Jakob Bergener, der schon seit ewigen Zeiten der Koch in der GOLDENEN GAMS war und gerade seine Frühstückspause machte.
Der Bergener-Jakob war ein mittelalter, rundlicher Mann, der wohl so rund geworden war, weil er seine eigenen Mahlzeiten so gerne ausgiebig abschmeckte.
Er wischte sich mit der Hand über die Stirn und schüttelte dann den Kopf.
"Mei, gesagt hat mir die Sepha nix, aber..."
"Aber was?"
Der Bergener seufzte und sah die Marianne einen Moment lang nachdenklich an. "Mei, ich weiß net, ob ich dir das sagen soll!"
"Meinst vielleicht, dass ich net vertrauenswürdig bin?", empörte sich das Madel und stemmte dabei die schlanken Arme wütend in die Hüften.
Der Koch hob abwehrend die Hände.
"Geh, Marianne, wie kannst nur so etwas denken!"
"Dann heraus mit der Sprache, was ist los? Du weißt doch etwas!"
Der Koch druckste noch etwas herum. "Du weißt, dass ich eigentlich nix davon halte, Gespräche zu belauschen. Und ich hab ja auch nur ganz zufällig mitangehört, wie die Sepha telefoniert hat..."
"Worum ging es?", hakte das Dirndl nach. Sie wollte jetzt einfach nicht locker lassen. Hier ging es um irgend etwas Wichtiges, das hatte sie instinktiv im Gespür.
"Mei..."
"Na komm schon, Jakob! Lass mich net so im Regen dastehen!"
"Aber zu niemandem auch nur ein einziges Sterbenswörtl, hast gehört?"
Marianne hob die Hand und deutete einen Schwur an.
"Zu niemandem!", erklärte sie feierlich.
Der Koch atmete tief durch und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Dann berichtete er: "Also, alles hab ich auch net mitbekommen, aber sie hat wohl mit dem Anwalt telefoniert, der immer die Interessen des Niedermayers vertreten hat..."
Marianne runzelte die Stirn. Sie ahnte, dass das nur etwas damit zu tun haben konnte, er die GOLDENE GAMS nun erben würde...
"Ist vielleicht doch noch ein Testament aufgetaucht? Dann kommt dieser Anwalt aber ziemlich spät damit heraus, sollte der Niedermayer es bei ihm zur Aufbewahrung gegeben haben..."
Doch der Koch schüttelte den Kopf.
"Na, das glaube ich weniger. Es ging um einen Verwandten des Niedermayers..."
"Ich dachte, er hatte niemanden mehr..."
"Mei, das hat die Sepha wohl auch gedacht und dem Anwalt dann erklärt, über wie viele Ecken sie selbst mit dem Niedermayer verwandt gewesen sei. Aber dieser andere ist wohl enger verwandt gewesen. Ich hab nur gehört, wie die Sepha dann noch schreckensbleich ausrief, dass dieser Mann dann ja jeden Augenblick hier auftauchen könnte, um sein Erbe in Besitz zu nehmen..."
Marianne wirkte auf einmal sehr nachdenklich.
Wenn das der Wahrheit entsprach, veränderte das natürlich alles.
Der Koch zuckte seine breiten Schultern und meinte mit einem aufmunternden Lächeln: "Mei, wir sollte einfach abwarten, was kommt!"
"Ja", nickte Marianne in sich gekehrt. "Etwas anderes wird uns wohl auch gar net übrig bleiben!"