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Offenbarung des Mysteriums

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Der Mensch ist eine Realität mit vielen Facetten und Dimensionen. Wenn man einen Teil dieser Realität oder eine bestimmte Weise, sie zu erfahren, nimmt und glaubt, dies sei das Eigentliche, es sei das, was wir erreichen sollten, dann ist das eingeschränkt, voreingenommen und letztlich statisch. Der Mensch ist ein dynamisches Bewußtsein mit Intelligenz und Potentialität, das wir mit unserem Verstand nicht erfassen können. Und soweit man sehen kann, gibt es keine Lehre, kein bestimmtes System, das alles umfaßt. Jede Lehre nimmt ein bestimmtes Segment, einen bestimmten Weg, und sagt: „Das ist es.“ Das ist eine gültige Weise, wie man an einige Möglichkeiten der Realisierung herangehen kann, aber sie kann nicht die Totalität des Menschen oder des menschlichen Potentials erfassen.

Das Abenteuer des Seins ist ohne Ende – Sein ist unendlich und seine Möglichkeiten sind unbegrenzt. Ein Grund, warum ich den Weg der Inquiry vorherbestimmten und zielgerichteten spirituellen Verfahren vorziehe, liegt in der Tatsache, daß sie ein bestimmtes Verständnis der Natur des Menschen widerspiegelt, das mit der Essenz des Seins zu tun hat. Je mehr ich die Essenz meines Seins kenne, um so mehr erkenne ich, daß sie unbestimmbar ist und daß man sie nicht auf eine endgültige und vollständige Weise kennen kann. Man kann nicht auf eine bestimmte Weise von ihr sagen, sie sei so oder so oder so. Es ist gerade das Wesen der Essenz unseres Seins, daß sie ein Mysterium ist. Es ist eine geheimnisvolle Essenz. Ihr Geheimnis liegt nicht an einer Beschränktheit unserer Fähigkeit, sie zu verstehen. Ihr Mysterium gehört zu ihrer Realität.

Dieses Mysterium, diese Empfindung von Unbestimmtheit, ist von vielen Leuten erforscht worden, und es gibt viele Lehren und Formulierungen, die es zu beschreiben versuchen. Eine Weise, wie man es sehen kann, besteht darin, daß die eigentliche Natur der Dinge nicht beschrieben, nicht bestimmt werden kann. Man kann keine bestimmte Aussage über sie machen, man kann ihr gegenüber keinen Standpunkt einnehmen. Einige setzen die eigentliche Natur mit der Leere gleich, fügen dann aber schnell hinzu, es gäbe kein „Etwas“, das Leere genannt werden könne. Leere ist einfach eine Weise, sich auf die Unbestimmtheit eigentlicher Natur zu beziehen. Das bedeutet, daß man nicht sagen kann, sie existiere, und daß man auch nicht sagen kann, sie existiere nicht. Und man kann nicht sagen, weder existiere sie noch existiere sie nicht. Dieser Ansatz nennt man den Weg der Negation, insofern man alles verneint, was man über die eigentliche, letzte Natur sagen oder ihr zuschreiben kann.

Ich denke, dies ist eine geschickte und subtile Weise, die Unbestimmtheit der Essenz unseres Seins zu verstehen. Jedoch beruht das Abenteuer der Inquiry auf einer etwas anderen Perspektive auf das Mysterium. Manche würden sagen, daß überhaupt nichts über das Mysterium ausgesagt werden kann, weil alles, was man sagt, ungenau wäre, und deshalb sei es besser, gar nichts auszusagen. Die Perspektive, die ich vorziehe, ist die, daß die Essenz des Seins für Beschreibungen offen oder Beschreibungen zugänglich ist. Man kann tatsächlich eine Menge über sie aussagen, so wie die Dichter der Mystik es seit Tausenden von Jahren getan haben. Man kann sagen, sie sei Leere, man kann sagen, sie sei ein Mysterium, man kann sagen, sie sei Stille, man kann sagen, sie sei Frieden, man kann sagen, sie sei weder Existenz noch Nichtexistenz, man kann sie den eigentlichen oder wahren Geliebten nennen, man kann sagen, sie sei die Auslöschung allen Egos, man kann sie die Quelle aller Bewußtheit nennen, man kann sagen, sie sei der Urgrund von allem, unsere wahre Identität, man kann sagen, sie sei dimensionslose Ortlosigkeit und so weiter. Jede dieser Zuschreibungen sagt etwas über sie aus.

Daher kann man sagen, daß das Mysterium des Seins zwei verschiedene Implikationen enthält. Ich glaube, die fruchtbarere ist nicht, daß man nichts über es aussagen kann, sondern daß man niemals ausschöpfen kann, was man über es sagen kann. Wir können es ohne Ende beschreiben und über es reden. Anstatt es also Unbestimmtheit zu nennen, halte ich Unerschöpflichkeit für ein besseres Wort: Das Mysterium ist durch die Tatsache charakterisiert, daß es unerschöpflich ist. Man kann es nie vollständig kennen oder wissen.

Wenn man zum Beispiel sagt, das Mysterium sei Leere, wird es damit also nicht vollständig erfaßt. Diese Aussage vermittelt einem nicht das ganze Bild. Man könnte sagen, es sei Stille. Gut, dann hat man eine weitere Eigenschaft entdeckt, die einem verstehen hilft, was es mit Begierden und Unrast macht. Wenn man diese Stille realisiert, spürt man, daß das ganze Universum Stille ist. Da wir aber einen angeborenen forschenden Geist besitzen und diese Stille erforschen, stellen wir am nächsten Tag fest, daß das Mysterium nicht allein Stille ist, sondern es ist auch Wissen. Was bedeutet das? Also, wir wußten, es ist Stille, und wir wußten, es ist Leere, also muß ihr Wissen eigen sein. Aber einen Tag später merkt man, daß man dem Mysterium auch nicht gerecht wird, wenn man es irgendwie als Wissen definiert. Man kann sagen, das Mysterium sei Stille, man kann sagen, es sei Wissen, und man kann sagen, es sei Leere, aber keine dieser Aussagen wird ihm gerecht – und auch nicht alle zusammen. Jeden Tag entdecken wir also etwas Neues über das Mysterium, als flögen wir durch die Schwärze des Weltraums und entdeckten plötzlich, daß wir auf einem ganz neuen Sternsystem gelandet sind, das wir mit Freude und Aufregung erkunden können.

Aber auch dann merken wir, daß wir das Ende noch nicht erreicht haben, denn jenseits dieses Sternsystems gibt es den Schein eines anderen. Und außerdem fangen wir an zu verstehen, daß das Verharren bei irgendeiner dieser Entdeckungen uns von der Unerschöpflichkeit des Seins – also gerade seiner Essenz – trennt. Sie stellen vielleicht auch fest, daß Sie an der Auffassung hängen, daß es einen Endpunkt Ihres Verstehens gibt.

Dies ist also ein etwas anderer Ansatz dazu, das Mysterium zu verstehen, als das Konzept der Unbestimmtheit. Das Mysterium ist unbestimmt, aber nicht in dem Sinn, daß es unmöglich wäre, bestimmte Aussagen über es zu machen. Es ist möglich, eine unendliche Anzahl von bestimmten Aussagen über es zu machen, aber diese Aussagen versagen, wenn man mit ihnen die Essenz des Mysteriums erfassen will. Ferner sind diese unendlich vielen Aussagen eigentlich der Inhalt unseres Bewußtseins. Was könnte man sonst erfahren? Wir könnten sagen, daß man das Mysterium nicht kennen oder wissen kann, und es dabei belassen. Aber wenn wir das tun, bleiben wir auf die Tatsache seiner Unerkennbarkeit beschränkt. Aber man kann das Mysterium eben auch kennen und wissen, viel mehr als irgendetwas anderes – im Grunde kann man es unendlich kennen und wissen. Aber man kann es nicht total und endgültig kennen und wissen, daher können wir niemals sagen, daß wir unsere Erforschung abgeschlossen haben.

Mein Verständnis des Mysteriums ist, daß es ein unerschöpflicher Reichtum ist, und dieser Reichtum ist von dem Mysterium untrennbar. Der Reichtum ist nichts anderes als die Offenbarung des Mysteriums, und diese Offenbarung ist vollkommen unerschöpflich. Diese Sichtweise gibt uns eine gewisse Basis für die Wertschätzung des Weges der Inquiry.

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