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Inquiry mit offenem Ende

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Offenheit bedeutet also augenscheinlich, daß wir mit der Inquiry keinen Zweck verfolgen; der Zweck ist die Inquiry selbst. Wir machen keine Inquiry, um irgendwohin zu gelangen, ein Problem zu lösen oder um eine Schwierigkeit zu beseitigen. Es ist wahr, daß unsere Neugier erregt wird, wenn wir auf eine Schwierigkeit, eine Unklarheit stoßen, aber das ist nicht deshalb so, weil wir sie beseitigen wollen. Wir sind einfach daran interessiert herauszufinden, was los ist. Das ist eine andere Haltung als: „Hier ist ein Hindernis, was kann ich tun?“ Es ist eher so, als sähe man die Blockierung und hätte das Gefühl, daß jemand einem einen Schleier vor die Augen hält, und man wollte hinter den Schleier sehen. Es ist nicht so, daß man die Blockierung nicht wollen würde, weil sie sich schrecklich anfühlt. Nein, es ist nur so, daß unser inneres Wesen Offenheit, eine vollständige durchlässige Bewußtheit ist, und es fühlt sich nicht richtig an, sie zu behindern. Es entspricht unserem Wesen, daß man das Ganze sehen möchte.

Menschen kennen verschiedene Weisen, wie sie Dinge untersuchen, aber diese Methoden entsprechen nicht unbedingt der Inquiry des Diamond Approach. Meistens ist es eine Inquiry mit einem Plan, mit einem Ziel im Kopf. Man betreibt diese Art der Inquiry auf verschiedenen Gebieten, und das hat seinen Sinn, aber wenn es darum geht, Realität, unsere wahre Natur und das Wesen des Universums zu erkennen, funktioniert es nicht. Inquiry braucht ein Fahrzeug, das eine Manifestation wahrer Natur, nicht ein Ausdruck unseres Ego-Selbst ist. Jedes Interesse, jede innere Einstellung ist ein Ausdruck unseres Ego-Selbst. Wenn man da beginnt, endet man auch da.

Das ist nicht so einfach, denn man könnte denken: „Jetzt habe ich es verstanden. Um wirklich zu meiner wahren Natur zu gelangen, sollte ich eben nicht versuchen, dahin zu gelangen. Okay, von jetzt an werde ich nicht mehr versuchen, zu meiner wahren Natur zu gelangen.“ Das würde auch nicht funktionieren, denn der Versuch, nicht dahin zu gelangen, wird dann wieder zu einem Ziel. Aber wenn Ihre Liebe zur Wahrheit da ist, dann thematisieren Sie dieses Interesse daran zu versuchen, irgendwohin zu gelangen, und erkennen es einfach an. Es wird zu einem Tanz, zu einem Spiel. Sie sagen nicht: „Wie schrecklich, daß ich ein Ziel habe.“ In dem Moment, in dem Sie das sagen, beziehen Sie schon wieder Stellung. Damit würden Sie dann sagen: „Ich stecke hier schon wieder fest.“ Das bedeutet, daß Sie nicht feststecken wollen, Sie wollen irgendwohin gelangen – Sie haben wieder eine Position bezogen.

Offenheit kann immer weitergehen, bis sie absolut wird. Wenn sie einmal absolut geworden ist, hat sie keinen Standpunkt mehr. Je größer und je tiefer diese Offenheit ist, um so kraftvoller, effektiver, vitaler und dynamischer wird unsere Inquiry und um so mehr sprengt sie die Manifestationen des Ego-Selbst. Aber wir wollen sie nicht sprengen, um irgendwohin zu gelangen, wir sprengen sie, um herauszufinden, was in ihnen ist. Wir wollen die Verpackung des Geschenks öffnen, weil wir sehen wollen, was darin ist.

Wenn wir offen sind, ist Inquiry einfach die Freude am Erforschen: Freude daran, den Weg und das Terrain der Entfaltung zu erleben. Es ist eine Untersuchung und zugleich ein Engagement in dieser Untersuchung. Dann ist sie von einer Leichtigkeit begleitet statt von der trostlosen Schwere des Versuches, irgendwohin zu gelangen. Trostlose Schwere bedeutet, daß keine Offenheit da ist. Wenn Inquiry diese Offenheit verkörpert, wird sie zu einem aufregenden Abenteuer. Sie macht Spaß. Diese Freude impliziert Nichtwissen, aber dieses Nichtwissen ist keine schwere Art von Nichtwissen mit Angst und Selbstvorwürfen. Es ist das Nichtwissen, das das Öffnen hin zum Wissen ist, das Nichtwissen, das die Barriere beseitigt – die aus der Ansammlung dessen besteht, was man weiß. Es ist wahres Nichtwissen. Es ist Unschuld.

Sie wissen, daß Sie nicht wissen, und Sie sind darüber glücklich, daß Sie auf der Reise des Herausfindens sind. Bei der Inquiry wissen Sie nicht, und Sie wissen, daß Sie nicht wissen. Aber Sie haben ein gewisses Gefühl davon, was Sie nicht wissen, und das heißt, Sie haben eine allgemeine Richtung – und das ist es, was zur Formulierung einer Frage führt. Sie haben Glück, daß Sie wissen, daß Sie nicht wissen, weil das bedeutet, daß Sie dabei sind, näher dahin zu gelangen, die Wahrheit zu wissen; und die ist der Geliebte Ihres Herzens. Die Wahrheit ist letztlich wahre Natur, und Inquiry ist nichts anderes als der Versuch der Liebe zur Wahrheit, die Fülle wahrer Natur zu enthüllen.

Wenn man einen Plan hat, dann glaubt man, daß das Mindeste, was man weiß, das ist, was passieren sollte. In diesem Fall gibt es keine wahre Offenheit mehr. Aber wenn da ein Annehmen des Nichtwissens, eine Offenheit gegenüber der Situation und eine interesselose Neugier ihr gegenüber vorhanden ist, dann wird die Inquiry ziemlich kraftvoll. Sie ist nicht nur kraftvoll, sondern sie schneidet wirksam durch Unklarheiten hindurch – und das auf eine Weise, die leicht und köstlich ist und Spaß macht.

Offenheit ist die Basis, der Boden der Inquiry, weil Offenheit die Erscheinungsweise und der Ausdruck der Tiefe unserer wahren Natur, die Tatsache ihrer totalen Leere, ihrer Leichtigkeit und ihres Mysteriums ist. Diese ureigene Freiheit, dieses vollkommene Mysterium gerade in der Tiefe unserer Seele spricht ihren liebenden Dynamismus an, damit sie sich offenbart. Aber normalerweise erleben wir das als eine fragende, eine forschende innere Haltung. Diese Offenheit und dieses Mysterium ist die Essenz der Inquiry, aber normalerweise sehen wir das nicht, weil wir von außen schauen.

Aus dieser Perspektive sehen wir die Essenz der Inquiry als die Aktivität des Fragens, des Infragestellens. Aber je mehr wir in die Erfahrung hineingehen und je tiefer die Inquiry wird, dest deutlicher begegnet ihr fragender Kern der ursprünglichen Offenheit und Leichtigkeit und wir erkennen, daß sie eins sind und immer eins waren. Inquiry vereint schließlich die Seele mit ihrer essentiellen Heimat – mit ihrer absoluten Natur –, und zwar durch die Brücke der Offenheit.

Wie gesagt, wenn wir an wahrer Inquiry interessiert sind, wenn wir wirklich herausfinden wollen, was Realität ist, dann müssen wir beim Nichtwissen anfangen. Wir können nicht mit einem festen Standpunkt, einer festgelegten Vorliebe oder einer Annahme über das beginnen, was wir finden werden, was geschehen wird, was wir tun werden und wo wir schließlich landen werden.

Dies ist ein wichtiges und auffallendes Merkmal wahrer Inquiry. In dem Augenblick, in dem wir etwas Bestimmtes erreichen wollen, wie: „Was ich tun muß ist, mich endlich mit Gott zu vereinigen“ oder „Ich will Erleuchtung erlangen, und das ist die Leere aller Dinge“ oder „Ich werde daran arbeiten, mich von Leiden zu befreien“, haben wir schon eine im vorhinein festlegte Bestimmung, ein Ziel. Dieses Ziel – allein aufgrund der Natur der Tatsache, ein Ziel zu haben – wird unsere Inquiry einschränken. Es wird uns zwingen, in diese Richtung zu gehen und nicht in jene, denn wir haben schon entschieden, wohin wir gehen werden, und damit legen wir schon die Richtung unserer Inquiry fest.

Offenheit bedeutet also, daß wir beim Diamond Approach mit vielen traditionellen Lehren nicht einer Meinung sind, die einen bestimmten Endzustand zum Ziel setzen. Da es für die Perspektive von Inquiry und Untersuchung wesentlich ist, daß wir nicht mit der Annahme eines Ziels beginnen, wollen wir herausfinden, ob es so etwas wie ein letztes spirituelles Ziel überhaupt gibt. Wir wollen herausfinden, ob es möglich ist, aus der Perspektive eines bestimmten Zustandes oder einer bestimmten Realisierung als Ziel auch nur zu denken. Es gibt womöglich gar kein solches Ziel, und wenn es doch eines geben sollte, wollen wir das auf jeden Fall herausfinden. Aber wir beginnen nicht damit, daß wir sagen, es gäbe ein Ziel, und das sei das und das und wir würden dahin gehen und müßten das und das tun, um dahin zu gelangen. Wenn man einen Endzustand als Ziel ansetzt, dann ist das eindeutig eine gültige Weise, die innere Arbeit zu tun, aber das ist nicht der Weg der Inquiry.

Bei diesem Ansatz haben wir keine Landkarte, die uns sagt, wir sollten von hier nach da gehen; wir entscheiden uns also nicht für eine bestimmte Route, von der wir meinen, daß sie uns irgendwohin führen würde, wohin wir wollen. Vielmehr betrachten wir das Feld der Erfahrung, in dem wir uns in diesem Moment befinden, und erkennen die Richtung, die aus unserer Erfahrung auftaucht, und folgen dieser dann. Dann wird unsere Inquiry von dem geleitet, was in diesem Moment geschieht, und nicht von irgendeinem Ziel in der Zukunft, von dem wir glauben, daß wir zu ihm gelangen würden.

Das macht die Reise wirklich spannend. Man weiß nie, was der nächste Schritt sein wird. Man weiß nie, wo man landen wird – man kann in den Fluß plumpsen oder entdecken, daß man im Mittelpunkt der Erde gefangen ist. Man weiß es nicht. Es kann Angst machen, aber es kann auch ziemlich aufregend sein. Nicht jeder hat das Herz oder die Konstitution für diese Art Abenteuer.

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