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Unbegrenzte Inquiry

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Etwas Wunderbares an der Inquiry ist, daß man alles untersuchen kann, sogar die Inquiry selbst. Man kann an keiner Bindung festhalten, wenn man eine Inquiry macht, man kann in keine Klemme geraten, denn jede Klemme, in die man gerät, kann untersucht werden. Es gehört zum Wesen der Inquiry, daß ihr nichts entgehen kann. Man kann nicht sagen, daß die Inquiry einen an die Wand drückt und in eine ausweglose Situation bringt, weil man in dem Moment, in dem man sich ohne Ausweg fühlt, fragen kann: „Warum fühle ich mich ausweglos? Worin besteht diese Ausweglosigkeit?“ Man kann immer eine Frage stellen. Es gibt eine unendliche Zahl von Fragen, denn das Mysterium ist unerschöpflich.

Wir haben gesehen, daß Inquiry ein dynamisches Engagement ist, das offen sein und einen offenen Ausgang haben muß, von Minute zu Minute, von Augenblick zu Augenblick. Das bedeutet, daß man in keinem Moment der Inquiry an die Erfahrung herangehen kann, indem man sie zu verändern versucht. Wenn man das tut, ist es keine Inquiry, dann ist es etwas anderes. Wenn man will, daß die Inquiry in die eigene Erfahrung wirksam ist, wird man sie so lassen müssen, wie sie ist – genau so, wie sie ist. Sonst ist das, was man erforscht, nicht die eigene Erfahrung, sondern etwas, das manipuliert wurde.

Eine Inquiry verlangt also diese Abwesenheit von Begrenzung, diese Offenheit, nicht nur im Hinblick auf ein Ziel, sondern auch hinsichtlich des Prozesses selbst. Angenommen, man empfindet ein bestimmtes Gefühl. Wenn man es wirklich untersuchen will, kann man das nicht tun, wenn man versucht, es zu verändern. Wenn man zum Beispiel ärgerlich ist, kann man diesen Ärger nicht erforschen, wenn man den Ärger weghaben oder weniger oder mehr ärgerlich sein möchte. Wenn man den Ärger wirklich erforschen will, dann muß man ihn so belassen, wie er ist, und dann kann man ihn untersuchen.

Ferner bedeutet die Unbegrenztheit der Inquiry, daß man zur Inquiry alles benutzen kann: den Verstand, das Herz, alle Fähigkeiten oder Mittel, die man hat, alle Techniken, die einem zur Verfügung stehen, welche auch immer. Es gibt keine Einschränkung. Wenn man sagt: „Ich kann nur etwas erforschen, wenn ich meinen Verstand benutze“, dann versieht man den Prozeß mit einer Einschränkung. In dem Moment, in dem man das tut, ist diese Einschränkung nicht dafür offen, Gegenstand der Inquiry zu werden. Und wenn diese Einschränkung nicht offen für die Inquiry ist, ist die Inquiry selbst begrenzt. In dem Moment, in dem man irgendwo eine Grenze setzt, schränkt diese Grenze die Inquiry ein.

Man könnte denken: „Ich kann nur meine unmittelbare Erfahrung untersuchen.“ Auch damit setzt man eine Grenze, die man dann nicht forschen oder über die hinaus man dann nicht erforschen kann. Aber sie ist künstlich, weil wir alles erforschen können. Wir können unsere mentale Erfahrung erforschen. Wir können unsere emotionale Erfahrung, unsere körperliche, unsere spirituelle Erfahrung erforschen. Wir können unser Denken und unsere Denkprozesse erforschen. Wir können unseren Körper und unsere Physiologie erforschen. Wir können unser Handeln und unsere Interaktionen, unseren Lebensstil und unsere Überzeugungen und Annahmen, unsere Ängste und unsere Interessen erforschen. Wir können Energie und Materie, Kreativität und Stabilität erforschen. Es gibt keine Grenze für das, was wir erforschen können.

Wenn man zum Beispiel einer bestimmten Religion angehört, kann es sein, daß man davon abgehalten wird, bestimmte Dinge in Frage zu stellen – oder es wird einem sogar verboten, bestimmte Fragen zu stellen. Vielleicht kann man nicht danach fragen, was Gott ist, oder man kann keine Fragen über Christus stellen und ihnen nachgehen oder man kann nicht fragen, ob Buddhas Erleuchtung irgendwelche Grenzen hatte. Das bedeutet, daß es um das Stellen von Fragen eine Grenze gibt. Bestimmte Bereiche der Inquiry sind blockiert. Und diese Begrenztheit schränkt die Möglichkeiten von Kreativität und Entfaltung ein. Wahre Inquiry muß deshalb also absolut bilderstürmerisch sein. Sie muß in der Lage sein, jeden Glauben, jede Einstellung, jede Erfahrung, jede Annahme, alles Wissen, alles und jeden zu erforschen und in Frage zustellen.

Wir sehen, wie auch immer wir das Wesen der Inquiry betrachten, daß sie offen sein muß. Wenn man etwas erforscht, dann öffnet man es, man deckt es auf. Gewöhnliche Erfahrung steckt sozusagen in einer Verpackung. Um sie zu erforschen, öffnet man die Verpackung, man entfernt die Schleier, die verhindern, daß man sehen kann, was da ist. Das Wesen der Inquiry ist also ein Prozeß des Öffnens, und was man öffnet, sind Grenzen, Beschränkungen, Einstellungen, Glaubensinhalte – jeden Standpunkt, den man vielleicht dem gegenüber einnimmt, was man gerade erfährt.

Mit anderen Worten, wir können sagen, daß Inquiry ein Prozeß ist, in dem man immer und immer wieder öffnet, endlos und frei. Und sie öffnet von jedem Ort, aus jeder Richtung, von jeder Ebene, von jedem Standpunkt aus. Wenn man wirklich ohne Einschränkung dadurch, wie weit und wie schnell man gehen kann, in sein eigenes Abenteuer eintauchen will, dann muß die Offenheit total und absolut sein. In dem Moment, in dem man die Offenheit begrenzt, hat man die Menge der Energie begrenzt, die für die Reise zur Verfügung steht. Deshalb muß das Ende des Prozesses in jeder Hinsicht offen sein: im Hinblick darauf, wie man vorgeht, was man erforscht und wohin die Reise einen bringt. Jede Einschränkung muß in Frage gestellt werden, oder man muß wenigstens bereit sein, sie in Frage zu stellen.

Es ist offensichtlich, wie aufregend Inquiry sein kann, wenn man die Haltung hat, daß alles in Frage gestellt werden kann. Man kann die banalste Erfahrung nehmen und sie „öffnen“. Damit man etwas erforscht, muß es nicht irgend etwas Besonderes für einen sein. Alles wird neu und zeigt sich in einem neuen Licht. Dieses Öffnen hat einen Aspekt des Neuen, etwas von Frische, von Offenbarung, wie ein Baby, das eben auf die Welt gekommen ist. Alles, worauf man stößt, sieht man wie zum ersten Mal.

Ich bin gefragt worden: „Was passiert, wenn ich zu vollständiger Stille gelange und mein Denken aufgehört hat und ich nichts erforschen möchte?“ Wenn mir jemand so eine Frage stellt, sage ich: „Ist es nicht interessant, daß Du mir eine Frage stellst? Was tust Du, wenn Du mir eine Frage stellst? Du weist schon auf die Möglichkeit hin, etwas zu erforschen, während Du Dich in diesem Zustand befindest: „Was soll ich tun, es lassen oder nicht?“ Wenn Du merkst, daß Du in irgendeiner Weise Deine Situation anschaust, beginnt dieses Anschauen schon die Inquiry.

Inquiry kann es auch im Zustand der Stille geben, wenn das Denken ganz aufgehört hat. Wir gehen davon aus, daß es in diesem Zustand keine Möglichkeit zur Inquiry gibt, aber das trifft nicht zu, weil Inquiry nicht verbal sein muß. Man denkt vielleicht, man müßte mit Worten Fragen stellen, aber wenn man das sagt, hat man im Hinblick darauf, wie eine Inquiry vonstatten gehen kann, schon eine Grenze gesetzt. Vielleicht kann Inquiry auf andere Weisen vor sich gehen. Vielleicht gibt es Neugier ohne Worte, ohne Denken. Sogar der Zustand der Stille, in dem es kein Denken gibt, kann dann also eine forschende Qualität haben. Es gibt keine Grenzen.

Die Tatsache, daß die Erfahrung weitergeht, zeigt, daß es unendliche Möglichkeiten für Inquiry gibt. Unabhängig davon, wie tief und erleuchtet die eigene Erfahrung ist, ist es möglich, weiterzugehen, ist es möglich, daß die Erfahrung sich weiter öffnet. Wenn wir diese Tatsache anerkennen, kann Inquiry uns eine innere Energie bringen, die ein Gefühl von tiefer und erregender Frische birgt, als wäre unser Blut nukleare Energie, die sich bewegt und vor Lebendigkeit strotzt, vor Tatkraft platzt. Diese Tatkraft hat hier nichts mit Anstrengung zu tun, sondern ist Bewegung – eine unerbittliche, kraftvolle Bewegung, ein Entfalten. Das Sein öffnet sich dann immer mit Kraft, mit Energie, mit Stärke, mit Intelligenz und mit Behutsamkeit. Manchmal ist dieses Öffnen zart, manchmal langsam, manchmal schnell, manchmal wie ein Ausbruch, manchmal still.

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