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a) Vertragsschluss mit Inhalt nach § 433 (ggf. i.V.m. § 453)
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Die Entstehung des Anspruchs gem. § 433 Abs. 2 erfordert zunächst den Abschluss eines Kaufvertrages mit den in § 433 bzw. § 453 typisierten Hauptleistungspflichten. Die vertragstypische Hauptleistungspflicht des Käufers besteht gem. § 433 Abs. 2 in der Zahlung des Kaufpreises. Besteht das Entgelt hingegen ebenfalls in einer Sachleistung liegt kein Kauf, sondern Tausch vor (§ 480).
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Der Kaufpreis muss bei Vertragsschluss der Höhe nach nicht unbedingt in bezifferter Höhe feststehen. Es genügt, wenn sich seine Höhe nach den Erklärungen der Parteien bestimmen lässt.
Beispiel
„Powerseller“ V stellt auf der „Auktionsplattform“ von „eBay“ eine CD zum Mindestgebot von 1 € zum Verkauf ein und bestimmt einen „Auktionszeitraum“ von 7 Tagen. Nach den Allgemeinen Teilnahmebedingungen erklärt V vorab die Annahme des wirksam innerhalb des „Auktionszeitraumes“ abgegebenen Höchstgebotes.
Sowohl der Kaufvertragspartner als auch die Höhe des Kaufpreises ergeben sich aus der Erklärung des V noch nicht. Beide Punkte werden aber durch das Höchstgebot bestimmt, auf das die Erklärung des V verbindlich (vorab) Bezug nimmt. Ein Kaufvertrag kommt damit mit Zugang des Höchstgebots mit dem Höchstbietenden und dem Preis des Höchstgebots zustande.[1]
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Nach § 433 Abs. 2 schuldet der Käufer beim Sachkauf außerdem noch die Abnahme der gekauften Sache.
Abnahme bedeutet die Übernahme des unmittelbaren Besitzes (§ 854).[2]
Die Abnahme ist in der Regel Nebenleistungspflicht des Käufers und steht deshalb mit der Hauptleistungspflicht des Verkäufers nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis. Der Verkäufer verkauft schließlich, um sein Geld zu verdienen und nicht um die Sache abgenommen zu bekommen. § 320 findet daher grundsätzlich keine Anwendung. Ausdrücklich oder konkludent kann die Abnahme natürlich zur Hauptleistungspflicht erhoben werden, beispielsweise beim Verkauf leicht verderblicher Ware.[3]
Allerdings haben diese Unterscheidungen keine große Bedeutung mehr. Zur Bestimmung der Rechtsfolgen bei Verzögerung der Abnahme kommt Allgemeines Schuldrecht zur Anwendung, egal ob es sich um eine Haupt- oder Nebenleistungspflicht handelt. Für die Anwendung der §§ 280 ff. ergibt sich dies unproblematisch aus dem Gesetz. Trotz der Stellung des Rücktrittsrechts aus § 323 im Titel über den „gegenseitigen Vertrag“ erfordert aber auch diese Vorschrift nicht, dass eine im Synallagma stehende Hauptleistungspflicht verletzt sein müsste.[4]
Hinweis
Unterlässt der Käufer die geschuldete Abnahme, liegt unter den weiteren Voraussetzungen des § 286 Schuldnerverzug vor. Außerdem kann der Käufer nach den §§ 295 ff. in Annahmeverzug[5] bezüglich der vom Verkäufer geschuldeten Lieferung gem. § 433 Abs. 1 geraten.
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Je nach Vereinbarung können den Käufer weitere Nebenleistungspflichten treffen. Das Gesetz sieht in §§ 446 S. 2, 448 eine Kostentragungspflicht des Käufers für verschiedene Positionen vor.
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Besonderheiten sind zu berücksichtigen, wenn der Vertrag nach § 151[6] zustande gekommen sein könnte. Bringt der Empfänger eines Vertragsangebots durch sein Verhalten aus objektiver Sicht seinen Annahmewillen zum Ausdruck,[7] kommt der Vertrag dadurch nach § 151 zustande, wenn eine Annahmeerklärung gegenüber dem Empfänger (und Zugang bei diesem) nach der Verkehrssitte nicht erwartet wird oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Im Fall des § 241a Abs. 1 kann dadurch ein Vertrag aber ausnahmsweise nicht zustande kommen.
Beispiel
Händler V schickt dem K unaufgefordert eine elektrische Zahnbürste, die V in einem Begleitschreiben als „Messeneuheit“ deklariert und dem K als „sauberes Schnäppchen“ für 69,90 € anbietet. Weiter führt V aus, dass er von einem Einverständnis des K ausgehe, wenn er von diesem binnen 14 Tagen nichts höre. K brauche also nichts weiter zu veranlassen. K ist neugierig und probiert die Zahnbürste sofort mehrere Tage begeistert aus. Nach einer Woche ist ihm die Sache aber zu lästig. Zu einer jetzt anstehenden Geschäftsreise bricht K deshalb mit seiner konventionellen Handbürste auf. Nach 14 Tagen kehrt K zurück findet in seinem Briefkasten eine Rechnung des V vor.
Hier könnte ein Kaufvertrag dadurch zwischen V und K zustande gekommen sein, dass K das Angebot des V nach § 151 angenommen hat. V hatte ausdrücklich auf den Zugang einer Annahmeerklärung verzichtet, so dass es für den Vertragsschluss eigentlich genügt, wenn K durch sein Verhalten objektiv eine Annahme des Angebots zum Ausdruck bringt, ohne dass diese Erklärung gegenüber dem V abgegeben werden und diesem zugehen müsste. Eine solche Betätigung des Annahmewillens liegt hier vor, da eine mehrtägige Nutzung bei objektiver Betrachtung (§ 133) nicht mehr als Test, sondern als Einverständnis mit dem Kauf zu verstehen ist. Erst durch den Kaufvertrag erhält K den Rechtsgrund für die von ihm zu diesem Zeitpunkt offenbar beabsichtigte dauerhafte Nutzung der Sache. Ein insgeheimer Willensvorbehalt wäre nach § 116 S. 1 unbeachtlich.
Wenn jemand einer Person ohne eine dieser Person zurechenbare Aufforderung (invitatio oder verbindliche Bestellung) eine Sache zusendet und die Zusendung mit einem Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages verbindet, kann unter den Voraussetzungen des § 241a kein Kaufvertrag über § 151 zustande kommen. Handelt der Anbietende bei – unterstelltem – Vertragsschluss[8] als Unternehmer (§ 14) und der Empfänger als Verbraucher (§ 13) wird nach § 241a „ein Anspruch gegen diesen“ (= Verbraucher) nicht begründet. Dies bedeutet, dass nur eine gegenüber dem Absender abgegebene und diesem zugegangene Annahmeerklärung einen Vertrag zustande bringt. § 151 kann in einem solchen Fall nicht zum Vertragsschluss führen.[9] Im Beispiel ist daher trotz des Gebrauches der Zahnbürste noch kein Kaufvertrag zustande gekommen.
Hinweis
Ob die Zahlung des Verbrauchers als konkludente Annahme den Vertrag zustande bringt, ist im Einzelnen umstritten: Die wohl überwiegende Auffassung bejaht dies.[10] Zahlt der Verbraucher, weil er sich bereits für verpflichtet hält, fehlt ihm allerdings das Erklärungsbewusstsein für eine Annahmeerklärung: Er kann dann nach der Lehre vom „potentiellen Erklärungsbewusstsein“ nach § 119 Abs. 1 anfechten.[11]
Umstritten ist weiter, ob die Lieferung einer anderen als der verkauften Sache (aliud-Lieferung) in den Anwendungsbereich des § 241a fällt. Da die Vorschrift den Verbraucher vor belästigenden und wegen ihres Überrumpelungscharakters wettbewerbswidrigen Vertriebsformen schützen will, scheidet eine aliud-Lieferung nach vorzugswürdiger Ansicht aus dem Anwendungsbereich des § 241a aus: Immerhin haben die Parteien dann ja einen Vertrag im Vorfeld, also vor der Lieferung geschlossen, so dass dem Verkäufer nicht der Vorwurf eines wettbewerbswidrigen Überlistens zum Vertragsschluss gemacht werden kann.[12] Im Übrigen käme dann der Abgrenzung zwischen Beschaffenheitsfehler und aliud eine entscheidende Bedeutung zu, was der Gesetzgeber mit § 434 Abs. 3 aber gerade vermeiden wollte.