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a) Europapolitische Weichenstellungen

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Die Europapolitik war seit der 1. Legislaturperiode ein zentrales Element der politischen Debatte. Die Bundesrepublik hatte zwar an der Gründung des Europarats, dessen Satzung bereits am 5. Mai 1949 unterzeichnet wurde, noch nicht mitwirken können,[47] doch war sie an Verhandlungen über die Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) auf der Grundlage des Schuman-Plans[48] von Anfang an maßgeblich beteiligt.[49] Dabei traten innerhalb der politischen Kräfte der Bundesrepublik die unterschiedlichen europapolitischen Vorstellungen zu Tage. Während die CDU, insbesondere in der Person von Konrad Adenauer, der Westintegration der Bundesrepublik Vorrang einräumte, vertrat die SPD mit ihrem Vorsitzenden Kurt Schumacher das Ziel, Europa auf breiter Basis als dritte Kraft zwischen den USA und der Sowjetunion zu etablieren und so die Wiedervereinigung Deutschlands zu erreichen. In der EGKS erblickten sie eine rein westeuropäische Lösung, die die Spaltung Deutschlands vertiefen würde.[50] Carlo Schmid, der den Schuman-Plan zunächst begrüßt hatte, bemängelte, dass das Vereinigte Königreich, dessen Regierung seinerzeit von der Labour-Partei gestellt wurde, und die skandinavischen Staaten der Gemeinschaft nicht angehören würden.[51]

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Das Vertragsgesetz über die Mitwirkung der Bundesrepublik an der EGKS, das noch vor Unterzeichnung des Vertrags mit den drei Westmächten über die Aufhebung des Besatzungsregimes (Deutschlandvertrag)[52] im Bundestag beraten wurde, konnte im Ergebnis auch gegen die Stimmen der SPD beschlossen werden,[53] da Art. 24 Abs. 1 GG lediglich ein einfaches Gesetz fordert, mithin eine verfassungsändernde Mehrheit nicht erforderlich war. Mit Beginn des Funktionierens der EGKS beendete die im Jahre 1949 von den Westalliierten und den Beneluxstaaten errichtete Internationale Ruhrbehörde, deren Errichtung im Parlamentarischen Rat gerade bei den „Europäern“ aller Parteien auf heftige Kritik gestoßen war,[54] ihre Arbeit.[55]

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Die parteipolitischen Auseinandersetzungen über die Europapolitik hielten an, so etwa auch bei der Debatte über die (letztlich gescheiterte) Europäische Verteidigungsgemeinschaft. Ein breiterer Konsens konnte erst bei der Entscheidung über die Römischen Verträge erreicht werden: Für den Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und den Vertrag über die Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG),[56] die am 25. März 1957 unterzeichnet wurden, stimmte schließlich auch die Mehrheit der SPD-Abgeordneten. Vorbehalte hatte es zunächst ebenso in der CDU gegeben, so namentlich bei Ludwig Erhard, der eine Beeinträchtigung der Marktwirtschaft und des Freihandels (im Verhältnis zu Drittstaaten) durch Dirigismus und Abschottung der Gemeinschaft befürchtete.[57] Der Einfluss Jean Monnets, der mit seinem „Aktionskomitee für die Vereinigten Staaten von Europa“ einen informellen, parteiübergreifendenden Diskussionskreis maßgeblicher europäischer Politiker über Ziele und Wege der europäischen Integration etabliert hatte,[58] spielte für die Erlangung dieses weit reichenden Konsenses eine wichtige Rolle.[59]

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