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cc) Bundesstaatsprinzip

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Da der Bund auch Hoheitsrechte übertragen darf, die innerstaatlich Kompetenzen der Länder betreffen, zieht die insofern „länderblinde“ Kompetenzerweiterung der Europäischen Gemeinschaft/Union in der Regel auch Kompetenzeinbußen der Länder nach sich. Die Länder haben sich daher früh über eine Einengung ihrer Gesetzgebungsbefugnisse beklagt, die wegen der Ausschöpfung der konkurrierenden Zuständigkeiten durch den Bundesgesetzgeber ohnehin begrenzt sind.[83] Wenn weitergehend ein drohender Verlust ihrer Eigenstaatlichkeit geltend gemacht wird, so wird damit auf einen möglichen Konflikt mit Art. 79 Abs. 3 GG abgehoben, der die Gliederung des Bundes in Länder und – in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG – das Bundesstaatsprinzip für nicht abänderbar erklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss den Ländern ein „Kern eigener Aufgaben als ‚Hausgut‘ unentziehbar“ verbleiben,[84] wobei das Gericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 1992 offen ließ, ob dies nur im Verhältnis zum Bund oder auch bei Kompetenzübertragungen auf die Europäische Gemeinschaft gelten soll.[85] Diese Frage wurde bald darauf durch den in das Grundgesetz eingefügten neuen Art. 23 GG explizit im letzteren Sinne beantwortet.

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Die Länder versuchten früh, zur Kompensation ihrer Kompetenzverluste stärker an der Willensbildung in Angelegenheiten der Europäischen Gemeinschaften beteiligt zu werden. Bereits das Zustimmungsgesetz zu den Römischen Verträgen von 1957[86] hatte die Verpflichtung der Bundesregierung statuiert, nicht nur den Bundestag, sondern auch den Bundesrat (und auf diesem Wege die Landesregierungen) über die Entwicklungen im Rat der Wirtschaftsgemeinschaft und im Rat der Atomgemeinschaft laufend zu unterrichten. Gesteigerte Beteiligungsrechte des Bundesrates sah das Zustimmungsgesetz zur Einheitlichen Europäischen Akte von 1986 (EEA) vor,[87] mit der die Weichen für die Weiterentwicklung der Gemeinschaften und der Europäischen Politischen Zusammenarbeit zu einer Europäischen Union gestellt wurden. Da auch dieses Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedurfte, konnten die Länder ihre Forderungen im Wesentlichen durchsetzen. In dem Gesetz wurde nunmehr auch die Verpflichtung der Bundesregierung festgelegt, Stellungnahmen des Bundesrates zu Vorhaben der Europäischen Gemeinschaften, welche die Interessen der Länder berühren, bei den Verhandlungen zu berücksichtigen und, soweit es um Stellungnahmen geht, die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betreffen, davon nur „aus unabweisbaren außen- und integrationspolitischen Gründen“ abzuweichen.[88] Da das Zustimmungsgesetz zur EEA Rechtsbeziehungen zwischen Verfassungsorganen regelte, konnte es ohne Grundgesetzänderung nur dann als verfassungsmäßig qualifiziert werden, wenn man in ihm eine zutreffende Konkretisierung der Pflichten erblickte, die sich aus den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Bundestreue oder der Organtreue ergeben.[89] Auch hinsichtlich der Beteiligungsrechte der Länder durch den Bundesrat brachte der 1992 in das Grundgesetz eingefügte neue Art. 23 GG bald eine explizite Regelung.

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