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Urlaubsstimmung und Training

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Einen weiteren kostbaren Ferienmorgen verbrachten die Gäste vom Chateau d`Aigle mit Schwimmen, Boule* spielen und Essen. Im Laufe des Vormittags verzogen Ben und John sich in eine Ecke des Parks, um die Elementemagie zu trainieren.

Inzwischen beherrschte Ben das Feuer, es bereitete ihm Spaß, es mit seinen Händen zu locken und er genoss dessen Hitze. Immer wieder faszinierte es ihn, dass die Flammen ihn nicht verbrannten, sondern ihm ein wohliges Gefühl schenkten.

Ben bewarf John mit Feuerbällen und der versuchte, sie mit seinen Armen zu blocken, versengte sich jedoch die Haut. Daraufhin sammelte John mehrere dicke Steine und legte sie vor sich hin. „Komm, schmeiß noch mal ein paar Feuerbälle rüber, dieses Mal werde ich sie mit den Steinen aus der Bahn werfen“, schlug er vor.

„Okay.“ Ben donnerte John die Feuerbälle um die Ohren, der jetzt die Steine benutzte, um das Feuer aus seiner Flugbahn zu katapultieren. Nun gelang die Abwehr besser. Nachdem sie noch verschiedene Manöver durchprobiert hatten, gesellten sie sich wieder zu den anderen und vertrödelten den restlichen Vormittag.

Bei einem seiner Rundgänge durch das Schloss hatte Ben eine Gitarre entdeckt und Magor hatte nichts dagegen, dass er sie benutzte. Ben setzte sich mit Nala in den Schatten einer Palme, und sie sang zu seinem Gitarrenspiel. Ihre Stimme war voller Volumen, mit einer enormen Bandbreite und viel Gefühl.

Nachdem sie ihr gesamtes Repertoire zum Besten gegeben hatten, interessierte Ben sich für Nalas Kindheit und ihre Zeit in Afrika. Ihr Gesicht verschloss sich und Ben fühlte sich an Emma erinnert, die bei manchen Themen auch dicht machte.

Zunächst schwieg Ben, dann tastete er sich vorsichtig heran: „Ich frage dich nicht aus purer Neugier, aber wenn wir für die vier Elemente der Prophezeiung stehen, dann sollten wir uns vertrauen und möglichst viel voneinander wissen. Wir dürfen keine Geheimnisse voreinander haben.“

Mit einem abschätzenden Blick sah Nala ihn an, schließlich stimmte sie zu: „Du hast Recht. Wenn wir tatsächlich die vier Elemente sind und gemeinsam den Kampf gegen die Mächte der Finsternis aufnehmen, müssen wir uns besser kennen. Manchmal ist es wichtig, zu wissen, wie der andere denkt und warum er so ist, wie er ist. Deshalb erzähle ich dir ein wenig von mir.

Geboren bin ich mitten in Afrika in einem sehr kleinen Dorf. Ursprünglich hatte ich insgesamt sechs ältere Geschwister und drei Jüngere. Zumindest zum Zeitpunkt meiner Flucht. Von den Älteren waren drei Mädchen, die aber alle gestorben sind.“

Tränen traten in Nalas Augen und sie konnte nicht weiter sprechen. Geduldig wartete Ben darauf, dass sie weitersprach.

Nala riss sich zusammen und fuhr fort: „Es gibt in Afrika Rituale, durch die erschreckend viele Mädchen elendig sterben. Glücklicherweise sind diese Rituale hier in Europa verboten. Ich wollte mir das ersparen und bin deshalb geflohen. Mein Körper gehört mir.“

Ben verstand nicht so richtig, was sie meinte und wollte gerade nachfragen, als Nala ihn daran hinderte: „Bitte, frag jetzt nicht! Lass es so stehen und hör weiter zu, über manche Dinge kann ich nicht reden. Schau im Internet unter Beschneidung* nach.“

Ihr energischer Tonfall und ihre blitzenden Augen hinderten Ben daran, nachzuhaken und Nala erzählte weiter: „Nachdem ich weggelaufen war, schlug ich mich lange Zeit alleine durch, gequält von Hunger und Einsamkeit. Immerzu war ich auf der Flucht. Vor meiner Familie und auch Fremden, die ich vor lauter Hunger bestohlen hatte. In dieser Zeit bin ich vielen bösen Menschen begegnet und die Angst war mein ständiger Begleiter, bis Komor mich aufgesammelt hat. Hätte er mich nicht gefunden, wäre ich schon lange tot. Reicht dir das als Erklärung?“

Ben konnte nur stumm nicken und schämte sich. Was für eine Kindheit! Worüber er sich noch bis vor kurzem Sorgen und Gedanken gemacht hatte, erschien ihm geradezu lächerlich dagegen.

Innerlich aufgewühlt funkelte Nala ihn an, bei diesem Thema kochte sie jedes Mal hoch. Doch sein betroffenes Gesicht stimmte sie milder. Für ihre Vergangenheit konnte Ben nichts, deshalb legte sie ihm versöhnlich eine Hand auf die Schulter. „Die Wut auf meine Familie brodelt in mir, aber ich hab sie unter Kontrolle.“

Die Schwere des Moments wurde durch die Ankunft von John und Emma aufgehoben. Ben musterte die beiden aus zusammengekniffenen Augen und sein Magen krampfte sich kurz zusammen. Wo kamen die beiden jetzt schon wieder her? Er wollte es lieber gar nicht wissen. Schnell schüttelte er das Unwohlsein ab und widmete sich seiner Gitarre. Summend griff er verschiedene Akkorde und wiederholte immer wieder eine Melodie. Wie von selbst entstand ein Text in seinem Kopf:

„There are four fighters against the darkness,

four people against the death.“

„Das hört sich super an!“, begeisterte sich Emma.

Ben freute sich über ihr Lob und probierte weiter an der wehmütigen Melodie herum. Weitere Worte formten sich zu Sätzen:

„Four elements to win the battle,

four heartbeats seem to be as one.“

Nala lobte: „Das gefällt mir.“

Zusammen sangen sie die vier Zeilen und ihre Stimmen verschmolzen miteinander. Begeistert feilten sie weiter an Text und Melodie.

Auf dem Balkon seines Schlafzimmers stand Magor und beobachtete fasziniert die jeweilige Aura der vier Elemente. Damals, im Lager der gestrandeten Kinder, hatten deren vier Auraströme sich schon einmal verbunden, waren aber ein wirres Durcheinander geblieben. Jetzt dagegen leuchteten die Farben kräftiger, vier einzelne Bänder bildeten und verflochten sich zu einem starken, gemeinsamen Strang.

Zufrieden murmelte Magor: „Sie wachsen zusammen.“

Nach dem Mittagsimbiss trainierten die vier Elemente erneut mit Magor. Gestern war vieles noch Theorie gewesen, jetzt folgte die Praxis im Freien. Sie trafen sich in der großzügigen Parkanlage in einer verborgenen Ecke, die als Trainingsarena diente. Die vier Elemente standen nebeneinander, Magor vor ihnen, Spannung lag in der Luft. Die Gesichter der Freunde zeigten volle Konzentration. Der Zauberer hob die Arme und die Luft begann vor Magie zu knistern.

Wind kam auf und wehte ihnen zunächst schmeichelnd um den Körper. Magor veränderte ein klein wenig die Handstellung und die Brise nahm an Stärke zu. Nun drehte der Magier seine Hände in einer Rotation und die Luftbewegung wurde zur Windhose, die Nala angreifen und mitreißen wollte.

„Wehr dich!“, schrie Magor.

Nala hob die Hände und versuchte, ihr Element zu bändigen. Ein Kampf wurde entfesselt, der Sturm wütete und wurde immer aggressiver, aber Nala gab nicht nach. Mit ihrer ganzen Macht und ihrem starken Willen zwang sie den Wind in die Knie und schließlich gehorchte er ihr. Magor strahlte über das ganze Gesicht und fragte: „Wer stellt sich als Opfer zur Verfügung? Er soll sich Nalas Windkraft entgegenstellen.“

Da keiner sonst es wollte, meldete sich John: „Ich mach es. Na, dann los, Nala!“ Auffordernd grinste er.

Statt einer Antwort bombardierte Nala John mit einer starken Windböe, die ihn fast umwarf. Abwehrend hob er seine Hände und die Grasfläche um ihn herum platzte auf, um eine braune Welle aus Erde freizugeben. Die Woge brandete auf Nala zu und ihr Wind hielt dagegen. Die beiden Kräfte wirkten gegeneinander, keine gab nach. John machte eine kleine Geste und die umstehenden Bäume gerieten in Bewegung. Ihre Äste schlugen wild um sich und Magor, Ben und Emma sprangen aus der Gefahrenzone.

Nala wurde von den Ästen ergriffen, eingewickelt und hoch gehoben. Der Sturm heulte auf und traf mit Gewalt auf die Bäume, sie bogen sich im Wind und schwankten bedenklich hin und her, waren kurz vor dem Entwurzeln...

Interrumpirse! Calma detaxa karra!“, schrie Magor gegen den Sturm an. Abrupt herrschte absolute Stille und sämtliche Elemente brachen in sich zusammen.

Nala fiel zu Boden und fluchte lautstark. Fassungslos starrten Emma und Ben auf das angerichtete Chaos. Der schöne Garten war ruiniert. Schuldbewusst sah John sich um und überlegte, wie er den angerichteten Schaden wieder gut machen konnte.

Deraxa inverse todos terraxa y ven ta!“ Sofort gerieten Erde, Bäume und Gras in Bewegung und fügten sich zusammen, der ursprüngliche Zustand war halbwegs wieder hergestellt.

Magor richtete seinen Blick auf Nala und John.

„Das war gut.“ Ein großes Lob von Magor. Vor Stolz glühten Nalas Wangen, John freute sich verhaltener.

„Nun zu euch beiden.“ Magor nahm Ben und Emma ins Visier. Emma zuckte zurück, Ben schluckte.

„Das ist doch nur eine Übung. Und ihr müsst üben“, beschwichtigte der Magier.

„Ich will Ben aber nicht weh tun“, sagte Emma trotzig. Ben legte den Arm schützend um Emma und zog sie näher an sich heran. „Ich kämpfe nicht gegen Emma.“ Fest sah Ben Magor in die Augen.

Der Magier blieb gelassen. „Ihr sollt euch nicht umbringen, sondern nur trainieren. Ihr fangt langsam an und steigert dann Tempo und Druck, so dass der andere folgen kann und nichts passieren wird. Ben, erzeuge das Feuer, wie du es gestern gelernt hast.“

Dieser nickte und sammelte seine Gedanken, ließ sein ganzes Bewusstsein in die Fingerspitzen fließen. Ein zartes Prickeln durchströmte seine Finger. Dieses Gefühl kannte Ben, er war auf dem richtigen Weg.

In der Zwischenzeit blickte Emma sich um und bemerkte den kleinen Bach, der die abgeschiedene Ecke streifte. Dieses Wasser würde sie einsetzen, und sie verband ihr Inneres mit den einzelnen Wassertropfen, rief sie, bat sie, zu kommen. Das Wasser antwortete, reagierte, bewegte sich in ihre Richtung, bog sich hoch, sammelte sich und rollte als aufgebäumte Woge in ihre Richtung.

An Bens Fingerspitzen züngelten zarte Flämmchen, wuchsen, loderten höher. Vorsichtig warf er einen Feuerball in Emmas Richtung, sie parierte mit Wasser und das Feuer erlosch. So ging es eine Weile zaghaft hin und her und Magor begann sich zu langweilen. Ohne Vorankündigung warf er je einen großen Feuerball in Emmas und Bens Richtung.

Beide reagierten überrascht, parierten aber die Bälle. Magor setzte nach und eine neue Dynamik nahm ihren Lauf. Der Magier agierte mit Feuer und Wasser zugleich, die beiden Freunde schlossen sich zusammen und bekämpften Magor nun gemeinsam. Endlich hatte der Zauberer sie in der Angriffsposition und er erhöhte den Druck. Er brachte die Freunde in echte Bedrängnis, zwangsweise mussten sie sich noch aggressiver wehren. Doch gegen Magor waren sie nahezu machtlos.

Mit einer unauffälligen Geste bedeutete John Nala, dass sie sich einklinken würden in das „Spiel“ und sie stimmte mit einem Nicken zu. Die beiden wechselten die Position und kesselten den Magier ein. Bevor dieser registrierte, was geschah, donnerte Nala ihm eine Windböe in den Rücken und er schwankte. Mit einer Schnelligkeit, die sie ihm nicht zugetraut hatten, drehte er sich um seine Achse, konterte ebenfalls mit einem Windstoß und Nala flog mit großer Wucht zu Boden.

Das machte die anderen drei wütend und zu dritt attackierten sie den Magier. Nala sprang auf und klinkte sich wieder ein. Die Luft knisterte vor geballter Magie, der Kampf nahm nun ernstere Formen an, weil Emotionen den Kampf bestimmten. Zorn, Ehrgeiz und auch der Spaß am Kampf prägten nun die Handlungen.

Magor war unglaublich schnell und wendig, er war überall gleichzeitig und wehrte sämtliche Attacken ab, es war für die vier Elemente nicht möglich, ihn zu besiegen. Dabei konterte er hauptsächlich, griff nicht einmal intensiv an.

Als Magor das Gefühl hatte, jetzt sei es genug, schleuderte er in alle Richtungen gleichzeitig einen gewaltigen Windstoß, weil ihm das noch am sanftesten erschien. Die vier stürzten zu Boden und bevor sie sich wieder aufrappeln konnten, gebot er den Elementen Ruhe. Stille senkte sich über die Verwüstung.

Magor lachte, als er die völlig verdreckten, nassen Freunde sah und lobte: „Das war großartig! Ihr seid gut, ihr ward eine Einheit, habt zusammengehalten und genauso muss es sein. Doch ihr müsst noch viel lernen.“

Mit einem Zauberspruch sorgte er dafür, dass die Ordnung halbwegs wiederhergestellt wurde. „Den Rest erledigen die Blumenelfen. Der Kampf hat mir Spaß gemacht. Duscht euch, wir sehen uns später.“ Gut gelaunt ging er davon.

Die vier Elemente standen wie Matschhaufen herum und hatten gemischte Gefühle. Ben fand das Ganze cool, Emma eher nicht und verzog angeekelt das Gesicht: „Was für eine Sauerei.“

„Stimmt. Aber jetzt ist es sowieso egal!“, rief Ben, griff sich eine Ladung Erde und schmiss sie auf Emma. Die kreischte entsetzt und sah geschockt an sich herunter.

Nala bekam einen Lachflash und bewarf Ben mit einem Haufen Erde, der sich sofort revanchierte. Und dann machten alle vier mit und bematschten sich, eine Schlammschlacht entbrannte, die darin mündete, dass Ben wie ein Rammbock auf John zu rannte und ihn zu Boden warf. Die beiden wälzten sich im Modder und Ben schrie: „Schlammcatchen!“

Nach einer ausgiebigen Rauferei schlichen sie erschöpft zum Schloss zurück. Dort angekommen, schüttelte Migune entsetzt den Kopf. „Ihr habt euch verlaufen, der Schweinestall ist hinten links. Erst abspritzen mit dem Schlauch, sonst esst ihr bei euren Artgenossen im Stall.“

Fanrea Band 2

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