Читать книгу Fanrea Band 2 - A.E. Eiserlo - Страница 7
Eine aufschlussreiche Fahrt
ОглавлениеEsther freute sich unglaublich auf den Urlaub in Frankreich mit ihrer Nichte Emma und deren Freund Ben, und war ganz aufgekratzt. Endlich konnte sie Zeit mit ihrer Freundin Agatha verbringen und musste sich dennoch nicht auf Kämpfe und Entbehrungen einstellen. Das Abenteuer in Fanrea hatte ungewollt dazu geführt, dass sie etliche Kilos weniger wog, was ihr richtig gut stand, dadurch sah sie deutlich jünger aus.
Energiegeladen packte sie ihren Koffer und stand vor dem Kleiderschrank, aber irgendwie passte ihr alles nicht mehr richtig und es gefiel ihr auch nichts. Es ging in den Süden und ihr war nach den Strapazen nach mehr Farbe und Fröhlichkeit.
All die Jahre hatte Esther in ihrem Haus alleine und halbwegs glücklich gelebt, aber seit Fanrea fühlte sie sich einsam und wollte nun viel mehr Zeit in dieser anderen Welt verbringen. Dort wurde sie gebraucht und musste sich nicht verstellen.
In ihrem Übermut fuhr sie mit ihrem alten Auto, einem Volvo Kombi, in die nächst größere Stadt, kaufte sich bunte Sommerkleider und ein paar Leinenhosen. Sogar zum Friseur ging sie. Das Tollste daran war, sie fühlte sich großartig dabei. Ganz knapp war sie einem schrecklichen Tod entronnen, mit Grauen dachte sie an dieses Spinnenvieh, als deren Futter sie hatte herhalten sollen. Esther hatte sich vorgenommen, ihr Leben nun in vollen Zügen zu genießen und endlich die Schatten, die schwer auf ihr lasteten, zu vertreiben.
Nach außen hin hatte sie stets Fröhlichkeit verbreitet, aber in ihrer Gedanken- und Gefühlswelt war es oft dunkel gewesen, weil sie unbeschreiblich traurig über den Verlust ihres Mannes und ihrer Tochter Leni war. Nun wollte sie endgültig diese alte Trauer abschließen, denn das Leben war schön und wertvoll. Gestern hatte Esther fast den ganzen Abend geweint, sich die alten Fotos angeschaut und dann den zermürbenden Schmerz in einer Zeremonie verabschiedet. Es hatte gut getan, die Tränen laufen zu lassen, doch nun begann ein neuer Abschnitt.
Dieses Mal nahm sie Fips, ihren treuen Mischlingshund, direkt mit. Jidell und Quidell durften sie ebenfalls begleiten, denn die beiden Ratten waren mächtig sauer gewesen, dass Esther sie in der Menschenwelt zurückgelassen hatte, statt sie mit nach Fanrea zu nehmen.
In ihren Koffer packte Esther vor allem die neue Kleidung und freute sich darauf, sie anzuziehen. Natürlich konnte sie es nicht lassen, auch ein paar Kräutercremes, verschiedene Tees und Heilerde mitzunehmen, ohne ihre eigene Hausapotheke fühlte sie sich nicht wohl.
Endlich war es soweit. Der Koffer war im Auto, ihre tierischen Begleiter Fips, Jidell und Quidell sprangen in den Wagen und die Ratten versteckten sich in einer Korbtasche. Schon fuhr Esther los, um Emma und Ben abzuholen.
Voller Ungeduld und Vorfreude wartete Emma auf ihre Tante Esther. Marlene ließ ihre Tochter gar nicht gerne gehen. Nachdem Marlenes Mann sich vor nicht allzu langer Zeit auf und davon gemacht hatte, war sie froh, wenn alle beisammen waren und sie sich um niemanden sorgen musste.
Um sich von Amapola zu verabschieden, rannte Emma in den Garten. Nach kurzer Suche entdeckte sie die Blumenelfe: „Hi, du. Was treibst du?“
„Mich um meine Pflanzen kümmern. Gestern haben mehrere Bauern ihre Felder gegüllt und der Mist ist ins Grundwasser gesickert. Jetzt kann ich schauen, wie ich alles wieder ins Lot bringe!“, ereiferte sich Amapola.
Grinsend hockte Emma sich hin: „Ganz wie immer, meine zornige, kleine Amapola. Du bist ein echter Schimpfbold.“
„Du hast gut reden …“
„Ich habe nicht so viel Zeit, wir fahren gleich los nach Frankreich.“
„Ist es schon soweit?“ Eindringlich musterte Amapola Emma: „Du strahlst so. Freust du dich sehr?“
„Ja, sehr.“
„Gibt es einen besonderen Grund?“
„Hm, äh, ja.“
„Wenn Menschen so herumdrucksen, ist meistens Liebe im Spiel.“
„Na ja.“
„Wer ist es denn? Lass mich raten.“ Die Elfe dachte angestrengt nach und auf einmal überzog ein Lächeln Amapolas Gesicht: „Etwa dieser Indianer?“
Aufgeregt nickte Emma: „Aber niemandem verraten, das ist unser Geheimnis.“
„Ich werde schweigen. Außer Lara, der darf ich es erzählen, oder?“
„Nein! Der auf gar keinen Fall.“ Energisch stupste Emma die Elfe an und diese fiel zeternd um.
„Das war ein Witz, du dummes Menschenkind.“
Lachend half Emma Amapola auf.
„Bist du echt verknallt?“, fragte Amapola spitzbübisch.
Emma wurde rot und stand verlegen auf.
„Au weia“, stöhnte Amapola. „Dich hat es ja schwer erwischt.“
Ein durchdringendes Hupen erklang und erleichtert verabschiedete sich Emma: „Also dann, pass gut auf alle hier auf. Mitkommen möchtest du nicht?“
„Nein, auf keinen Fall! Ich kann doch nicht meine Blumen hier alleine lassen.“
„Schon gut. War nur eine rhetorische Frage. Bis bald.“
„Viel Spaß.“ Verschwörerisch zwinkerte Amapola Emma zu.
Bosrak, der Gestaltwandler, hatte viel Zeit in Fanrea mit der Suche nach Yarkona verbracht, doch noch immer hatte er die Hexe nicht aufgespürt. Ein Gefühl von Einsamkeit und Verlassenheit durchdrang ihn, zudem musste er immer wieder an das Mädchen denken, diese Emma, die Gedanken an sie quälten ihn geradezu. Oft war ein schmerzhaftes Ziehen in seinem Herzen, das er verfluchte.
Deshalb war er zur Erde zurückgekehrt und saß zum wiederholten Male auf dem Komposthaufen in Emmas Garten. In seiner Lieblingsgestalt als Ratte beobachtete er das Gespräch zwischen Amapola und Emma. Dabei hörte er einige interessante Neuigkeiten über Emma.
Am liebsten hätte er sie angesprochen, als sie sich von Amapola verabschiedete, unterließ es jedoch aus Angst, sie zu erschrecken. Was hätte er sagen sollen? Was erwartete er von Emma? Ein Leuchten in ihren Augen, weil er sie verfolgte? Eher würde sie hysterisch kreischen und ihn wegjagen.
Immer wieder erinnerte sich Bosrak an die Begegnung mit ihr, unten im Verlies der Achillikrusse. Er sehnte sich nach der sanften Berührung ihrer Hände, vor denen er sich trotzdem ekelte. Seinen Namen hatte sie genannt. Bitte gesagt. Gemeinsam hatten sie das Schloss geöffnet.
Der Zwiespalt in ihm fraß sich in Bosraks Kopf hinein und machte ihn zornig. Besser war es, Wut und Hass zu empfinden, diese Gefühle waren ihm vertraut. Sehnsucht und andere Regungen des Herzens taten ihm weh, bohrten in ihm und hinterließen blutende Wunden, die er mit Zorn und weiterem Hass verschließen musste.
Wie dumm er war, an ihre Berührungen auch nur zu denken? Verzweifelt verließ er den Komposthaufen und rannte zurück zum Weltentor, auf der Flucht vor sich selbst und seinen Sehnsüchten. Die Suche nach Yarkona musste fortgesetzt werden, sie war seine Herrin und zu ihr gehörte er. Zunächst würde er in das Hexenhaus zurückkehren und dort eine Weile auf sie warten. Danach könnte er den Radius erweitern und bis in die Bergwelt Fanreas vordringen. Für ihn als Gestaltwandler war das kein Problem und als Sarkan läge ihm die Welt zu Füßen und er war in der Lage, riesige Entfernungen zurückzulegen.
Gerade umarmte Esther ihre Schwester Marlene zur Begrüßung und steckte ihr heimlich eine größere Summe Geld in ihre Jackentasche. Esther wusste, wie knapp die Familie bei Kasse war und ihr selbst ging es durch Jamies Erbe ziemlich gut. Wenn Marlene die Scheine bemerkte, wäre diese peinlich berührt und würde das Geld ablehnen, doch das war Esther egal. Hauptsache, sie konnte ihrer Schwester helfen.
Die Umarmung ihrer drei Geschwister zum Abschied ließ Emma geduldig über sich ergehen. Vor ihrem Abenteuer in Fanrea wäre das undenkbar gewesen, aber nun war Emma viel netter zu ihnen. Letztens hatte sie sogar mit Lara „UNO“ gespielt ohne zu streiten und das war echt sensationell.
Jakob quäkte: „Du sollst nicht gehen, bleib hier.“
Max dagegen stellte Emma ein Beinchen, sodass sie stolperte. Rüpelig boxte sie Max in den Bauch, aber bevor eine richtige Prügelei in Gang kam, trat Lara dazwischen: „Mann, seid ihr doof! Gleich ist Emma weg und dann vermissen wir sie. Vertragt euch.“
„Nee“, brummte Max.
„Bis dann, Blödi“, erwiderte Emma.
Zuletzt verabschiedete Emma sich von ihrer Mutter und brachte sogar ein „Ich hab dich lieb.“ zustande, während sie sich drücken ließ. Vor Rührung bekam Marlene feuchte Augen und wollte Emma noch etwas Urlaubsgeld zustecken, aber Esther verhinderte das, indem sie sagte: „Nee, nee, Schwesterherz. Das ist mein Patenkind und ich übernehme das mit dem Geld, sonst bin ich beleidigt. Endlich kann ich mal etwas Zeit mit meinem Schätzchen verbringen und nicht nur vor mich hin schrullen.“
Zu Emmas Geschwistern gewandt, versprach Esther: „Das nächste Mal seid ihr Kleinen dran mit Urlaub.“
„Bringt mir Lego mit oder Playmobil Piraten“, quengelte Jakob.
Endlich startete Esther den Motor und rollte mit Emma die paar Meter zu Ben hinüber, während Jakob unerlaubterweise neben dem Auto herrannte. Dort gab es eine erneute Abschiedsszene. Mattes weinte sogar und wollte seinen großen Bruder Ben überhaupt nicht gehen lassen. Die Eltern betrachteten ihren Sohn mit gemischten Gefühlen und fanden es befremdlich, dass er jetzt das erste Mal ohne sie in Urlaub fuhr.
Liebevoll umarmte Ben seine Mutter und flüsterte ihr noch schnell ins Ohr: „Mama, mach das mit deiner eigenen Praxis, du schaffst das. Erzähl Papa davon und hör auf, in dieser blöden Klapse zu arbeiten.“
Seine Mutter drohte kurz mit dem Finger: „Du sollst doch nicht Klapse sagen.“
Statt einer Antwort zog Ben eine Grimasse. Jetzt zog Tim seinen Sohn in die Arme, drückte ihn ganz fest und versicherte ihm: „Am liebsten würde ich mitkommen. In der Nähe von diesem Schloss kann man Rafting machen und angeln, da hätte ich auch Spaß dran. Vielleicht können wir im Herbst zusammen hinfahren?“
„Klar, mit dir immer gerne, Papa. Pass mir gut auf meinen Lieblingsbruder auf.“
Mattes stutzte: „So ein Quatsch! Du hast doch nur mich als Bruder.“
Ben prustete los und stieg zu Emma nach hinten ins Auto. Esther gab Gas und würgte erst einmal den Motor ab. „Oha, bin wohl etwas aus der Übung. Na ja, bis Frankreich hab ich mich warm gefahren.“
Ben schmetterte direkt los: „Dieser Weg wird kein leichter sein. Dieser Weg wird steinig und schwer!*“
„Also ich finde, Xavier singt deutlich besser als du“, konterte Esther und fuhr endlich los.
Ben grinste: „He, Esther, jetzt bin ich aber baff, du kennst Xavier? Wo ist eigentlich dein Navi?“
„Ich habe keins“, lachte Esther. „Ihr wisst doch, ich bin total altmodisch.“
„Also ich würde es eher voll verpeilt nennen. Du bist ja so was von out, Esther“, frotzelte Ben.
Kaum waren sie um die Ecke gekurvt, da hörten sie aus dem Kofferraum schimpfende Stimmen. Verwirrt schauten Ben und Emma sich an, als Esther fröhlich rief: „Jidell und Quidell, die Luft ist rein. Ihr könnt rauskommen.“
„Wer sind denn Jidell und Quidell?“, erkundigte sich Emma irritiert.
Esther schmunzelte: „Wartet es ab, aber erschreckt euch nicht.“
Die beiden Freunde drehten ihre Köpfe neugierig in Richtung Kofferraum. Plötzlich öffnete sich der Deckel einer beigen Korbtasche und heraus schauten zwei ziemlich große Rattenköpfe. Die kleinen Knopfnasen schnüffelten hungrig hin und her und einer der zwei maulte: „Esther, ich habe Hunger. Mein Bauch grummelt erdbebenmäßig.“
Wie hypnotisiert starrte Emma die Ratten an und fing fast an zu kreischen, doch sie beherrschte sich.
Ben dagegen staunte: „Sprechende Ratten. Esther, echt krass, deine Begleiter! Ich habe dir ja eine Menge zugetraut, aber so was nicht. Wo hast du die denn aufgegabelt?“
„Tja, die beiden Rattenbrüder sind Mitbringsel aus Fanrea von damals. Sie wohnen schon ewig bei mir im Haus und streiten den ganzen Tag.“
Wie zur Bestätigung ging es direkt los. Jidell blaffte: „Aber ich bekomme zuerst etwas zu essen, ich bin der Ältere!“
„Auf was du dir etwas einbildest. Drei Minuten bist du vielleicht älter, das ist ja wohl gar nichts. Außerdem bin ich der Schlauere, wie du vielleicht weißt und deshalb bin ich zuerst dran!“
„Pah, wie kommst du denn darauf, du und schlau. Da lachen ja die Hühner.“
Esther unterbrach die Zankhähne: „Schluss jetzt! Wollt ihr euch nicht mal vorstellen? Was ist das für ein schlechtes Benehmen.“
Sofort wandten die Ratten sich den Freunden zu und Jidell äffte Esther nach: „Oh, entschuldigt das schlechte Benehmen von meinem Bruder, er denkt immer nur ans Essen. Also ich bin Jidell. Ich bin der Äl….“
„Und ich bin Quidell. Ich heiße euch willkommen. Übrigens bin ich der Schlauere.“
„Nein, der bist du nicht …“
„Stopp!“, stöhnte Esther. Sie reichte zwei Äpfel nach hinten, auf die sich die Rattenbrüder gierig stürzten und Ruhe gaben. Laut schmatzend wurden die Äpfel vertilgt, Jidell grunzte zufrieden und Quidell flüsterte: „Lecker.“
Für Fips hatte Esther einen Kauknochen eingesteckt, den sie ihm zuwarf. Schwanzwedelnd machte sich Fips an ihm zu schaffen.
Schließlich wagte Emma die Frage, über die sie seit Fanrea nachdachte: „Was war eigentlich genau mit Leni und deinem Mann in Fanrea?“
Esther schluckte und antwortete dann mit belegter Stimme: „Mit dieser Frage habe ich gerechnet und ich werde euch nun endlich die Wahrheit erzählen. Ich bin es satt, immer mit diesen Lügen zu leben und wenigstens ihr sollt wissen, wie es wirklich war.
Mein Mann Jamie kam aus sehr reichem Hause, in dem er sich nie wohl fühlte. Erzogen wurde er in Texas für das Big Business des Öls, interessierte sich aber kein bisschen dafür. Er war das schwarze Schaf der Familie und auf der spirituellen Suche nach einem Sinn für sein Leben. Zwei Jahre lang reiste er durch die ganze Welt, bis wir uns in Amerika begegneten.“
Ein tiefer Seufzer ließ Esther innehalten und sie räusperte sich umständlich. „Ich hatte einen Schamanen, namens Telling Bear aufgetan, von dem ich lernen wollte, zu heilen. Ich wartete auf ihn in dessen Hütte. Irgendwann ging plötzlich die Tür auf und statt des Schamanen trat Jamie ein. So standen wir uns in der Einöde von South Dakota gegenüber und es war um uns geschehen.
Zunächst erschrak ich, als dieser braungebrannte Kerl mich mit seinen stahlblauen Augen musterte, aber er strahlte nichts Gewalttätiges aus. Wir stellten uns einander vor und entdeckten, dass wir beide den Schamanen treffen wollten. Die Situation war schon äußerst merkwürdig: Zwei Menschen mit demselben Ziel aus unterschiedlichen Kulturkreisen begegnen sich an einem der einsamsten Plätze der USA und finden sich gegenseitig, statt den gewünschten Schamanen.“
Versonnen griff Esther nach einer Wasserflasche, um ein paar durstige Schlucke zu nehmen. Währenddessen grübelte Emma über den Namen Telling Bear nach, der ihr irgendwie bekannt vorkam. Ziemlich sicher hatte sie ihn schon einmal gehört.
„Das Schicksal mischt die Karten, wir spielen*“, sinnierte Ben.
„Pst! Wie romantisch.“ Emma knuffte Ben in die Seite und forderte ungeduldig: „Esther, erzähl weiter!“
Diese ließ sich nicht lange bitten: „Als der Schamane schließlich eintraf, tauchten wir aus unserer Zweisamkeit auf und waren ganz verwirrt. Telling Bear wunderte sich gar nicht, sondern stellte fest: „Da haben sich zwei Seelen gefunden, die sich immer schon gesucht hatten.“
Eine Weile blieben Jamie und ich bei Telling Bear, wir erlebten eine lehrreiche Zeit, die uns einander noch näher brachte. Als wir schließlich den Schamanen verließen, beschlossen wir, zu heiraten, es gab für uns nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir zusammen gehörten.
Für die Hochzeit hatte sich Jamie eine romantische Zeremonie am Strand von Key West gewünscht. Barfuß standen wir im Sand, warmes Wasser umspülte unsere Füße und die Sonne ging langsam orangerot unter. Wie in einem kitschigen Hollywoodfilm.“
Esther machte eine Pause, erneut wurde sie von ihren Gefühlen überwältigt. Sie seufzte und verdrängte die Tränen. Ben und Emma schwiegen und sogar die Rattenzwillinge hörten gerührt zu. Jidell seufzte zusammen mit Esther und kuschelte sich Trost suchend an Quidell.
Gerührt legte Emma ihre Hand auf die Schulter ihrer Tante: „Wie schön. So eine Liebe wünsche ich mir auch für mein Leben.“
Esther nickte: „Ja, wenn man die große Liebe gefunden hat, ist es unbeschreiblich schön, aber wenn man sie dann verliert, reißt es einem das Herz aus der Brust und man wird nie wieder richtig glücklich. Mein gesamtes Sein, Körper, Geist und Seele sehnen sich nach dem, was ich verloren habe.“
Mitfühlend fragte Emma: „Möchtest du überhaupt noch weiter erzählen? Ich kann verstehen, wenn dir das zu schwer fällt.“
Esther straffte die Schultern und antwortete resolut: „Ich werde fortfahren, wenigstens ihr sollt meine wahre Geschichte kennen.“
Aus dem Kofferraum kam eine flehende Stimme: „Oh ja, erzähl weiter.“
Da schmunzelte Esther und tat Quidell den Gefallen: „Unsere Flitterwochen verbrachten wir in Mexiko in einer kleinen Hütte am Strand, einer Cabana. Wir schnorchelten, grillten Fisch und sahen uns die Gegend an. Wir waren unglaublich verliebt ineinander. Nach zwei Monaten beschlossen wir, eine Weltreise zu machen, weil Jamie mir seine Lieblingsplätze zeigen wollte. Geld hatte er genug und so reisten wir umher: Hawaii, Asien, Südsee, Australien, Neuseeland und so weiter.
Immer wieder besuchten wir Schamanen, Mönche und Heiler, diese Menschen faszinierten uns. Schließlich bat Jamie mich, mit ihm nach Fanrea zu gehen, da er diese fantastische Welt kennen lernen wollte. Er war der Einzige, dem ich davon erzählt habe und er hat mir sofort geglaubt. Die Neugierde auf diese unbekannte Welt wuchs immer mehr in ihm. Da ich gerade mit Leni schwanger war, verschoben wir die Reise nach Fanrea auf später. Leni kam zur Welt und wir ließen uns für eine Weile in Italien nieder und waren eine sehr glückliche Familie.“
Esther holte tief Luft, putzte sich umständlich die Nase und flüsterte: „Dann, als wir tatsächlich zu dritt nach Fanrea gereist sind, wurden wir in einen Kampf mit Xaria verwickelt. Sie stieß Jamie und Leni steile Klippen am Meer hinunter. Jamies zerschmetterte Leiche fand man, Lenis Körper hat das Meer mit sich genommen.“
Schweigen breitete sich im Auto aus, Details wollte keiner mehr wissen. Alles war gesagt.
Nach einer Weile murmelte Esther: „Aber das sind doch alles alte Geschichten und ich habe eure Aktuelle noch gar nicht gehört. Ich möchte jetzt endlich von euch wissen, was ihr in Fanrea erlebt habt und zwar von Anfang an.“
Zunächst kamen Emma und Ben nur zögerlich ihrer Aufforderung nach. Esthers Geschichte schlug ihnen aufs Gemüt, doch schließlich erzählten sie abwechselnd alles bis ins Detail. Die Stimmung im Auto hellte sich langsam wieder auf und die Zeit verflog im Nu.