Читать книгу Elsas Stern. Ein Holocaust-Drama - Agnes Christofferson - Страница 11
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Mittwoch, 9. August 1944: Elsa war es gelungen, für das Treffen mit Erik rechtzeitig aufzustehen. Was nicht selbstverständlich war, da Hanna sie in der Nacht auf Trab gehalten hatte. Plötzlich, mitten in der Nacht, hatte sie an Elsas Bett gestanden und geflüstert: „Elsa, wach auf! Etwas stimmt nicht mit mir.“
„Schlaf weiter“, hatte Elsa schlaftrunken erwidert. Sie hatte versucht, wieder einzudösen, doch es war ihr nicht gelungen, denn Hanna hatte zu jammern angefangen.
„Ich blute stark.“
Elsa spürte, wie Hanna Tränen in die Augen schossen. Nun war sie hellwach. „Was meinst du damit? Hast du dich verletzt?“ Sie knipste die Tischlampe an.
„Ich … ich weiß es nicht. Ich hatte so starke Bauchschmerzen. Ich bin aufgewacht und da war Blut … im Höschen.“
Elsa nickte wortlos und ließ sich wieder aufs Kissen fallen.
„Muss ich jetzt sterben?“, fragte Hanna leise.
„Nein. Musst du nicht“, murmelte Elsa in ihr Kissen hinein.
Hanna setzte sich ans Fußende des Bettes und Elsa spürte, wie ihre kleine Schwester sie beobachtete. „Woher weißt du das?“, fragte sie erwartungsvoll.
Elsa ließ ihren Blick durch das kleine, dämmrige Zimmer wandern, ohne den Kopf von dem riesigen Daunenkopfkissen zu heben. „Weil ich jeden Monat die gleichen Beschwerden habe. Und ich lebe noch.“ Sie sollte wahrscheinlich aufstehen und Hanna eine Stoffbinde geben.
„Du meinst …“
„Ja, du Dummliesel. Du hast gerade deine Periode bekommen.“
Hanna atmete erleichtert auf. Sie war wohl froh, dass sie nicht sterben musste. „Und was mache ich nun?“
Elsa stöhnte leise. Sie musste wohl aufstehen und Hanna eine Binde holen. Schlimmer noch! Ihr erklären, wie sie die Binde benutzen musste!
Was für ein Desaster!
Elsa stand auf. Im Herrenhaus war es immer ein bisschen kühl und sie fror meist. Jedoch war es noch nicht kalt genug für ein Kaminfeuer, und so wickelte sich Elsa in eine Decke, ehe sie zum Schrank tapste.
Nachdem sie Hanna versorgt hatte, konnte sie nicht mehr einschlafen. Es dauerte gut eine Stunde, bis sie wieder einnickte.
Für das Treffen mit Erik hatte sie ein schlichtes, ärmelloses grünes Kleid angezogen, das ihre schlanke Linie bedeckte und nicht zu sehr zur Geltung brachte. Passend dazu trug sie Schuhe mit Absatz, die ihre Waden ein wenig dick machten. Sie wollte Erik nicht zu sehr gefallen. Das Problem war, dass er sich durchaus in sie verlieben konnte. Das wollte Elsa auf keinen Fall zulassen.
Auf dem Weg zum Bach ging sie ihre Geschichte durch. Sie hatte vor, zu erzählen, sie hätte einen Verlobten. Einen Verlobten an der Front. Ihr war ganz und gar nicht wohl. Das ungute Gefühl in ihrem Magen hielt an, weil sie an ihr bevorstehendes Gespräch mit Erik denken musste.
Sie musste ihn aber loswerden. Schnell.
Außer Atem kam sie am Bach an und traute ihren Augen nicht. Erik hatte ein Picknick vorbereitet. Eine karierte Decke lag auf dem Rasen. Saubere Gläser, poliertes Besteck, Porzellanteller, belegte Brote und Limonade standen bereit.
Erik trug ein gestärktes Hemd und eine adrette Hose; dabei glänzten seine blonden schick frisierten Haare im Sonnenlicht. Er hatte sich für sie richtig ins Zeug gelegt. Anscheinend hatte der Junge Geschmack und Elsa musste sich eingestehen, dass sie ihn recht attraktiv fand.
Erik ergriff als Erster das Wort. „Wie ich sehe, ist mir die Überraschung gelungen.“
Elsa rang nach einer Antwort. So schwer, wie es ihr bei diesem Anblick auch fiel, musste sie sich zwingen, sich auf die Tatsachen zu konzentrieren. Sie war eine untergetauchte Jüdin und Erik ein Nazi. Für sie beide konnte es keine gemeinsame Zukunft geben!
„Das kannst du wohl laut sagen“, erwiderte sie so lässig wie möglich. Vor Nervosität war ihr Mund jedoch ganz trocken.
„Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr überrumpelt“, fragte er schalkhaft, wobei auch ein Ton wirklicher Neugier in seiner Stimme lag.
Elsa versuchte, ihre Gefühle so gut wie möglich unter Kontrolle zu bekommen. Wäre dies eine andere Zeit, hätte sie sich sicherlich sofort in Erik verliebt. Er schien ein richtig lieber Kerl zu sein.
Eriks Lippen verzogen sich zu einem flüchtigen Lächeln. „Setz dich doch.“
Jetzt erst fiel Elsa auf, dass sie wie angewurzelt dastand und wie eine Idiotin starrte. Wie auf Befehl kauerte sie sich auf die Decke. Ihr Bauch kribbelte leicht. „Danke“, ihre Stimme war kaum ein Flüstern. Ihr Blick blieb auf den Broten hängen. Sie waren mit Wurst, Käse und Salat belegt. „Die sehen lecker aus.“
Erik schwieg. Sie wollte den Blick heben, um den Ausdruck auf seinem Gesicht sehen zu können, aber sie traute sich nicht. Was, wenn er ihre wahren Gefühle durchschaute?
„Absolut richtig. Aber sie sehen nicht nur lecker aus. Sie schmecken auch so“, sagte Erik.
„Da bin ich ja beruhigt“, erwiderte Elsa und Erik musste lauthals lachen. Sein Gelächter hallte in die Ferne hinaus.
Scheinbar ohne darüber nachzudenken, sagte er: „Ich finde dich gut.“
Elsa biss die Zähne zusammen. Wie war sie bloß in diese Situation geraten? Sie schluckte und versuchte, das Thema zu wechseln: „Hast du die Brote selbst belegt?“, fragte sie und zwang sich zu einem Lächeln.
Erik zog eine Augenbraue hoch, was ihn noch attraktiver machte. „Wenn du es genau wissen willst, nein. Das habe ich unserer Magd überlassen.“
Bei diesen Worten zuckte Elsa innerlich zusammen. Ihre Augen weiteten sich. „Hast du ihr von unserem Treffen erzählt?“ Das Lächeln auf Eriks Gesicht erstarb. Er blinzelte und schüttelte verwundert den Kopf. „Meiner Magd? Ich bin ihr doch keine Rechenschaft schuldig.“
Innerlich atmete Elsa erleichtert auf.
„Willst du Limonade?“, fragte Erik schnell.
Elsa nickte.
Er schenkte erst ihr, dann sich ein. Sie aßen schweigend zwei Brote – die wirklich lecker waren – und tranken aus ihren Gläsern.
„Erzähl ein wenig über dich“, sagte Erik unvermittelt, nachdem er sein Brot vertilgt hatte. „Wie alt bist du?“
Elsa zögerte. Wie viel konnte sie ihm erzählen? Was könnte verdächtig sein? „Ich bin achtzehn und du?“
„Ich bin dreiundzwanzig. Ich bin Einzelkind und wenn ich auf Heimaturlaub bin, besuche ich meine Eltern.“
„Wird’s dir hier nicht langweilig?“
„Doch, schon.“
„Was machst du so?“, fragte Elsa und lenkte das Gespräch so auf ein unverfängliches Thema.
„Was ich so mache?“
„Um die Zeit totzuschlagen?“
„Och, dies und das. Ich streife oft durch die Wälder und halte Ausschau nach hübschen Mädchen.“ Er sagte das gar nicht spöttisch, doch Elsa wusste, dass es neckisch gemeint war.
„Was machst du, um die Zeit totzuschlagen?“, erkundigte er sich.
„Ich zeichne“, antwortete sie prompt.
„Du zeichnest? Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der richtig zeichnen konnte.“
Elsa rang sich ein Lächeln ab. „Es gibt immer ein erstes Mal.“
„Du musst mir unbedingt etwas von dir zeigen“, äußerte er mit kaum verhohlener Begeisterung.
Elsa wollte nicht darauf antworten und wechselte geschickt das Thema. „Bist du hier geboren? Hier aufgewachsen und so?“
„Genau wie meine Eltern vor mir. Und meine Großeltern. Und meine Urgroßeltern“, verkündete er stolz.
„Gefällt’s dir hier?“
„Nicht besonders.“
„Warum bist du dann auf Heimaturlaub hier?“, wollte Elsa wissen, die ihre Neugier nicht mehr im Zaum halten konnte.
„Ich vermisse Deutschland …“ Erik biss sich sofort auf die Lippen. Scheinbar hatte er etwas gesagt, was er nicht hätte sagen sollen.
Elsa witterte eine Chance, mehr über seine Stellung bei der Armee zu erfahren.
„Du bist nicht in Deutschland stationiert?“, fragte sie wie beiläufig.
Erik saß nun in der Zwickmühle. „Nein. Ich bin in Polen stationiert“, sagte er schließlich.
Polen, dachte Elsa, interessant. „Ist es nicht schön dort?“
Erik zuckte mit den Schultern. „Polen ist ein ziemlich ruckständiges Land. Jetzt bist du aber dran?“, sagte Erik, bevor Elsa weitere Fragen stellen konnte. „Was hast du gemacht, bevor du hierhergekommen bist. Was hast du in Berlin getrieben?“
Elsa zögerte erneut. Falls er ihr Zögern spürte, ließ er es sich nicht anmerken. „Ich habe Kunst studiert, aber nachdem wir ausgebombt wurden …“
„Meine Frau müsste nicht studieren. Geschweige denn arbeiten“, fiel Erik ihr ins Wort. Ein unergründlicher Ausdruck trat in seine Augen.
„Ach? Wirklich?“, fragte Elsa, der die Idee, nur Hausfrau und Mutter zu sein, nicht besonders zusagte. „Mir macht es nichts aus zu arbeiten.“ Ihr war selbst nicht so recht klar, weshalb sie sich eigentlich auf das Thema einließ. So, wie sie es sagte, klang es wie eine Rechtfertigung.
„Meine zukünftige Frau hat so was nicht nötig. Es würde mich beschämen, meine Frau arbeiten zu lassen.“
Elsa schloss daraus, dass er doch kein Bauernjunge war. Seine Familie musste wohlhabend sein. Sie wollte jedoch nicht nachhaken, da es unhöflich gewesen wäre. Genauso unhöflich wie mit Reichtum zu protzen.
„Verstehe. Das ist schön.“
Was sagte sie da bloß? Der plötzlich aufkommende Wind blies ihr die Haare ins Gesicht und sie pustete eine widerspenstige Haarsträhne fort.
„Ich möchte viele Kinder.“ Erik sah sie eindringlich an, während er breit lächelte.
Das war ein eigenartiges Gespräch für die erste Verabredung, dachte Elsa. So mitteilsam waren die Jungs in Berlin nicht. Die meisten wollten nur ein wenig Spaß und gingen rasch zur Sache. Elsa hatte absolut keine Ahnung, wie es ihr überhaupt gelungen war, Jungfrau zu bleiben. Was vorehelichen Sex anging, war sie konservativ. Vielleicht war sie aber auch nur eine naive Romantikerin, denn sie wollte sich für ihren zukünftigen Ehemann aufsparen.
Die nächste Frage kam so unerwartet, dass sie nicht in der Lage war, zu antworten. „Und was ist mit dir? Willst du Kinder?“ Ihr unsicheres Schweigen machte Erik neugierig. „Der Führer will, dass unsere Frauen möglichst viele Kinder kriegen. Du möchtest bestimmt auch welche.“
Elsa schaute in die Ferne, betrachtete die Bäume und auf einmal spürte sie, wie sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Ja, dachte sie, ich schenke dem Führer viele jüdische Kinder. Da freut er sich. In Wahrheit hatte Elsa noch nie über Kinder nachgedacht. Sicherlich wollte sie eines Tages welche, nur nicht jetzt. Jedenfalls wusste sie, was Erik hören wollte. „Natürlich will ich Kinder. Unbedingt“, sagte sie, um eine sinnlose Debatte zu vermeiden.
Erik strahlte über beide Backen, was ihn noch attraktiver machte. „Genau deshalb finde ich dich gut. Du bist witzig und ehrlich. Ich wusste sofort, dass wir gut harmonieren.“
Bildete Elsa sich das nur ein, oder nahm dieses Gespräch immer merkwürdigere Formen an?
„Gut aussehen tust du auch. Im Grunde bist du die schönste Frau, die ich je gesehen habe. Seit gestern gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf.“
Elsa senkte hastig den Blick. Sie wusste nicht recht, in welche Richtung sie schauen sollte. Doch so leicht ließ Erik sich nicht abwimmeln. Als er die Hand nach ihr ausstreckte, begriff sie, dass die Unterhaltung noch nicht zu Ende war. Er ergriff ihre schmale, zarte Hand. Sein Druck war warm und weich.
„Ich weiß, dass ich dich überrumple. Ich habe dich in Verlegenheit gebracht. Doch etwas möchte ich dir erklären“, seine Stimme klang fest und weich zugleich. „Normalerweise bin ich nicht so forsch und sogar ein echter Gentleman. Doch mir bleibt keine Zeit für lange Gespräche und aufwendige Brautwerbung. Übermorgen fahre ich wieder zurück. Ich weiß, dass wir uns erst sehr kurz kennen. Ich möchte, dass du weißt, dass du die Frau bist, die ich mir vorstellen kann, zu heiraten.“
Elsa sah ihn mit offenem Mund an und brachte keinen Laut heraus.
„Du bist schockiert“, sagte er nüchtern. Vermutlich wünschst du mich zum Teufel.“
Elsa überlegte fieberhaft, was sie darauf erwidern sollte. Natürlich wünschte sie ihn zum Teufel. Sie konnte ihm ja schlecht die Wahrheit sagen; dass sie eine Jüdin war und kurz davor, nach Amerika zu fliehen. Übermorgen würde er in den Krieg zurückkehren, rief sich Elsa ins Gedächtnis und erinnerte sich rasch an ihren Plan. „Ich bin nicht schockiert“, beruhigte sie ihn. Sie war selbst erstaunt, wie ruhig sie klang. „Ich bin nur so überrascht. Es gibt etwas über mich, was du wissen solltest.“
Erik starrte sie an. „Du bist schon vergeben“, sagte er steif.
Elsa nickte. „Ich habe einen Verlobten.“ Sie kreuzte die Arme über der Brust. Sie spürte eine zarte Brise auf der Haut und fröstelte.
Erik wirkte sichtlich frustriert. Ihre Worte hatten offenbar gesessen. „Aber natürlich! Das hätte ich gleich wissen müssen! So eine schöne Frau wie du … ich Idiot!“
„Du bist kein Idiot“, sagte Elsa um ein Lächeln bemüht. Vorsichtig berührte sie seine Schulter. Seine Muskeln waren angespannt und hart. Mit einem Mal war sie von einer nervösen, rastlosen Energie erfüllt. „Ich bin der Idiot. Ich hätte es dir gleich sagen müssen.“ Wo kam das denn plötzlich her? Elsa erwischte sich dabei, wie sie Mitleid mit Erik empfand.
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Du hast von meinen Gefühlen nichts geahnt. Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen.“
Elsa sah ihm in die Augen. Doch sie gaben nichts preis. „Ich verstehe, aber …“ Ihr fehlten die Worte, doch sie hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Sie hatte ihn verletzt und das war ihr nicht egal. Wahrscheinlich war es ganz schön demütigend für ihn. Sie mochte Erik, denn eigentlich war er ihr, trotz seiner aufdringlichen Art, ganz sympathisch. In einer anderen Zeit wäre es ganz sicher nicht bei dieser einen Verabredung geblieben.
„Ich gehe jetzt lieber.“ Verlegen rieb er sich den Nacken.
Elsa blinzelte verwirrt und schien im ersten Moment keine Antwort darauf zu haben. „Ich werde auch gehen“, erwiderte Elsa beiläufig.
Sie spürte, wie er sie musterte, und jetzt erst merkte sie, dass sie immer noch seine Schulter umklammert hielt. Hastig zog sie ihre Hand zurück und plötzlich sah sie, wie Eriks Hand nach vorne schnellte und sie am Arm packte. Wie angewurzelt blieb Elsa stehen, woraufhin Erik erstaunlich schnell ihre Taille umfing und sie an sich zog. Sein durchtrainierter Oberkörper presste sich augenblicklich an ihre Brust und sie hielt den Atem an. Die plötzliche Begierde, die sie für ihn empfand, trieb ihr die Schamesröte in die Wangen. Die körperliche Nähe war beinahe elektrisierend. Der glühende Ausdruck in Eriks Augen und der Duft seiner Haut raubten ihr die Sinne.
Mit einem kaum hörbaren Stöhnen legte er seine Lippen auf ihre und küsste sie sanft, beinahe zurückhaltend. Elsa sog zitternd den Atem ein. Sie besaß keine nennenswerte Erfahrung mit Männern, und als Eriks Hände nun über ihren ganzen Körper glitten und sich zielsicher unter das Kleid tasteten, verkrampfte sie sich. Eigentlich sollte sie ihn aufhalten, doch sie war wie paralysiert. Einerseits genoss sie die Situation und anderseits verabscheute sie sie. Tollkühn tasteten sich seine Hände zu ihrem BH. Als diese plötzlich ihre nackten Brüste liebkosten, kam sie schlagartig wieder zu sich. Das ging eindeutig zu weit! Ein wenig zu grob stieß sie Erik weg. Mit einem Mal war der Zauber um ihn verflogen.
„Es tut mir leid. Das dürfen wir nicht machen“, stotterte sie, während sie ihr Kleid glatt strich.
Der durchdringende Blick, den Erik Elsa schenkte, jagte ihr ein wenig Angst ein. Es folgte ein kurzes Schweigen. Dann verflüchtigte sich der Unmut in seinen Augen. Seine Gesichtszüge wurden sanft und weich.
„In Ordnung.“ Er lächelte gequält. „Keine Bange. Ich will nichts tun, was du später bereust.“ Seine himmelblauen Augen ruhten unverwandt auf ihr, während er sich wieder fing. „Macht es dir etwas aus, ein Weilchen neben mir zu liegen?“, fragte er. Nach einem Blick in seine Augen war Elsa klar, dass seine Seele Höllenqualen litt.
„Hmm. Klingt gut.“ Die Worte waren nicht einfach nur so dahingesagt. Elsa wollte unbedingt noch einen Moment bei Erik bleiben.
Sie legten sich auf den Rücken und starrten wortlos zum Himmel, dabei lauschte Elsa Eriks Atemzügen.
Er rutschte etwas näher zu ihr heran und legte seine Hand in ihre. „Darf ich?“, fragte er. Elsa nickte.
Wie schön das war!
Elsa schloss die Augen. Wieso bloß war sie in diese Zeit hineingeboren worden?, fragte sie sich. Auf einmal überwältigte sie die Verzweiflung. Alles kam ihr so hoffnungslos vor. Langsam wurde ihr bewusst, wie real die Gefahr war, die von Erik ausging. Das Zusammensein mit ihm konnte ihre gesamte Familie in Gefahr bringen. Sie kam sich vor wie Julia in Shakespeares Drama. In diesem Fall hat sich jedoch nicht Romeo, ein Montague, unbemerkt auf ein Kostümfest der Capulets geschlichen, sondern Julia. Vielmehr hat sie sich auf das Kostümfest der Nazis – als germanische Amazone verkleidet – geschlichen.
Mit den Gedanken an Romeo und Julia schlief Elsa ein. Als sie wieder aufwachte, war es bereits Mittag und Erik war fort.