Читать книгу Über den "tatsächlichen Zusammenhang" im Bankrottstrafrecht - Alexandra Windsberger - Страница 45
IV. Stellungnahme: Der „tatsächliche Zusammenhang“ als Hilfsmittel einer erfolgsorientierten Auslegung
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Die Konstruktion des Bankrottdelikts in Anlehnung an Napoleons code de commerce, schaffte die Grundlage für die Erfindung des „tatsächlichen Zusammenhangs“, da unter Umständen neutrale Handlungen, die durch ein zufälliges Ereignis qualifiziert wurden, erheblich (Gefängnisstrafe) bestraft werden konnten. Das Anwendungsproblem des RG und des Schrifttums war, dass der vom Gesetzgeber gefasste Rechtssatz keinen unmittelbaren tatbestandlichen Bezug zu dem geschützten Rechtsgut erforderte. Das Unrecht der Tat wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts jedoch ausschließlich vom Erfolg her begriffen. In dieses System konnte jedoch ein Rechtssatz wie der einfache Bankrott (als bloßes Tätigkeitsdelikt) nicht eingeordnet werden. Der „präsumtive Kausalzusammenhang“ bzw. der „schuldindifferente Kausalzusammenhang“ war demnach ein „Hilfsmittel“ der Strafrechtswissenschaft die befürchtete Systemwidrigkeit einer Norm, die auf ein Erfolgsunrecht verzichtet, zu umgehen.[211] Mithilfe dieses „Kunstgriffs“ wurden die Strafrechtssätze der KO auf das vorherrschende System, das sich durch die Erfolgsbezogenheit der Tat auszeichnete, angepasst. Da diese Methode sich jedoch fiktiver Instrumente bedient, ohne den Strafrechtssatz an sich zu prüfen, muss der hiernach ausgerichtete „tatsächliche Zusammenhang“ letztlich als Teil des Problems bezeichnet werden. Der Zusammenhang diente letztlich dazu, die erfolgsgeneigte Interpretation und der damit zwingende Verstoß gegen das Erfordernis einer Korrespondenzbeziehung zwischen Unrecht und Schuld zu kaschieren. Die Konstruktion des „tatsächlichen Zusammenhangs“ ist daher insgesamt dogmatisch inkonsistent. Zusammenfassend lassen sich folgende Einwände ausmachen:
1.) | Die Argumentation hängt maßgeblich vom geschützten Rechtsgut ab, ohne an irgendeiner Stelle zu definieren, was ein Rechtsgut im Allgemeinen ist. |
2.) | Der „tatsächliche Zusammenhang“ stellt einen verkappten Kausalzusammenhang dar, der gegen das Schuldprinzip verstößt.[212] |
3.) | Der Wortlaut, die historische Entwicklung und teilweise der Sinn und Zweck der Norm sprechen gegen das Erfordernis eines Kausalzusammenhangs zwischen Handlung und Konkurs.[213] |
4.) | Eine Übertragung des Zusammenhangs auf Versuchs- und Teilnahmekonstellationen führt zu erheblichen Inkonsistenzen.[214] |