Читать книгу WEISSER JADE (Project 1) - Alex Lukeman - Страница 10
Kapitel 5
ОглавлениеNicholas Carter und Selena Connor standen in der Hitze des Parkplatzes. Alle geparkten Autos waren noch leer. Nick steckte sein Telefon ein. Zweieinhalb Stunden, bis Triple A ihn hier einsammeln könnte.
»Können Sie mich in die Stadt mitnehmen? Mein Mietwagen ist hinüber.« Er deutete auf die Sauerei unter seinem Wagen.
»Natürlich. Ich parke gleich dort drüben.«
Ein neuer Mercedes CL600 glänzte im Licht des späten Nachmittags. Zwölf Zylinder und über 500 PS. Ein schnelles Luxus-Auto. Ein Auto für leidenschaftliche Fahrer. Ein Geld-Auto. Nicht viele Frauen fuhren Autos mit so einer Power. Es sagte etwas über sie aus. Nick holte seine Tasche aus dem Mietwagen und stieg ein.
»Schicker Wagen.«
»Ich habe ihn erst seit ein paar Wochen.«
Sie startete und fuhr vom Parkplatz.
»Wo sind Sie untergebracht?«, fragte er.
»Im Mayflower Renaissance. Ich bleibe immer dort, wenn ich in Washington bin, und lasse das Auto dort, wenn ich nicht in der Stadt bin.«
»Das ist nicht weit von mir. Wo wohnen Sie, wenn Sie nicht in D.C. sind?«
»San Francisco. Ich habe ein Loft in North Beach.«
Sie fuhren auf die Interstate. Im Wagen war es still, bis auf das Flüstern der Klimaanlage. Nick entspannte sich im Ledersitz.
Sie fuhren etwas über 70 Mph. Selena blickte in den Rückspiegel und wechselte die Spur. Ein BMW 740 mit getönten Scheiben überholte und scherte knapp vor ihnen ein.
»Idiot!«, stieß sie leise hervor. Im Seitenspiegel sah Nick einen schwarzen Suburban hinter ihnen aufschließen. Sein Ohr begann zu jucken.
Sie gelangten an eine Baustelle. Die rechte Spur des Highways wurde durch schwere Betonbarrieren begrenzt, die dicht an dicht lagen. Orangefarbene Schilder wiesen auf doppelte Strafen und auf Bauarbeiter hin.
Der Suburban rammte sie und drängte sie an den Beton. Der Wagen prallte in einem Funkenregen von der Barriere ab und schlingerte zurück auf die Fahrbahn. Vor ihnen blockierte sie der BMW. Selena kämpfte um die Kontrolle des Wagens. Der Suburban setzte sich links neben sie und drängte sie erneut gegen die Barriere.
Der vordere rechte Kotflügel und die Motorhaube gaben nach. Etwas flog über das Dach. Funken strömten an Nicks Fenster vorbei. Der Mercedes glitt unter dem Getöse von kreischendem Stahl an dem Beton entlang.
Andere Autos versuchten unter wildem Gehupe auszuweichen.
Nick zog seine .45er. Selenas Augen verengten sich.
»Einen Moment«, sagte sie, stieg auf die Bremse, und die großen Bremsscheiben des Mercedes ergriffen die Räder. Nick war nicht darauf vorbereitet. Der Sicherheitsgurt stoppte seinen Kopf kurz vor dem Armaturenbrett. Der Suburban schoss links an ihnen vorbei, schrammte dabei am Wagen entlang und nahm den Spiegel mit. Selena schaltete runter. Sie trat das Gaspedal durch und die 500 PS erwachten zum Leben. Sie kreuzte den Verkehr bis in die äußere Spur.
Sie schossen an dem SUV und dem BMW vorbei. Der Wagen füllte sich mit dem geschmeidigen Knurren des Motors und dem Klang von Asphalt unter den Reifen.
Der Tacho kletterte über 90. Selena schlängelte sich durch den Verkehr und streifte einen roten Honda. Er schlitterte über den Highway und blieb kopfüber auf dem Rasen zwischen den Fahrbahnen liegen. Im Seitenspiegel erblickte Nick einen grauen Sedan in einen alten Pick-up voller Möbel prallen. Truhen und Stühle ergossen sich über die Fahrbahn.
Eine Viertelmeile vor ihnen wurde durch einen blinkenden gelben Pfeil auf der Ladefläche eines LKWs und eine Kette von orange-weißen Fässern der Verkehr von drei auf zwei Spuren geleitet. Gleich würde es verdammt eng werden. Rechts strömte der Beton vorbei. Eine verschwommene, stille Welle aus Grau außerhalb seines Fensters.
Mist, dachte Nick. Er beruhigte sich, senkte seinen Puls, machte sich bereit, für was auch immer kommen mochte. Die Waffe ruhte auf seinem Schenkel. Er hatte keine Kontrolle. Nick schaute zu Selena. Sie hielt das Lenkrad, ihr Gesicht entschlossen, absorbiert von Verkehr und Straße. Der Tacho hing auf hundert.
Eine lange, breite Lücke in der Betonbarriere tat sich zu ihrer Rechten auf und führte auf einen Stellplatz voller ordentlich aufgereihter Ausrüstung und Materialstapel. Selena wurde langsamer, schaltete runter, zog die Handbremse und riss das Steuer herum. Das Heck schlitterte qualmend unter dem Geheule von brennendem Gummi nach links. In einer flüssigen Bewegung löste sie die Bremse und zentrierte das Steuer. Der Mercedes schoss durch die Lücke, flog über den Rand der Straße hinaus und landete hart auf dem Schotter.
Die Vorderreifen platzten. Der Wagen trudelte und schwenkte seitlich aus, versprühte dabei in einem weiten Bogen Schotter und Erde. Sie schlitterten über den Platz. Der Wagen kam abrupt gegen einer Wand aus Stahlbeton zu stehen. Dampf quoll unter der verbogenen Motorhaube hervor.
Der BMW und der Suburban kamen auf dem Highway zu stehen. Zwei Männer sprangen mit gezogenen Waffen aus den Autos, zwei weitere folgten ihnen.
Nick drückte Selena runter in ihren Sitz und feuerte zweimal auf die Windschutzscheibe. Die Schüsse im Inneren des Wagens machten ihn fast taub. Das Glas glich einem Spinnennetz. Er feuerte erneut. Ein großer Teil der Scheibe flog hinaus. Er schoss auf den ersten Mann aus dem BMW und verfehlte ihn. Er schoss noch einmal, und der Mann wirbelte mit weit gespreizten Armen nach hinten.
Dem zweiten Mann schoss Nick in die Brust, dann wandte er sich den anderen zu. Er duckte sich. Die beiden aus dem Suburban eröffneten mit ihren Pistolen das Feuer. Die Autoscheiben verschwanden in einem Regen aus umherfliegendem Glas. Kugeln schlugen in die Seite des Wagens ein.
Etwas streifte sein Ohr. Selena duckte sich tief hinter das Lenkrad, ihre Hände über die Ohren gepresst. Er gab drei weitere Schüsse über ihren Kopf hinweg ab. Ein dritter Mann brach zusammen und fiel mit dem Gesicht voran zu Boden. Der Vierte rannte zurück hinter den Suburban. Nick erkannte einen hinter das Lenkrad gekauerten Fahrer und schoss auf ihn.
Der BMW schoss mit hoher Geschwindigkeit davon. Der letzte Mann zerrte den Körper des Fahrers hinter dem Lenkrad des SUV hervor. Er kletterte in den Wagen und fuhr mit qualmenden Reifen davon. Nick feuerte noch den Rest seines Magazins hinterher.
Für ein oder zwei Sekunden fuhr der Suburban weiter geradeaus. Dann zog er in einem unmöglichen Winkel nach rechts, und kippte um. Er schlitterte über den Boden, versprühte Funken und hinterließ Metall, Glas und Chrom, bis er liegenblieb. Mit einem lauten Zischen brachen Flammen hervor.
Der BMW war verschwunden.
»Sind Sie in Ordnung?« Nicks Worte klangen flach und weit weg. Seine Ohren klingelten von den Pistolenschüssen.
»Was? Ja, ich bin ok, glaube ich.« Sie setzte sich auf, wischte sich Glas aus den Haaren und sah ihn an. »Sie bluten.«
Der brennende Suburban war eine wilde, rote Schönheit. Eine schwarze Rauchwolke stieg zum Himmel empor, welcher von Wolken übersät war, die sich im Licht der untergehenden Sonne rosa und golden färbten. Nick spürte, wie Blut auf die Seite seines Hemdes tropfte.
Er wollte in den Rückspiegel schauen, aber der war nicht mehr da.
Auf dem Highway stiegen Menschen aus ihren Autos. Nick entfernte das leere Magazin aus der .45er, führte ein neues ein und zog den Schlitten zurück.
Seine Tür war blockiert.
»Können Sie Ihre Tür öffnen?«
Selena drückte kräftig gegen die Tür und unter dem stöhnenden Klang von verbogenem Metall öffnete sie sich. Sie stieg aus. Er rutschte über die Sitze und stellte sich neben sie.
»Warten Sie hier.« Der Rauch des brennenden Suburban wehte um ihn herum. Es roch nach verbranntem Gummi und geröstetem Fleisch. Nick spürte, wie seine Gedanken zurück nach Afghanistan wanderten und versuchte die Erinnerung zu verdrängen.
Er ging vorsichtig auf die bewegungslos am Boden liegenden Körper zu; geduckt, mit kleinen Schritten und die .45er in beiden Händen vor sich ausgestreckt. Er stupste den ersten Körper mit dem Fuß an. Eine Pistole lag auf dem Boden, eine Beretta, wie es aussah. Er trat sie zur Seite.
Der dicke Stahl und das Leder des Mercedes sowie schlechtes Schießen hatten die 9mm-Patronen weitestgehend vom Eindringen in das Wageninnere abgehalten. Etwas mit mehr Durchschlagskraft, und er wäre tot, dachte er. Selena wäre tot.
Leere asiatische Augen starrten ihn an. Nick überprüfte die restlichen Leichen, eine nach der anderen. Seine .45er hatte schweren Schaden verursacht. Keine atmete mehr. Sie sahen alle asiatisch aus. Er vermutete, für den Fahrer, der im SUV kochte, würde das auch zutreffen.
Er verstaute die Pistole in seinem Schulterholster und ging zurück zu Selena.
»Was wollten die?« Sie war blass unter ihrer Bräune.
»Die wollten Sie. Ich glaube nicht, dass sie mit Schwierigkeiten gerechnet hatten.«
Selena hatte die Arme um sich geschlungen. Er fragte sich, ob sie ohnmächtig werden würde. Dann nahm ihr Gesicht einen harten, verärgerten Ausdruck an.
»Gottverflucht, wir sind in Amerika und nicht im verdammten Afghanistan! So was sollte hier nicht passieren. Das war ein neues Auto. Sehen Sie es sich an!«
Sie überraschte ihn, die Ausdrucksweise. Er hatte sie nicht für eine Person gehalten, die so fluchen würde. Er sah sich das Auto an.
Ihr hundertfünfzigtausend Dollar Mercedes hatte einen Totalschaden. Die Front war zerbeult und nach rechts verzogen. Die Reifen waren Spinnennetze aus zerfetztem Gummi und Metall. Auf der Fahrerseite war eine lange, tiefe Furche. Alle Fenster waren zerstört. Der Boden um das Fahrzeug war übersäht mit winzigen Glassplittern, die aufwendige Lackierung von Einschüssen durchlöchert. Eine Lache aus Frostschutzmittel und Öl breitete sich unter dem Wrack aus.
»Eventuell deckt das ja die Versicherung«, sagte er. »Ich muss mal telefonieren.«
Sie sah ihn an, als wäre er verrückt. Sie schüttelte den Kopf.
Ein Hubschrauber kreiste über ihnen und filmte für die Abendnachrichten, um die Gier nach Gewalt zu befriedigen. Sirenen heulten in der Ferne. Nick holte sein Telefon aus der Tasche und rief Direktor Harker an. Sie würde ihnen schneller aus den Klauen der Gesetzeshüter helfen als es Erklärungen könnten.
Zumindest waren seine Kopfschmerzen verschwunden.