Читать книгу WEISSER JADE (Project 1) - Alex Lukeman - Страница 19
Kapitel 14
ОглавлениеDer Klang von Lis Uzi hinter dem Haus und die zwei lauten Schüsse einer großen Pistole lockten Choy ans Ende der Veranda. Er war gerade um die Ecke gebogen, als ein weiterer Schuss Splitter aus der Wand neben seinem Gesicht riss.
»Chung, geh zur anderen Seite und sieh nach, ob du den Schützen entdecken kannst. Ich beschäftige ihn so lange.« Chung rannte los.
Choy streckte die Uzi um die Ecke und feuerte eine Salve in die grobe Richtung, aus welcher die Schüsse gekommen waren. Es kam keine Antwort zurück. Chungs Beretta erklang hinter dem Haus, gefolgt von zwei weiteren lauten Schüssen und einem Schrei. Choy schaute um die Ecke und erblickte einen Mann und eine Frau in vierzig bis fünfzig Metern Entfernung, die zum Fluss rannten. Chung und Li waren nirgends zu sehen. Er feuerte eine weitere Salve ab, aber die Uzi war auf diese Entfernung nutzlos. Er wechselte zu seiner Pistole und feuerte dreimal. Die beiden rennenden Figuren verschwanden hinter einem Hügel.
Choy lief zur Rückseite des Hauses und sah Chung im Gras liegen. Er hatte die Hände auf seinen blutigen Unterleib gedrückt.
»Chung. Wie schlimm?«
Chung schnappte nach Luft. »Schlimm. In den Bauch. Es sind zwei. Der Mann hat die Waffe.«
»Wo ist Li?«
»Weiß nicht.«
»Halte durch. Ich komme wieder.«
Choy rannte über das Feld und versuchte, in der Deckung des Hügels zu bleiben. Es gab keine Anzeichen von dem Mann oder der Frau. Er kam an Lis Körper vorbei, der mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag, und erreichte den Hügel. Er steckte ein frisches Magazin in die Uzi, duckte sich und bewegte sich durch das trockene Gras, bis er sehen konnte, wohin das Paar verschwunden war.
Ein Tunnel öffnete sich an der Seite des Hügels und davor waren zerbrochene Bretter am Boden verstreut. Sie mussten hineingegangen sein. Wenn er zur Öffnung des Tunnels ginge, würde er gegen das Licht als Silhouette sichtbar werden.
Choy reichte es für einen Tag. Er griff in seine Tasche und holte eine Granate heraus. Er zog den Ring ab und warf die Granate in die Tunnelöffnung.
Die Explosion begrub den Eingang in einem Erdrutsch aus roter Erde und Fels. Das hatte Choy nicht erwartet, aber es erfüllte seinen Zweck. Die beiden würden da drinnen keinen Ärger mehr machen.
Er lief zurück zu der Stelle, wo Noodles lag. Der war tot. Er ging zu Chung, der sich den Unterleib hielt. Dunkles Blut tränkte sein Hemd und quoll zwischen seinen Fingern hervor. Choy kniete sich neben ihn.
»In Ordnung, Chung. Wir werden dich wieder in Ordnung bringen.«
Dieser verdammte Amerikaner, dachte Choy. Jetzt haben wir Probleme. Und Chung sieht nicht besonders gut aus.
»Wasser«, sagte Chung.
»Kein Wasser. Ich werde dich zum Auto schaffen. Das wird wehtun.«
Er bückte sich und hob ihn hoch. Chung schrie vor Schmerz. Choy richtete sich auf und trug den stöhnenden Mann zum Wagen. Er legte ihn auf den Boden.
Choy ging zu der Stelle, wo Lis Körper im Gras lag. Er sammelte die Waffe auf, zerrte den Körper zurück zum Auto und verstaute dann den Toten und die Uzi im Kofferraum. Er blickte zu Chung. Es gab nicht viel, was er bei so einer Wunde tun konnte. Chungs einzige Hoffnung war ein Krankenhaus. Choy konnte es nicht riskieren. Er würde zum Konsulat zurückkehren müssen, aber er glaubte nicht, dass Chung so lange aushalten würde. Entweder das, oder er beendete es jetzt und packte ihn zu Li. Für einen Moment zog er diese Option in Erwägung. Er entschied sich aber, weiter darüber nachzudenken.
Er ging zurück zu der Stelle, wo Chung getroffen worden war, sammelte seine Waffen auf und brachte sie zum Auto, wo er sie zu Lis Körper in den Kofferraum legte. Dann ging er ins Haus. Eine geöffnete Weinflasche stand auf dem Küchentisch.
Choy hob die Flasche auf und nahm einen langen Zug daraus. Zu bitter im Vergleich zum süßen Pflaumenwein, den er mochte, aber besser als nichts. Er wischte sich über die Lippen und betrachtete den Haufen aus Plastikfetzen und Klebeband auf dem Tisch.
Irgendetwas war hier ausgepackt worden. Choy hatte ein ungutes Gefühl. Wenn das die Verpackung des Buches war, welches er beschaffen sollte, und es jetzt mit den Amerikanern begraben war, würde der Colonel sehr wütend sein.
Als er zurückdachte, wurde ihm klar, dass die Frau eine weiße Plastiktüte getragen hatte. Je mehr er darüber nachdachte, umso sicherer war er sich, dass das Buch in dem Tunnel mit zwei toten Amerikanern lag. Die ganze Mission hatte sich in ein Desaster verwandelt. Er nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche.
Das Ganze hatte eine Menge Lärm gemacht. Das Haus war zwar auf dem Land, und jeder wusste, Amerikaner auf dem Land schießen unentwegt auf irgendwas und daher würde sich niemand viel dabei denken, aber die Granate war wirklich laut gewesen.
Zeit, zu gehen.
Choy durchsuchte das Haus flüchtig, um Colonel Wu sagen zu können, er habe nach dem Buch gesehen. Er fand eine Handtasche auf der Couch, öffnete sie und schüttete sie aus. Er nahm die Brieftasche und schaute sich den Führerschein an. Die Connor-Frau. Wer war der Mann?
Choy nahm das Geld und den Führerschein aus der Brieftasche und warf sie auf die Couch. Er nahm einen letzten Schluck aus der Flasche, ging auf die Veranda und zu dem Truck, der vor dem Gebäude geparkt war. Er öffnete das Handschuhfach und durchwühlte es. Er fand einen Versicherungsschein mit einem Namen und einer kalifornischen Adresse. Choy steckte das Papier in seine Tasche.
Er ging zurück zu dem Mercedes und schaute auf Chung. Was war, wenn er unterwegs angehalten wurde? Wie würde er den Verletzten erklären?
»Wasser«, sagte Chung.
»Du wirst bald so viel Wasser bekommen, wie du magst, mein Freund«, sagte Choy leise. Er klopfte ihm vorsichtig auf den Arm. Dann nahm er seine Pistole und schoss Chung in den Kopf. Er öffnete den Kofferraum und hob Chung hinein zu Li. Es war gerade genug Platz für die beiden. Er schloss den Kofferraum und stieg ins Auto, stellte den Sitz ein und startete den Motor.
Er würde in ein paar Stunden zurück im Konsulat sein. Das würde ihm Zeit geben, um sich eine Geschichte für den Colonel zurechtzulegen. Zumindest waren der amerikanische Mann und die Frau erledigt. Der Gedanke zauberte ein befriedigtes Lächeln auf sein Gesicht. Choy begann unmelodisch zu summen, während er auf den Highway und zurück nach San Francisco fuhr.
Es war dunkel, als er die Stadt erreichte. Noch zwanzig Minuten, dachte er. Dann erhellten die blinkenden Lichter eines Polizeiautos die Nacht hinter ihm.
Choy betätigte den Blinker und fuhr an den Straßenrand, den Motor ließ er laufen. Das Polizeiauto stand hinter ihm, während ein paar Fahrzeuge vorbeifuhren. Choy war nervös. Warum war er angehalten worden? Er war nicht zu schnell gefahren. Er versuchte, darauf zu kommen, was es sein könnte. Endlich stieg der Polizist aus seinem Wagen. Er näherte sich dem Auto und tippte an die Scheibe. Seine Hand war auf die Waffe im Holster gelegt und er signalisierte Choy, das Fenster zu öffnen.
»Ja, Officer. Gibt es ein Problem?«
Choy sprach passables Englisch, dafür hatte Colonel Wu gesorgt.
»Sir, wussten Sie, dass eines Ihrer Rücklichter beschädigt ist? Kann ich bitte Ihren Führerschein, den Versicherungsnachweis und die Registrierung sehen?«
»Ja, Sir. Die Papiere sind im Handschuhfach.« Choy griff hinüber und öffnete die Klappe. Er zog Registrierung und Versicherung unter einer Karte hervor. Zum Glück lag Chung nicht auf dem Rücksitz. Der Polizist leuchtete mit seiner Taschenlampe auf die Papiere.
»Führerschein bitte.«
Choy reichte ihn hinaus.
»Warten Sie hier«, sagte der Beamte und ging zurück zu seinem Wagen. Er setzte sich hinein und schrieb etwas. Dann kam er zurück.
Er reichte die Papiere und den Führerschein zurück an Choy.
»Sie erhalten eine Sicherheitsverwarnung«, sagte er. »Sie müssen das in Ordnung bringen lassen und diesen Vordruck an die Adresse auf der Rückseite schicken. Sie haben fünf Tage Zeit, um das zu erledigen.«
»Ja, Officer. Danke für Ihre Hilfe.« In Choys Innerem kochte es. Würde heute irgendetwas klappen? Zumindest würde der Polizist ihn gehen lassen.
»Sagen Sie, da läuft etwas aus, hinten, unter dem Kofferraum.«
Choy beobachtete wie das Gesicht des Polizisten sich verhärtete und sich seine Hand zur Waffe bewegte, als er realisierte, dass es sich um Blut handelte. Choy zögerte nicht. Er feuerte drei Schüsse durch das geöffnete Fenster. Der Polizist stolperte und fiel ausgestreckt zu Boden. Choy trat das Gaspedal durch und steuerte zurück auf die Fahrbahn.
Eine halbe Stunde später erreichte er das Konsulatsgelände und fuhr in die Garage. Er stellte den Wagen ab. Der Motor rasselte noch einen Augenblick und verstarb dann mit einem unregelmäßigen Husten.
Choy saß in der Stille des Parkhauses und dachte darüber nach, wie dieser Tag über jede Vorstellung hinaus schiefgegangen war. Zu schade um Li und Chung, aber das war seine geringste Sorge. Was würde er Colonel Wu erzählen? Die einzige Person auf dieser Welt, vor der Choy Angst hatte, war Wu. Wu konnte einem das Leben zur Hölle machen.
Choy schwitzte in der kühlen Dunkelheit. Ein kalter, schmieriger Schweiß, der dunkle Kreise unter seinen Achseln formte. Er roch seinen eigenen Körpergeruch. Er hasste es, wenn das passierte. Im Basistraining hatten sie ihn verspottet, ihn ein Schwein und schlimmeres genannt, wenn er so roch. Das hörte auf, nachdem er eine Chance hatte, sie mal alleine abzupassen. Bald kommentierte niemand mehr wie er roch.
Choy wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel seiner Jacke ab. Wenn er Wu erzählte, was wirklich geschehen war, könnte er sich glücklich schätzen, als nächsten Auftrag Kamele in der Wüste Gobi hüten zu dürfen. Wenigstens hatte er den Namen des Mannes, der alles versaut hatte. Aber der Störenfried war bereits nicht mehr von Bedeutung, tot in der eingestürzten Mine.
Er stieg aus dem Auto. Ein leichter Geruch nach Kanalisation drang aus dem Kofferraum. Es war nicht Choys Schuld, dass sich Li und Chung hatten umbringen lassen. Wer hätte gedacht, dass da jemand bei dem Haus sein würde, der so schießen konnte, während seine Männer auf ihn feuerten? Es musste jemand mit ausgezeichnetem Training gewesen sein, ein Profi. Choy musste sich eine widerwillige Bewunderung eingestehen.
Der Gedanke an den Schützen, tot in der Mine, ließ ihn sich besser fühlen. Er würde sich zurückmelden, so wenig Details wie möglich mitteilen und auf das Beste hoffen. Choy begann vor sich hin zu summen. Alles würde gut werden.