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Kapitel 2

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Nicholas Carters Gedanken kreisten nicht um die Granate, sondern um die Temperaturanzeige seines gemieteten Ford, die im roten Bereich verankert war. Er fuhr auf den Parkplatz von PROJECT und stieg aus, in die Hitze. Dampf kochte unter der Motorhaube und eine grüne Pfütze breitete sich unter dem Auto aus. Sein Kopf fühlte sich an, als sei er in Eisen gehüllt. Er wünschte, er wäre noch in seiner Hütte in Kalifornien, anstatt in Virginia mit seinen Schuhen am Asphalt zu kleben.

Carter sah sich um. Die anderen Autos waren leer. Er überquerte den Parkplatz und ging zu dem Gebäude, in dem sich PROJECT befand. Eines wie hunderte in der Gegend. Bei flüchtiger Betrachtung unterschied es sich lediglich durch eine beeindruckende Ansammlung von Antennen auf dem Dach.

Carter passierte den Sicherheitsbereich, ignorierte den Fahrstuhl und ging zur Treppe. Vorbei an den Computern, den Back-up-Generatoren und der Kommunikationszentrale im zweiten, sowie den Analysten im dritten Stock, verließ er das Treppenhaus im vierten und letzten Stockwerk und ging zum Büro von Direktor Harker. An der Tür legte er seine Hand auf den biometrischen Scanner und trat ein.

Elizabeth Harker sah von ihrem Schreibtisch auf. Sie war schmächtig, hatte milchweiße Haut, kleine, spitze Ohren und rabenschwarzes Haar. Ihre großen, grünen Augen glichen denen einer Katze. Sie sah aus wie eine in Schwarz und Weiß gekleidete Elfe, allerdings eine, mit der man sich lieber nicht anlegen sollte.

Auf ihrem Schreibtisch befand sich ein Aktenordner mit seinem Namen, ein silberner Stift, der einmal Roosevelt gehört hatte, und ein Bild der brennenden Twin Towers. Das Bild diente ihr als Erinnerung daran, was ihr Auftrag war.

»Nehmen Sie Platz.« Harker öffnete die Akte.

Er setzte sich und wartete.

»Der Psychiater sagt, Sie sind wieder bereit für den Einsatz. Stimmt das?«

»Mir geht es gut.«

»Keine Flashbacks mehr?«

»Nein.«

Seit drei Monaten schon nicht mehr. Er hatte die Pillen vom Doktor weggeworfen. Sie hatten alles zu einer schmalen Monotonie reduziert und ihm das Gefühl gegeben, als würde er in einem verblassenden Schwarz-Weiß-Foto leben. Er glaubte nicht, dass Harker von den Träumen erfahren müsste.

Harker nickte, machte eine Notiz in der Akte und verstaute sie dann in einer Schublade.

Ein großer, flacher Monitor war an einer Wand des Büros angebracht. Harker tat irgendetwas an ihrem Schreibtisch und das Bild eines älteren Mannes erschien auf dem Schirm. Seine Augen waren blau. Er sah aus wie jemand, den man gerne zum Großvater hätte.

»Das ist William Connor. Er war ein sehr reicher Mann. Außerdem war er ein Freund des Präsidenten.«

»War?«

»Jemand hat ihn gefoltert, bis er an einem Herzschlag gestorben ist. Man hat ihm einen seiner Finger mit einer Gartenschere abgeschnitten. Danach transferierte man Geld von seinen Konten und verwüsteten seine Wohnung.«

Eine elektrische Spannung zog in Carters Schultern. Einem alten Mann einen Finger abzuschneiden, machte es zu etwas Persönlichem, etwas, woran er sich festhalten konnte. Es war besser, wenn es persönlich war. Das half, ihn zu motivieren. Für Gott und Vaterland reichte ihm irgendwie nicht mehr wirklich, nicht seit Afghanistan. Nicht seit Südamerika.

»Das ist kaltherzig. Wie viel Geld?«

»So etwa vierhundert Millionen.«

»Warum mischen wir uns da ein? Das ist doch eher ein Fall für das FBI oder das Schatzamt.«

»Wir haben letzte Woche eine verschlüsselte Satellitenübertragung der chinesischen Botschaft in San Francisco abgefangen. Ein Colonel des chinesischen Militärnachrichtendienstes namens Wu gibt vor, ein offizieller Handelsvertreter zu sein. Er rief seinen Boss, General Yang an, das ist der Chef ihres Militärnachrichtendienstes. Wu berichtete ihm von einem alten Buch, das Connor in Bhutan gefunden hatte. Yang befahl ihm, sowohl das Buch als auch das Geld von Connor zu besorgen. Das Geld wanderte auf ein Konto von Yang auf Macao.«

»Chinesischer Militärnachrichtendienst? Warum sollten die so was Dummes tun? Das ergibt doch keinen Sinn. Was steht denn in dem Buch?«

»Das wissen wir nicht. Connor hatte eine Nichte, die das vielleicht weiß. Ich möchte sie dazu befragen. Doktor Connor kommt heute noch zu uns.«

»Doktor?«

»Sie hat in orientalischen und in altertümlichen Sprachen promoviert. Sie ist eine der Top-Experten des Landes.«

Carter versuchte sich eine promovierte Experten-Nichte vorzustellen. Jemand mit akademischem Aussehen. Möglicherweise in einem schlabbrigen, erdfarbenen Anzug, mit großer Brille und grauen Haaren, so um die fünfzig.

Harker sagte: »Das FBI hat Wu unter routinemäßiger Überwachung. Ich habe ein Foto angefordert, und sie haben eines rübergeschickt. Mein Bauchgefühl sagt allerdings, dass sie noch irgendetwas zurückhalten.«

Nick reagierte nicht.

»Zeke Jordan ist der Verbindungsmann. Sie kennen ihn. Sprechen Sie mit ihm und sehen Sie zu, was Sie herausfinden können.«

Eine Stimme erklang aus der Gegensprechanlage auf Harkers Schreibtisch.

»Frau Direktor, Doktor Connor ist hier.«

»Bringen Sie sie herauf.«

Während sie warteten, dachte Carter über sein Auto nach und entschied sich dafür, Triple A anzurufen und mit dem Abschleppwagen zurückzufahren.

WEISSER JADE (Project 1)

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