Читать книгу Killer-Zimmer: Krimi Koffer mit 1300 Seiten - Alfred Bekker - Страница 39

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Das Hotel, das man für uns gebucht hat, war nicht gerade erstklassig.

“Sag jetzt nichts”, raunte mir Rudi zu, nachdem er meinen Blick registriert hatte und wohl auch richtig zu deuten wusste. Rudi und ich sind schon sehr lange Dienstpartner. Und wir sind Freunde. Schon eine dieser Eigenschaften würde ausreichen, um irgendwann in der Lage zu sein, die Gedanken des anderen zu lesen.

Der Wirt war ein kleiner, hutzeliger Mann mit einer unangenehm scharf klingenden Stimme. Dazu kam noch sein sächsischer Akzent. Man kann so etwas durchaus als Folter für die Ohren bezeichnen.

“Also Ihr Zimmer ist im ersten Stock und hat die Nummer 12.”

“Aha”, sagte ich.

“Es ist die Nummer 12 auf der rechten Seite. Wir haben auch links eine Nummer zwölf, weil wir die Nummer 13 nicht vergeben. Sie verstehen, nicht wahr?”

“Nein.”

Er beugte sich über den Tresen und sprach in gedämpftem Tonfall weiter. “Aberglauben.” Er klopfte auf das Holz des Tresens. “Ich glaub ja nicht dran.”

“Nee, schon klar.”

“Aber sicher ist sicher, würde ich sagen.”

“Was ich nicht verstehe, ist, wie Sie von einem Zimmer sprachen”, mischte sich jetzt Rudi ein. “Wir brauchen zwei. Und die sind auch gebucht worden.”

“Es tut mir leid, aber da muss ein Missverständnis vorliegen. Es gibt nur ein Zimmer für Sie.” Der Wirt grinste schief. “Aber es macht so Leuten wie Ihnen doch sicher nichts aus, etwas enger zusammenzurücken”, meinte er dann noch. “Sie verstehen schon, was ich meine.”

“Nee, verstehe ich nicht”, sagte ich.

Ich wollte es auch eigentlich gar nicht verstehen. Das dreckige Grinsen des Wirtes machte ihn mir auch nicht gerade sympathischer.

“Na ja ...”

“Na ja, was?”, fragte ich.

“So Leute wie Sie ... Aus der Hauptstadt ... Da ist doch kaum noch einer vom richtigen Ufer. Die Schwulen sind doch da vermutlich schon in der Mehrheit.” Er knallte den Schlüssel auf den Tisch. “Ich habe auch nur einen Schlüssel. Tut mir leid, den zweiten Schlüssel hat mal ein Gast verbummelt. Das war letztes Jahr, als dieser Monteurstrupp hier war. Aus Polen. Die haben sowieso alles mitgenommen, was nicht festgeschraubt war, kann ich Ihnen sagen. Dagegen sollten Sie mal was unternehmen. Sie sind doch von der Kripo, oder?”

“Bundeskriminalamt”, sagte ich.

“Früher hätte man gesagt Stasi. Ist ja auch egal.”

“Nein, das ist nicht egal.”

“Meine Güte, so humorlos, wie Sie sind, Herr ...”

“Kubinke”, unterbrach ich ihn.

“Sie sind wegen dem Bullen hier, den man umgebracht hat?”

“Das war ein Beamter des Bundeskriminalamtes. Für Bullen sind Veterinäre zuständig.”

“Was?”

Er sah mich einen Moment lang verständnislos an.

Ich nutzte die Gelegenheit, um gleich eine Frage hinterherzuschieben, denn der Wirt stand ohnehin auf der Liste der Personen, mit denen wir uns unterhalten wollten. Ich hielt ihm mein Handy hin. Auf dem Display war ein Bild des ermordeten Kollegen zu sehen. “Wir reden über diesen Mann, nicht wahr?”

Auf dem Foto war zu sehen, dass er tot war. Und da der Kollege ein paar Tage im Wald gelegen hatte und man ihm mit einem stumpfen Gegenstand auf den Schädel gehauen hatte, sah er entsprechend aus.

Der Wirt wagte nur einen kurzen Blick.

Er runzelte die Stirn.

“Er hat hier gewohnt”, stellte ich fest. “Hier in diesem Hotel.”

“Hatte aber schon ausgecheckt”, sagte der Wirt. “Er war nur eine Nacht hier, dann hat er am Morgen seine Sachen genommen und ausgecheckt. Und da lebte er noch. Schmitten heißt er, nicht wahr? Also ich wollte sagen: So hieß er.”

“Rüdiger Schmitten”, wiederholte ich.

“War hinter einem Terroristen her. Irgendein Abu Abdul irgendwas.”

“Woher wollen Sie wissen, dass das ein Terrorist war?”, fragte mein Kollege Rudi Meier.

Der Wirt hob die Augenbrauen. “Na, was denn sonst?”

“Der Mann, den Kommissar Schmitten gesucht hat, müsste sich laut unseren Informationen hier im Ort aufhalten”, sagte ich.

“Müsste”, wiederholte der Wirt. “Tut er aber nicht.”

“Wieso sind Sie da so sicher?”

“Na, weil ...” Er zögerte. “Der ist sicher wieder weg. Und überhaupt, was spielt das für eine Rolle?” Er wirkte plötzlich nervös. Sehr nervös sogar. “Also, ich kann dazu eigentlich auch gar nichts weiter sagen. Wirklich nicht.” Er druckste etwas herum. Redete davon, dass er es nicht gut fände, dass so viele Fremde ins Land gekommen seien. Und das dürfte man ja wohl auch mal sagen.

Dann zeigte er uns das Zimmer.

“Davon habe ich immer schon geträumt, Rudi”, meinte ich.

“Wie bitte?”

“Na, mit dir in einem Bett schlafen.”

“Ich hoffe, du schnarchst nicht, Harry.”

“Doch, tue ich”, sagte ich.

“Wenn ich das geahnt hätte ...”

“Was dann?”

“Dann hätte ich Ohropax mitgenommen. Aber in diesem Ort gibt es wahrscheinlich nicht einmal einen Laden, wo man sich so etwas besorgen kann.”

Der Wirt war die ganze Zeit über im Zimmer geblieben. Er hatte uns mit einem Gesichtsausdruck zugehört, der schwer zu deuten war. Aber mir war die v-förmige, tiefe Furche auf seiner Stirn gleich aufgefallen. Er wirkte skeptisch.

“Was ist noch?”, fragte ich.

“Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben dürfte ...”

“Aber immer”, meinte Rudi. “Oder bist du da anderer Ansicht, Harry?”

“Keineswegs”, meinte ich.

Der Wirt schluckte. Er rieb die Handflächen gegeneinander. Und er wich meinem Blick aus. “Sehen Sie zu, dass Sie das erledigen, was Sie hier zu erledigen haben und dann verschwinden Sie am besten wieder. Wir mögen hier keine ...”

“Keine was?”, hakte ich nach.

“Leute von auswärts, die hier nicht hinpassen.”

“Na, das beruhigt mich aber”, meinte mein Kollege Rudi Meier daraufhin. “Ich hatte schon gedacht, Sie wären ausländerfeindlich oder so. Aber in Wahrheit mögen Sie anscheinend nicht einmal deutsche Polizisten!”

“Hier gelten ungeschriebene Gesetze”, sagte er. “Wie gesagt: Ich kann Ihnen nur einen guten Rat geben. Mehr nicht. Befolgen müssen Sie ihn nicht.”

“Hat Herr Schmitten Ihre Ratschläge vielleicht auch nicht befolgt?”, hakte ich dann nach.

Der Wirt sah mich an. Und zwar auf eine Weise, die erkennen ließ, dass er mich zum Teufel wünschte. Aber da war noch etwas anderes in seinem Gesichtsausdruck.

Angst.

Eine sehr deutliche Portion Furcht, von der ich mir im Augenblick nur noch nicht erklären konnte, wodurch sie begründet war.

Aber das sollten wir noch erfahren.

Schneller, als es uns lieb war im Übrigen.

Aber ich will an dieser Stelle nicht vorgreifen.

Killer-Zimmer: Krimi Koffer mit 1300 Seiten

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