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Kapitel 3: Ein lebender Toter

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Im nächsten Augenblick glitt die Schiebetür zur Seite und ein junger Mann trat ein, dessen Kopf wie eine Krake aussah. Ein unterdrückter Laut war zu hören – unverkennbar eine menschliche Stimme.

Der Krakenmann griff sich das achtarmige Gebilde, nahm es von seinem Kopf und warf es auf den Boden.

„Klonxx findet das gar nicht nett!“, schrillte jetzt in den Köpfen aller Anwesenden eine Stimme. Keiner von ihnen hörte diese Stimme wirklich mit seinen Ohren. Es war eine telepathische Gedankenstimme, die direkt in das Gehirn hineinwirkte. „Klonxx ist sehr ärgerlich! Warum wird Klonxx nicht weiter getragen?“

„Weil Klonxx selber laufen kann!“, sagte der junge Mann, der das Krakenwesen auf den Boden geworfen hatte.

„Erric!“, entfuhr Tabeja, die wohl für einen Moment sämtliche Lehren über Gedankendisziplin, die ihre Ya-don-Lehre predigte, vergessen hatte.

Die anderen starten den Ankömmling einfach nur fassungslos an und als Rhon den Sessel des Captains herumdrehte, wirkte er für einige Augenblicke wie vom Schlag getroffen.

„Ja, ich bin's wirklich!“, sagte Erric. „Und ich versichere hiermit feierlich, dass ich keineswegs ein Gespenst bin, wie manche jetzt vielleicht glauben!“

„Wie... wie kommst du hier her?“, stammelte Rhon.

„Tut mir leid wegen dem Jäger. Ich denke die AVALON-11 ist jetzt wohl hin... Da werden nicht einmal mehr ein paar Einzelteile übrig geblieben sein, die man noch verwenden könnte...“

„Verdammt, der Jäger ist mir völlig gleichgültig!“, rief Rhon. „Ich habe gesehen, wie du explodiert bist!“

„Ich zum Glück nicht“, gab Erric zurück. „Tja, ich weiß nicht, ob ich das mal erwähnt hatte, aber wenn ich euch mit diesen technischen Details komme, dann hört ihr mir ja meistens nicht zu und verdreht nur die Augen... Also ich habe schon seit längerem versucht, mir einen kleinen Transmitter ins Cockpit zu bauen. Ehrlich gesagt hatte ich ihn noch nie ausprobiert, ob die automatische Auslösung auch wirklich funktioniert. Soweit war ich nämlich noch nicht. Scheint aber so zu sein.“

„Das heißt... du hast dich einfach weggebeamt!“, stellte Rhon ziemlich fassungslos fest.

Erric nickte. „Ganz genau. Der Transmitter war so eingestellt, dass ich direkt in einer der Beam-Stationen unseres Raumkreuzers gelandet bin...“

„Und dann hältst du es nicht für nötig, mal einen Ton zu saqen?“, fragte Rhon. „Wir haben alle gedacht, du wärst nicht mehr unter den Lebenden und bei der Explosion zerrissen worden.“

„Ich hab's ja versucht“, meinte Erric. „Also erstmal musste ich natürlich aus meinen Raumanzug herauskommen und dann ist mir ein kleines Missgeschick mit dem Kommunikator passiert!“

„Alles Ausreden!“, meinte Rhon. „In Wahrheit ist es dir nur vollkommen egal, was in den Köpfen von anderen vor sich geht!“

„Nein, so war das nicht! Als ich das Problem gelöst hatte, habe ich sofort Kontakt mit dir aufzunehmen versucht. Erst über Funk mit deinem Jäger, dann mit deinem Kommunikator und jetzt auf dem Weg zur Brücke auch noch mit dem Sprechgerät im Sessel des Captains!“

Erric deutete auf das gut sichtbare Leuchtsignal auf dem Touchscreen der Armlehne.

„Also, ich wusste ja nicht...“, murmelte Rhon.

„Na, bitte, ich hab's doch gesagt! Also bei mir geht ja sicher mal das eine oder andere daneben, aber an allem bin ich nun auch nicht schuld!“

„Klonxx denkt, dass da ein paar der Anwesenden ärgerliche Gedanken über Erric hegen!“, meldete sich das Krakenwesen mit einem seiner doch manchmal ziemlich aufdringlichen Gedanken zu Wort.

„Halt die Klappe und misch dich da nicht ein!“, wandte sich Erric an das Krakenwesen namens Klonxx.

„Klonxx hat doch gar nichts gesagt. Alles nur Gedanken! Aber die Wahrheit kommt immer heraus...“

Niemand wusste, woher Klonxx kam, von welchem Planeten er stammte oder was für einem Volk er angehörte. Und bisher hatte nicht einmal Annn, die sich ja sehr für solche Fragen interessierte, mehr darüber herausbekommen können.

Als sich Rhon und die anderen Spacer die AVALON auf dem Raumschrottplatz in Besitz nahmen und wieder flott machten, war Klonxx bereits an Bord.

Und so geschwätzig er mit seinen Gedankenbotschaften ansonsten auch sein mochte – darüber, wie er an Bord gelangt war, hatte das Krakenwesen nichts verlauten lassen.

„Vielleicht hättest du trotzdem irgendeinen Weg finden können, uns nicht so im Unklaren zu lassen“, meinte Tabeja.

„Zum Beispiel hättest du uns vor deinem Flug darüber informieren können, dass du dir eine Möglichkeit zum beamen in den Jäger gebaut hast!“, sagte Rhon.

„Hey, Mann! Ich rede den ganzen Tag über meine Konstruktionsideen und keiner hört mir zu! Aber wenn ich dann mal aus lauter Rücksichtnahme etwas nicht erwähne, ist es auch wieder nicht richtig.“

„Klonxx glaubt nicht, dass dies eine hilfreiche Bemerkung war, der von deinen Gesprächspartnern gut aufgenommen wird!“, drängte sich das Krakenwesen wieder mit einem seiner Gedanken auf. Auf seinen Tentakeln kroch es über den Boden und legte dabei eine Geschwindigkeit vor, die man ihm auf den ersten Blick gar nicht zutraute. „Klonxx möchte nicht, dass aus seiner Geschwindigkeit der Schluss gezogen wird, dass er nicht mehr getragen werden müsste...“

„Manchmal frage ich mich, ob das Biest nicht nur Gedanken senden, sondern auch lesen kann!“, meinte Erric. Er atmete tief durch. „Also es tut mir leid, ich habe niemanden von euch in eine verfrühte Trauer stürzen wollen!“

„Klonxx glaubt, dass deine Worte bei den anderen arrogant und unangemessen erscheinen!“

„Und Erric glaubt, dass Klonxx seine Gedanken für sich behalten sollte!“, reagierte Erric nun ziemlich gereizt auf den Gedanke des Krakenwesens.

Klonxx kletterte inzwischen eine der Wände der Zentrale empor. Aufgrund der Saugnäpfe an den Tentakeln war das für das Krakenwesen auch kein Problem. Er kroch über einen der großen Panorama-Bildschirme und hatte schließlich seinen Platz unter der Decke erreicht.

Immer wieder konnte man Klonxx irgendwo im Schiff unter der Decke klebend finden. Manchmal, wenn jemand vorbei kam, ließ er sich dann einfach fallen, um ein Stück getragen zu werden.

Das musste wohl Erric auf seinem Weg zur Zentrale passiert sein.

Aber das empfanden die Spacer keineswegs als die nervigste Eigenschaft des Krakenwesens. Das war zweifellos die absolute Offenheit und Respektlosigkeit, mit der er seine Gedanken äußerte – ohne Rücksicht darauf, ob er damit jemanden beleidigte oder ob es vielleicht jemandem peinlich war. Inzwischen waren sich alle ziemlich sicher, dass er Gedanken zumindest teilweise auch lesen konnte, auch wenn er anscheinend nicht alles, was in den Gehirnen von Menschen, Zirpaniern oder Ampanor vorging richtig begriff.

Klonxx fand allerdings nichts dabei, auch peinliches einfach auszusprechen – so wie es ihm in den Sinn kam.

Manchmal war das lustig – aber längst nicht immer.

Erric ging zu seiner Konsole in der zentrale. Durch einen Knopfdruck aktivierte er sie. „Hey, jetzt seht mich nicht so an! Das Ganze hat auch etwas Positives!“

„Ehrlich gesagt ist mir das entgangen“, meinte Annn.

„Na, der Cockpit-Transmitter hat funktioniert! Besser als ein altmodischer Schleudersitz ist er auf jeden Fall! Es ist doch besser, sich direkt auf das Mutterschiff in Sicherheit beamen zu lassen, wenn mal was so richtig schiefgeht, als in der Nähe eines explodierenden Raumschiffs durch das All zu schweben und darauf hoffen zu müssen, dass irgendwer da ist, der einen findet.“

„Da ist was dran“, stimmte Sirak zu. Der riesenhafte Ampanor hatte das untere seiner beiden Armpaare vor dem flachen Bauch verschränkt. „Was meinst du, könntest du so etwas auch in meine AVALON-99 einbauen? Das würde meine Elternfünfheit sehr beruhigen.“

Bei den Ampanor gab es nicht nur zwei, sondern fünf Geschlechter, was für den Nachwuchs den Nachteil hatte, dass man unter den Ampanor dazu neigte, überfürsorglich zu sein. Schließlich gab es immer fünf Elternteile, die sich um ein einziges Kind kümmerten. Trotz ihres sehr kriegerisch wirkenden Äußeren waren Ampanor-Eltern eher überängstlich und Sirak hatte oft genug davon erzählt, wie mühsam er sich seine Freiheiten hatte erkämpfen müssen. Und zwar jede einzelne! Dass er sich regelmäßig vom Ampanor-Planeten aus auf ein viele tausend Lichtjahre entferntes ausrangiertes Kriegsraumschiff beamte, um sich mit anderen Spacern zu treffen, fanden vier seiner fünf Eltern überhaupt nicht gut. Und dass Erric ihm die AVALON-99 so umgebaut hatte, dass sein massiger Körper ins Cockpit passte und Sirak auf diese Weise an den Rennen teilnehmen konnte, hatte der junge Ampanor seiner Elternfünfheit überhaupt nicht erzählt. Es war besser, wenn sie das gar nicht erfuhren, sonst machten sie sich nur unnötig Sorgen und hätten ihm vielleicht sogar sein Spacer-Leben verboten. Die Elternfünfheit ging noch immer davon aus, dass ein Ampanor in Siraks Alter einfach schon viel zu groß und umfangreich war, um sich noch ins Cockpit eines Raumjägers quetschen zu können.

„Man könnte das mit einem Transmittersitz im Cockpit noch verbessern“, meldete sich nun Xorr zu Wort. Der vogelartige Zirpanier bewegte dabei ruckartig den Schnabel in Errics Richtung.

„Immer her mit guten Vorschlägen!“, meinte dieser. Offenbar war Erric froh, dass inzwischen über etwas anderes gesprochen wurde, als über seine vermeintliche Wiederauferstehung und die Tatsache, dass er sich nicht schnell genug gemeldet hatte, was zumindest Tabeja und Rhon doch erkennbar verärgert hatte.

„Wie wäre es, wenn ich mich zum Beispiel gleich vom Pilotensitz in eine Zirpanier-Klinik auf meinem Heimatplaneten beamen lassen könnte! Denn es könnte doch sein, dass ich mich trotzdem verletzt hätte und dann wäre es doch besser...“

Ein durchdringendes Pfeifen ertönte.

„Ich glaube, das kommt von deiner Konsole, Annn“, stellte Rhon fest.

Annn wandte sich an ihre Anzeigen. „Ein Objekt im Leerraum. Ich hatte schon vor einiger Zeit den Verdacht, dass da etwas sein könnte, und eine Alarmfunktion eingeschaltet, die mir anzeigen sollte, wenn sich da wieder etwas tut...“

„Ein Objekt im Leerraum?“, fragte Erric. „Was sollte das sein?“

„Es gibt einzelne Sonnen und Planeten da draußen“, meinte Tabeja. „Die wirken zwar wie Sandkörner in einem Ozean, aber...“

„Nein, so was ist das nicht“, widersprach Annn. Ihre Finger glitten über den Touchscreen. Auf dem großen Bildschirm wurde der Raumsektor herangezoomt, indem das Objekt geortet worden war.

Aber da war nur Schwärze zu sehen – und im Hintergrund ein paar sehr ferne Galaxien.

„Ich sehe nichts“, sagte Erric. „Du vielleicht, Xorr? Zirpanier haben ja angeblich sehr viel bessere Augen als Menschen.“

Xorr stieß einen Krächzlaut aus, der wohl seiner eigenen Sprache entstammte.

„Klonxx meint, dass hieß nein, ich erkenne auch nichts“, drängte das immer noch an der Decke klebende Krakenwesen sich mit einem seiner Gedanken auf.

„Das Objekt sendet Energie aus. Ich werde die Position markieren“, erklärte Annn und ließ erneut ihre Finger über den Touchscreen tanzen.

Drei rote Punkte blinkten im nächsten Moment.

„Es ist nicht nur ein Objekt – es sind drei“, stellte Annn fest.

„Den Energieausstrahlungen nach sind das Raumschiffe oder Sonden oder irgend etwas in der Art“, glaubte Erric, der sich die Daten inzwischen auch auf seine eigene Konsole geholt hatte.

„Könnten das ein paar Spacer-Kollegen von uns sein?“, fragte Rhon.

„Wir können sie ja anfunken“, schlug Tabeja vor.

Rhon nickte. „Dann mach das doch!“

„Hier Raumkreuzer AVALON per Überlichtfunk. Bitte um Antwortsignal!“, versuchte es Tabeja. Einige Momente vergingen, ohne dass eine Antwort eintraf.

„Versuchs nochmal“, sagte Rhon.

„Ich schicke jetzt ein Dauersignal. Die sollen sich melden, aber ich glaube, das wollen die gar nicht...“, meinte Tabeja nachdenklich.

„Spacer wie wir – so weit draußen im Leerraum. Das ist ungewöhnlich“, meinte Annn.

Rhon nickte nachdenklich. Annn hatte recht. Da draußen gab es nichts, was für Spacer interessant war. Keine Planeten oder Asteroiden, die als interessanter Hindernisparkur in einem Raumrennen fungieren konnten. Nicht einmal Annn mit ihrer Vorliebe für exotische unbesiedelte Planeten wäre da auf ihre Kosten gekommen, denn da draußen gab es buchstäblich nichts. Die wenigen Sonnensysteme, die da einsam in dieser endlosen Leere existierten, waren zigtausend Lichtjahre voneinander entfernt und taugten nicht als Markierungspunkte für ein Raumrennen.

„Die Signale, die von diesen Objekten ausgehen, sind irgendwie seltsam“, meinte Annn. „Jedenfalls sind sie anders als bei den Raumschifftypen, die man so auf den Raumschrottplätzen in der Galaxis zuhauf findet!“

„Vielleicht waren das ja begabte Bastler, die einiges an ihren Raumern verbessert haben!“, schlug Erric eine Erklärung dafür vor.

„Oder es sind keine Spacer....“, gab Annn zurück.

„Wir sollten uns das mal aus der Nähe ansehen“, sagte Rhon. „Ist lange her, dass wir zuletzt ein Stück in den Leerraum hinausgeflogen sind. Und aus der Nähe bekommen wir vielleicht bessere Daten herein!“

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