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Kapitel 4: Die Fremden

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Ein dumpfes Brummen ließ den gesamten Raumkreuzer erzittern. Die Triebwerke waren nun in ihrer Aufwärmphase.

Xorr hatte die Steuerung übernommen. Er tippte mit seiner Klauenhand auf dem Touchscreen herum. „Ich schalte jetzt auf maximale Beschleunigung!“, meldete er.

„Energie für die Überlichtflugphase ist ausreichend!“, sagte jetzt Tabeja.

Auf dem Hauptbildschirm erschien jetzt eine Übersicht, die veranschaulichte, wie weit die AVALON noch von ihrem Ziel entfernt war.

„Wir gehen auf eine Position, von der wir von allen Objekten etwa gleich weit entfernt sind“, bestimmte Rhon. „Sagt mal, hat irgendjemand von euch etwas davon gehört, dass in letzter Zeit irgendwelche unbemannten Sonden oder dergleichen zu Forschungszwecken in den Leerraum geschossen wurden?“

„Ich werde mal im galaktischen Datennetz nachsehen, ob ich darüber irgend etwas finde“, kündigte Annn an.

Das Brummen der Triebwerke wurde lauter. Die AVALON setzte sich in Bewegung und auf dem Hauptschirm geriet der blaue Planet Davis-10 langsam aus dem Blickfeld.

„Eigentlich habe ich meiner Elternfünfheit versprochen, niemals in den Leerraum zu fliegen“, meinte Sirak. Der Ampanor wirkte beinahe etwas verzagt.

„Keine Sorge, wenn wir unser Ziel erreicht haben, sind wir immer noch nahe genug an unserer heimatlichen Milchstraßen-Galaxis, dass du dich jederzeit in das Wohnzimmer deiner Elternfünfheit beamen kannst – vorausgesetzt, sie haben ihren Transmitter nicht in einem anderen Zimmer stehen!“, versuchte Annn ihn zu beruhigen.

„Und denk immer daran - ehe du sie um Erlaubnis gefragt hättest und die Diskussionen dieser netten Fünfergruppe von Erziehungsberechtigten zu Ende wären, sind wir sowieso wieder zurück!“, glaubte Erric. Er blickte auf die Anzeigen. „Vierzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreicht. Wir können jetzt in den Zwischenraum eintreten.“

„Und los!“, befahl Rhon.

Keine Geschwindigkeit höher als die Lichtgeschwindigkeit – das war ein unumstößliches Naturgesetz im Universum. Wenn man mit einem Raumschiff ein Vielfaches der Lichtgeschwindigkeit erreichen wollte, ging das nur, in dem man eine Abkürzung die Raumzeit nahm. Das war der Zwischenraum. Ein Raum jenseits des normalen Universums, für den deshalb auch andere Naturgesetze galten.

Wenn die AVALON in den Zwischenraum eintrat, verschwand sie für einen Beobachter und wurde wieder sichtbar, sobald sie am Zielpunkt aus dem Zwischenraum austrat.

Kaum eine Viertelstunde später trat die AVALON wieder aus dem Zwischenraum aus. Aber in dieser Zeit hatte das Schiff mehr als fünfzig Lichtjahre zurückgelegt.

„Du hast unseren Kreuzer aber auch schon etwas sanfter gelenkt, Krähenkopf!“, meinte Erric an Xorr gerichtet.

„Klonxx denkt, dass hier wohl kaum jemand glaubt, dass du das besser hinbekommen hättest.“

Erric warf einen ärgerlichen Blick zu dem Krakenwesen, das inzwischen die Decke entlang auf die gegenüberliegende Seite der Zentrale gekrochen war und sich dort mit den Saugnäpfen seiner Tentakel festgesaugt hatte. „So freche Gedanken erlaubst du dir nur, weil du genau weißt, dass ich dich da oben nicht erreichen kann!“, knurrte Erric.

„Ehrlich gesagt, muss ich unserer Krabbelkrake recht geben“, meinte Sirak.

Erric machte eine wegwerfende Handbewegung. „Am besten, du fragst erstmal deine Elternfünfheit, bevor du dich hier äußerst!“

„Naja, deine Flugkünste haben wir alle hier auf dem Bildschirm mitansehen müssen als du mit der AVALON-11 in der Höhle von Mantop-6677 explodiert bist“, gab Annn zu bedenken. „Nach vollendeter Flugkunst sah das für keinen von uns aus.“

„Ich schlage vor, ihr hört jetzt mal auf damit“, fuhr Rhon dazwischen. „Wie wär's stattdessen mit einer Analyse der Ortungsdaten?“

„Ich zoome mal eines der drei Objekte näher heran“, sagte Tabeja und ließ ihre Finger dabei über den Touchscreen gleiten.

Auf dem Hauptbildschirm war jetzt ein zylinderförmiger Gegenstand zu sehen. Die dazugehörigen Daten, die von den Sensoren gerade aufgezeichnet worden wurden, wurden daneben eingeblendet.

„Sieht aus wie ein Raumschiff“, meinte Rhon. „Sahen nicht früher die Frachter so aus?“

„Aber das ist kein Frachter-Typ, der in der Datenbank gespeichert ist“, stellte Erric fest. „Ich habe das mal eben kurz abgeglichen.“

„Soll ich nochmal versuchen, Funkkontakt zu bekommen?“, fragte Tabeja.

„Mach das“, nickte Rhon.

„Keinerlei Lebenszeichen an Bord“, warf nun Annn ein. „Vielleicht ist es unbemanntes Forschungsschiff, das man in den Leerraum geschickt hat, um irgendwelche Theorien über das Entstehen des Universums zu bestätigen...“

„Tja, was anderes außer irgendwelchen wissenschaftlichen Erkenntnissen sollte hier draußen auch suchen!“, meinte Erric.

„Es gab mal ein Programm, vollautomatisch gesteuerte Schiffe durch den Leerraum zu schicken, damit sie andere Galaxien erreichen, um dort Beam-Stationen auf unbewohnten Planeten zu errichten.“

„Das muss aber schon Jahrhunderte her sein!“, meinte Rhon.

„Ist es auch“, bestätigte Annn. „In der Zeit, als man ernsthaft daran dachte, die Netzrepublik über unsere Milchstraßengalaxis hinaus zu erweitern. Aber das hat man dann aus Kostengründen wohl aufgegeben. Und davon abgesehen, waren diese unbemannten Schiffe, die man damals aussandte, auch nicht auf eine Rückkehr programmiert.“

„Kannst du den Raumschifftyp abgleichen?“, fragte Rhon.

„Ich habe die entsprechenden Daten noch nicht über das Netz gefunden, aber ich bin dran“, sagte Annn.

„Auf jeden Fall können wir keinen Transmitter an Bord dieser Zylinder-Schiffer orten“, erklärte unterdessen Tabeja. „Ich habe einen vollständigen Scan aller drei Objekte durchgeführt und die typischen Abstrahlungen eines Transmitters müssten in jedem Fall von den Instrumenten angezeigt werden.“ Sie drehte sich halb zu Annn herum. „Das spricht als gegen diese Theorie, Annn.“

„Achtung, viertes Objekt materialisiert aus dem Zwischenraum“, meldete Sirak. „Die Ortungsdaten zeigen an, dass dieses Objekt annähernd baugleich mit den drei anderen ist.“

„Klonxx meint, dass das nach einer richtigen Versammlung aussieht.“

„Kann jemand mal die Gedanken dieser Krake abschalten?“, meinte Erric.

„Wer dieses Krakenwesen auf die Brücke geholt hat, sollte auch selbst dafür sorgen, dass es wieder verschwindet, wenn es ihm dann auf die Nerven geht“, fand der vogelköpfige Xorr.

„Klonxx beansprucht Freiheit der Gedanken und des Aufenthaltsortes!“ Das Krakenwesen bewegte sich entlang der Decke, bis es sich über dem Kopf des Captains befand.

„Nicht fallenlassen!“, sagte Rhon streng. Er deutete auf den Bildschirm, wo das gerade aufgetauchte Schiff inzwischen herangezoomt worden war. „Wer immer das auch sein mag, wir wissen jetzt, dass diese Zylinderschiffe ebenfalls einen Überlichtantrieb benutzen, der auf der Nutzung des Zwischenraums basiert.“

„Wir bekommen ein Kommunikationssignal!“, meldete Tabeja. „Kommt übrigens von dem zuletzt aufgetauchten Zylinderschiff...“

„Auf den Schirm damit!“, forderte Rhon.

Augenblicke später erschien auf dem Hauptbildschirm der AVALON ein skelettartiger, secharmiger Roboter. Im Hintergrund waren weitere Roboter zu sehen, manche von gleicher Gestalt, andere mit mechanischen Körpern, die eher an Spinnen erinnerten.

„Also das ist der Grund dafür, dass wir keine Biozeichen orten konnten!“, stieß Annn hervor. „Alles Maschinen!“

Der Skelettartige im Vordergrund – der von einigen anderen, baugleichen Modellen auf der Brücke des Zylinderschiff äußerlich nicht zu unterscheiden war, begann nun den Kopf ruckartig zu wenden und dabei sehr schrille, an ein Vogelkonzert erinnernde Laute zu erzeugen.

„Übersetzer aktivieren!“, befahl Rhon.

„Universal-Übersetzer aktiviert“, meldete Tabeja, „aber ich bin mir nicht sicher, ob unser System in der Lage ist, dieses Gequietsche...“ Sie brach ab. „Jetzt bekommen wir eine Übersetzung herein. Achtung, ich synchronisiere mal kurz Ton und Bild.“ Ihre Finger tippten über den Touchscreen.

„Hier spricht Befehlshaber-29“, wurden die Quietschlaute des Roboters nun übersetzt. „Lasst ein Andockmanöver zu, öffnet die Außenschleuse und deaktviert alle Antriebs- und Waffensysteme. Es wird sich dann eine genügend große Anzahl von Einheiten an Bord begeben, um euer Schiff zu übernehmen...“

„Klonxx meint, dass die magere Gestalt recht unverschämt rüberkommt!“, empörte sich unterdessen das Krakenwesen über dem Captain und brachte in diesem Fall wohl ziemlich genau die Gedanken aller exakt auf den Punkt.

„Die Besatzung soll sich zur Gefangennahme bereithalten. Gegen jeden Widerstand wird hart und kompromisslos vorgegangen...“, fuhr der Roboter fort.

„Ich finde, hier hört der Spaß auf“, meinte Erric. „Ich meine, wir sind ein paar Jugendliche, denen es nicht reicht, am Rechner zu sitzen und die es cool finden, die fast ausgestorbene Kunst des Raumflugs zu bewahren – aber alles was wir tun, ist doch, dass wir mit Weltraumschrott spielen! Da kann ja wohl niemand etwas dagegen haben!“

„Hatte ja auch bisher niemand“, ergänzte Annn.

„Es tauchen übrigens gerade drei weitere Zylinderschiffe aus dem Zwischenraum auf“, meldete Tabeja. „Und das sind glaube ich noch nicht die letzten. Ich orte hier ein erhöhtes Maß an Zwischenraumwellen, was darauf hindeutet, dass wir noch mehr Besuch bekommen...“

„Klonxx hat doch schon geäußert, dass hier ein riesige Versammlung der Zylinderschiffe stattfindet.“

Eine Vielzahl von Gedanken ging Rhon jetzt durch den Kopf. Was waren das für Schiffe? Woher kamen sie? Wer hatte sie geschickt – und was hatten sie offenbar speziell gegen Spacer?

Tabeja meldete inzwischen, dass bei einem der Zylinderschiffe mehrere kleinere Raumfähren ausgeschleust worden waren und sich auf die AVALON zubewegten.

„Das sind wohl die Invasionstruppen, die uns entern sollen!“, meinte Erric. „Zu dumm, dass man bei allen Raumkriegsschiffen die Energiewaffen unbrauchbar gemacht hat, bevor man sie stillgelegt hat...“

„Soll ich Fluchtkurs setzen und auf maximale Beschleunigung schalten?“, fragte Sirak. Er schien es für das Beste zu halten, möglichst schnell zu verschwinden.

„Wir werden uns erst davonmachen, wenn wir wissen, was hier eigentlich los ist!“, widersprach Rhon. Er erhob sich von seinem Sessel und deutete auf den Bildschirm, wo der Roboter inzwischen seine Drohung wiederholte.

„Kann der Kerl mich verstehen?“

„Wenn ich den Kanal freischalte ja. Die haben schließlich unsere Sprache in ihrem Übersetzerprogramm, dann haben sie auch genügend Daten, um deine Worte zu übersetzen.“

„Dann verbinde mich mal!“, verlangte Rhon.

„Verbindung hergestellt“, meldete Tabeja.

Rhon atmete tief durch. „Hier spricht Captain Rhon vom Spacer-Schiff AVALON. Ich möchte wissen, wer ihr seid und wer euch die Befugnis gibt, gegen uns vorzugehen. Schließlich haben wir gegen kein bekanntes Gesetz der Netzrepublik verstoßen.“

„Wir übernehmen die Herrschaft. Das Staatswesen, das ihr die Galaktische Netzrepublik nennt, wird der Universellen Ordnung unterstellt. Jeder Widerstand ist zwecklos und wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft.“

Dann wurde das Bild des Roboters ausgeblendet.

Die Übertragung war zu Ende. An einer Antwort schien man auf dem Zylinderschiff gar nicht interessiert zu ein.

„Hey Mann, wie sind die denn drauf!“, stieß Erric kopfschüttelnd hervor. „Spielen uns da vielleicht ein paar andere Spacer einen Streich?“

„Negativ“, sagte Tabeja. „Da deutet wirklich nichts drauf hin. Der Raumschiff-Typ ist unbekannt, die Roboter strahlen völlig andere Signaturen ab als jeder Roboter-Typ, über den ich im Datennetz einen Vergleich anstellen konnte...“

„Und es gibt keine Biozeichen“, erinnerte Annn. „Wenn also jemand uns einen Streich spielen will, ist er nicht an Bord...“

Es gab immer mal weder Rivalitäten und Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Spacer-Gruppen. Hin und wieder war es sogar auch manchmal zu wechselseitiger Sabotage an den Raumschiffen gekommen.

Man beamte sich dann kurzerhand an Bord des anderen Schiffes, sorgte dafür, dass im Maschinenraum irgend etwas nicht so funktionierte, wie es sollte und beamte sich dann sofort wieder zurück. Das Risiko erwischt zu werden war zumindest bei sehr großen Schiffen nicht besonders hoch. Zwar musste der Saboteur eine Transmitter-Station benutzen, um zurück auf sein eigenes Schiff zu gelangen, aber auf den gewaltigen Kreuzern wie der AVALON gab es davon so viele, dass die meistens doch zahlenmäßig recht kleinen Spacer-Mannschaften sie unmöglich alle bewachen konnten.

Allerdings war ein solches Verhalten eigentlich verpönt.

Wenn man Meinungsverschiedenheiten hatte, dann trug man das normalerweise durch ein Rennen aus und nicht auf so unfaire Weise.

Dennoch...

Rhon mochte die Möglichkeit noch nicht ganz ausschließen. Er überlege, mit wem sie in letzter Zeit in Streit geraten waren. Auch ehemalige Besatzungsmitglieder, von denen man sich aus irgendeinem Grund im Streit getrennt hatte, weil sie die Regeln, die sich die AVALON-Besatzung intern gegeben hatte, nicht akzeptieren wollten, kamen in Frage.

„Die Beiboote beschleunigen. Wenn wir nichts tun, legen die in einer Viertelstunde an unserer Schleuse an!“, stellte Sirak fest.

„Dann geh auf Beschleunigungsstufe 3 und programmiere einen Kurs, der es unmöglich macht, dass sie an unsere Schleusentür klopfen“, bestimmte Rhon.

Tabeja drehte sich halb herum. „Wenn die irgendeine Befugnis hätten, wären die mit einem Transmitter ausgerüstet und bräuchten keine Beiboote, um an Bord zu kommen“, stellte sie fest.

Rhon nickte. „Die würden sich einfach 'rüberbeamen... Aber so etwas haben die ja nicht an Bord.“

„Rhon, die kommen wirklich aus dem Leerraum. Vielleicht aus irgendeiner fremden, fernen Galaxis.“ Tabeja deutete zum Bildschirm. Der Funkkanal war ja geschlossen, deshalb konnte der Roboter nichts von dem verstehen, was in der Zentrale der AVALON besprochen wurde.

„Kursänderung ist durchgeführt!“, meldete Sirak.

Jetzt hieß es abwarten. Die Roboter würden sehr schnell erkennen, dass die Besatzung der AVALON keineswegs die Absicht hatte, irgend jemandem die Schleuse zu öffnen.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten.

Der Hauptbildschirm der AVALON wurde von einem grellen Lichtblitz überblendet. Eine Erschütterung ging durch das Schiff.

„Wir werden beschossen!“, meldete Tabeja fassungslos. Die Beherrschtheit, die die Y-don-Philosophie ihr vorschrieb, war in diesem Moment ganz von ihr abgefallen. „Treffer in Frachtraum 3.“

Zwei weitere, noch stärkere Erschütterungen gingen nun durch das Schiff.

Rhon spürte für einen Moment, wie er den festen Boden unter den Füßen verlor. Er schwebte ein Stück empor. Die künstliche Schwerkraft war ausgefallen. Das Notaggregat wurde automatisch eingeschaltet. Rhon taumelte zu Boden, als er plötzlich nicht mehr schwerelos war. Er rappelte sich auf.

Annn war durch die Erschütterungen und den anschließenden Ausfall der Schwerkraft ebenfalls zu Boden geschleudert worden, währen Sirak sich mit zwei seiner vier Hände an der Konsole festhielt.

„Diese Robos schießen mit scharfen Energiewaffen!“, stellte Erric fest. Er schien völlig entgeistert zu sein.

„Maximale Beschleunigung, Sirak!“, rief Rhon. „Wir müssen hier so schnell wie möglich weg!“

Sammelband 5 SF-Abenteuer: Raumkriege und Wurmloch-Passagen

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