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Es war schon ein Schmuckstück besonderer Art, wie die Psychonauten unisono meinten, während sie die Landung beobachteten. Die DARWIN stand am Ende neben dem namenlosen Schiff und bildete zu diesem einen Kontrast, wie er wahrlich nicht mehr hätte größer sein können.

Kein Wunder also, dass die DARWIN-Crew sich umgekehrt ebenfalls gar nicht satt sehen konnte am namenlosen Schiff, das eher einer überdimensionalen uralten Blechdose ähnelte, hoffnungslos verbeult und verrostet. Wie ein Mahnmal gegen Umweltverschmutzung.

Und das Erste, was der Echsenmensch und Kommandant der Psychonauten-Crew Xirr Prromman mit seiner typisch zischelnden Stimme sagte, als sie in Hörweite kamen:

„Und jetzt bloß keine Beleidigung über unser namenloses Schiff. Es reagiert auf so etwas nämlich äußerst sensibel!“

Die DARWIN-Crew hielt es für einen Witz und lachte lauthals darüber. Bis sie bemerkte, dass die Psychonauten keine Miene darüber verzogen. Als wäre es ihr Ernst gewesen.

Das war ein wenig irritierend für die DARWIN-Crew, und deshalb betraten sie mit gemischten Gefühlen gemeinsam mit ihren Gastgebern das Rathaus der Erstsiedlung.

Xirr machte eine allumfassende Geste.

„Das alles ist, abgesehen von uns sieben Leutchen hier, unbewohnt und somit unbenutzt. Ihr könnt euch frei aussuchen, wo ihr wohnen wollt. Es gibt eine Lebensmittelfabrik und selbstverständlich in jeder Wohnung einen Replikator, der direkt mit der Fabrik verbunden ist und deshalb stets mit den Grundstoffen versorgt werden kann.“

„Das System Iridano: Ein verbotenes System?“, wunderte sich Sovie und sprach aus, was jeder in ihrer Crew dachte.

„Genau darum geht es eigentlich, das Geheimnis betreffend, das wir zwangsläufig mit euch teilen müssen, wenn ihr länger hier bleibt. Denn diese Welt, die wir HOFFNUNG nennen, hat eine Art uralten Wächter. Wir konnten uns mit ihm anfreunden, weil wir Mutanten sind. Ohne ihn wären wir längst verloren, denn einmal wurde dieses System tatsächlich schon vom Kartell überfallen. Gegen die dabei eingesetzten Supermutanten hätten wir ohne seine Hilfe keine Chance gehabt. Ein unschätzbarer Vorteil ergo, dass außer uns niemand etwas darüber weiß. Und genau das muss auch so bleiben. Nur so können wir auf Dauer geschützt sein hier, sozusagen auf unserer ganz privaten Basisstation.“

„Ein uralter Wächter?“, wunderte sich jetzt Sovie. „Etwa als ein Überbleibsel einer längst untergegangen Zivilisation?“

„Nun, untergegangen ist vielleicht nicht der richtige Begriff dafür. Sie haben sich vor undenklichen Zeiten bis zur höchsten Stufe entwickelt und wurden damit zur Entität.“

„Entität? Noch nie etwas davon gehört.“ Sovie sah sich in der Runde ihrer Leute um. Niemand wusste etwas davon.

Xirr winkte ab.

„Es gibt mehr als nur diese eine Entität, wo auch immer sie geblieben ist, nachdem sie ihre körperliche Gestalt in der Form eines ganzen Volkes für immer abgelegt hat. Irgendwo zwischen Raum und Zeit, ungreifbar sogar für einen Zeitreisenden.“

Sein Blick ging jetzt ebenfalls in die Runde seiner acht Gäste.

„Wer von euch ist es?“

Claudile hob zaghaft die Hand und lächelte dazu ein wenig verkrampft.

„Äh, das bin ich: Claudile Fermonje.“

Ein anderes Psychonautenmitglied mischte sich ungefragt ein, nämlich Baldyr Sholan:

„Und wer von euch ist der Teleporter? Oder habt ihr keinen?“

Diesmal hob Fina zaghaft die Hand.

Baldyr, der dürr war und wie mumifiziert wirkte, lächelte sie an, doch wenn er lächelte, sah das keineswegs freundlich aus, wie Fina dabei feststellen musste. Auch wenn sie spürte, dass es durchaus freundlich gemeint war.

Sie lächelte zurück.

„Ich bin Fina Sinchen!“

Jetzt sah sich Sovie gemüßigt, auch noch alle anderen vorzustellen: Krusat Senrich, der sein Äquivalent in Forsan Kumir, dem Zellerneurer, sah, beispielsweise. Während Krusat jedoch eher unscheinbar wirkte, sah Forsan aus wie ein Modellathlet, der sich mitten in den Vorbereitungen zu Mr. Universum befand.

Oder Torsten Meinhard, für den es in der Psychonautengemeinschaft kein Äquivalent zu geben schien, genauso wenig wie für die Feuermutantin Tondra Kamuhl und für den Telekineten Wilfrith Salser.

Dafür wandte sich jetzt Kanot Borglin an Claudile:

„Ich bin ein Cyborg. Seit über einhundert Jahren. Und ich habe die Fähigkeit, die Zeit zu verlangsamen. Allerdings nur innerhalb eines gewissen Radius um mich herum. Das ist zwar keine echte Manipulation der Raumzeit wie von einem Zeitreisenden, aber immerhin...“

Er lächelte entwaffnend, und Claudile war doch ziemlich überrascht darüber, einen echten Cyborg vor sich zu haben. Vor allem, weil sie bislang angenommen hatte, so etwas sei im Sternenreich verboten. Einmal abgesehen von eher bescheiden vorgenommenen Augmentierungen der biotechnischen Art.

„Dann bestehst du nur zur Hälfte noch aus Mensch?“, fragte sie gerade heraus und entschuldigte sich sogleich für ihre vielleicht unverschämt erscheinende Direktheit: „Äh, nicht böse sein, ich wollte dir damit natürlich nicht zu nahe treten.“

Kanot lachte nur:

„Kein Problem. Ich bin wahrscheinlich überwiegend Maschine. Das kann man nicht mehr so genau festlegen, weil alles natürlich im Laufe der Zeit fest miteinander verwuchs.“

Phillis von den Sternen kam an die Reihe, sich vorzustellen. Als sie erwähnte, dass sie die Fähigkeit hatte, sozusagen in technischen und elektronischen Einrichtungen regelrecht zu denken und mit ihnen geistig zu verschmelzen, zeigte sich vor allem Claudile stark beeindruckt.

„Ein wenig beherrsche ich das auch“, bekannte sie. „Vor allem, was Elektronik betrifft, einschließlich natürlich Bioelektronik. Deshalb wurde ich wohl Informatikerin.“

„Als angehende Zeitreisende weißt du natürlich auch von der Möglichkeit zur sogenannten Phasenverschiebung?“, erkundigte sich Phillis vorsichtig.

Claudile nickte.

„Ja, der Zeitreisende hat mir das erklärt. Eine Phasenverschiebung entsteht zwangsläufig, wenn der Zeitfluss ein Paradoxon umgehen muss. Aber ich habe noch nicht gewagt, das aktiv zu trainieren.“

„Oh, vielleicht kann ich dir da behilflich sein? Ich beherrsche selber die Phasenverschiebung, allerdings nicht in der Zeit, sondern lediglich im Raum. Das ist auf jeden Fall ungefährlicher, wenn man noch üben muss.“

„Aha?“, rief Claudile erfreut.

Tuhni Sobras hielt sich zurück. Sie wartete darauf, von Sovie vorgestellt zu werden.

„Sie ist Suggestorin.“

„Aha?“, meldete sich der Suggestor Solan Pronn zu Wort. Mehr sagte er jedoch nicht. Es grenzte schon ein Wunder, dass er überhaupt auch nur dieses eine Wort von sich gegeben hatte.

Für Derwinia Tuamor war das wie das richtige Stichwort. Sie strahlte die Gäste mit ihrem schönsten Lächeln an, sagte artig ihren Namen und schockierte sie anschließend mit der Eröffnung, dass sie noch vor hundert Jahren als die größte Terroristin des gesamten Sternenreiches gegolten hatte und sicherlich sogar über die Grenzen des Imperiums hinaus.

Sie deutete auf Kanot Borglin.

„Nur einer konnte mich damals stoppen. Er nämlich. Weil er immun war gegen mich. Und deshalb habe ich ihn ja auch damals geheiratet.“

Die DARWIN-Crew stand mit offenen Mündern da. Ihre Blicke irrten zwischen den beiden hin und her.

„Er sorgte dafür, dass ich hundert Jahre lang weggesperrt wurde auf einem geheimen Strafplaneten.“ Sie lachte amüsiert. „Aber keine Bange, inzwischen haben wir unseren Streit beigelegt und sind Kameraden geworden. Zumal ich ja immerhin einhundert Jahre lang Zeit gehabt hatte, wieder normal zu werden im Kopf. Denn zu meiner Entschuldigung muss ich sagen: Ich war für Jahrtausende im Kryoschlaf gewesen, ohne wirklich schlafen zu können. Das hieß, ich war die einzige, die diese Zeit mit völlig wachem Bewusstsein hat überstehen müssen.

Nein, halt, ich darf nicht lügen: Auch meine Zwillingsschwester war davon betroffen gewesen. Doch wir konnten gegenseitig nicht in Kontakt treten. Nicht im Geringsten unsere telepathischen Fähigkeiten nutzen. Es hat uns jedenfalls nachhaltig in den Wahnsinn getrieben.“

Die DARWIN-Crew staunte sogar noch mehr nach dieser Eröffnung.

„Nicht wahr!“, entfuhr es Sovie unwillkürlich, und sie relativierte diese Aussage sogleich wieder: „Äh, das heißt, ich dachte bisher, ich sei die einzige Betroffene. Also, wir waren rund neuntausend Jahre im Kryoschlaf. Wir alle hier, außer natürlich Claudile, die ja erst neulich zu uns gestoßen ist. Ich war die einzige, die bei Bewusstsein blieb. Die ganze Zeit über. Aber ich habe die Fähigkeit behalten, trotzdem mit den anderen Kontakt aufzunehmen. Sie empfanden das wie Träumen. Jetzt, wo du das sagst, Derwinia, wird mir erst klar, dass genau das mich vor dem Wahnsinn bewahrt hat.

Um alles in der Welt, was musst du da durchgemacht haben? Ich kann das dermaßen nachvollziehen. Ich glaube, niemand kann das so gut wie ich!“

Die letzten Worte hatte sie laut ausgerufen, wie ein Schrei.

Bewegt nahm Derwinia sie in die Arme. Für alle wurde deutlich: Die beiden waren von jetzt an die besten Freundinnen, die man sich vorstellen konnte.

Aber natürlich hatte niemand etwas dagegen.

Xirr sah sich wie suchend um.

„Haben wir noch jemanden vergessen?“

Auch Sovie sah sich um.

„Nein!“, entschied sie erfreut.

Aber Xirr fiel doch noch jemand ein:

„Grüni!“

Verständnislose Blicke vonseiten der DARWIN-Crew.

Er winkte mit beiden Händen ab.

„Der ist sozusagen fest mit unserem namenlosen Schiff verwachsen. So nennen wir nämlich den leuchtenden Grünschimmel im Innern, der wirklich sämtliche Wände bedeckt außer einer in der Zentrale.“

Die Neugierde war geweckt, doch die Gäste mussten sich noch gedulden, bevor Xirr ihnen Grüni vorstellen wollte.

„Wir warten inzwischen erst einmal auf die Kontaktanfrage des Telepathen von Axarabor. Er hat versprochen, sich wieder zu melden.“

Sovie fragte spontan:

„Sollen wir dann eine Superséance wagen?“

Xirr sah sie überrascht an.

„Ehrlich gesagt, ich hätte nicht gewagt, es dir vorzuschlagen, aber wenn ihr uns wirklich so sehr bereits vertraut: Ich begrüße das natürlich.“

Er sah sich in den eigenen Reihen um.

„Uns allen ergeht es so“, versicherte er ergänzend.

„Sowieso: Indem wir hierhergekommen sind, sitzen wir sozusagen zwangsläufig in einem Boot“, erläuterte Sovie. „Und in der Superséance lernen wir uns endgültig kennen.“

Sie deutete auf Claudile.

„Allerdings müssen wir dabei auf sie leider verzichten. Ist ja klar: Weil von ihr niemand etwas erfahren darf.“

„Logisch“, pflichtete ihr Xirr bei.

Einerseits zum Leidwesen Claudiles. Andererseits verstand sie natürlich den Sinn dieser Vorsichtsmaßnahme.

Planetenmonster : 9 Science Fiction Abenteuer Sammelband

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