Читать книгу Krimi Koffer September 2021 - 7 Krimis auf 1000 Seiten - Alfred Bekker - Страница 21
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ОглавлениеDer Zuckerwatte-Planet (oder die Welt der Gehörnten, wie ich sie auch nannte), schien ein beliebter Handelsplatz zu sein. Es kamen viele Fremde hier her. Wesen, die ich zuvor nie gesehen hatte. Aber die meisten von denen hatten auch noch nie jemanden wie mich gesehen, insofern hielt sich das gegenseitige Erstaunen in etwa die Waage.
Die Signale mit dieser ganz speziellen Signatur der Erhabenen kam, wie ich feststellte, aus dem Inneren des Planeten. Da schien etwas vergraben zu sein, was mit dem Erbe der Erhabenen in Zusammenhang stand.
Aber auch wenn der Boden aus den schon erläuterten Gründen auf dem Zuckerwatte-Planeten außerordentlich locker war, so war es vermutlich trotzdem sehr aufwändig, nach der Ursache dieses Signals zu graben.
Aber mit einem Sphärenschiff, das von eine Hyperraumfeld umgeben wurde, konnte man zumindest mal in der Tiefe nachsehen. Vielleicht fand sich dort ja etwas Interessantes.
Aber bevor ich das tat, wollte ich mich erst ein wenig über die lokale Verhältnisse auf diesem Planeten kundig machen.
Die Siedlungen fanden sich auf mebranartigen Carbon-Planen, die große Flächen bedeckten. Die Funktion dieser Carbon-Planen lag auf der Hand. Sie sollte verhindern, dass die Bewohner der Siedlung einfach im Boden versanken, weil der Untergrund zu porös war.
Die Gehörnten selbst waren da weniger in Gefahr.
Sie hatten große, breite Füße, die ihr Gewicht so verteilten, dass sie sich ohne Schwierigkeiten über die Planetenoberfläche bewegen konnten, ohne gleich einzusinken.
Ich habe diese Welt bisher immer >die Welt der Gehörnten< genannt, weil der Name, den sie selbst dieser Welt gegeben haben, genauso lautet, wenn man ihn übersetzt. Und übersetzen muss man ihn, denn er besteht aus einer Lautfolge, die sehr eigentümlich ist und sich durch andere als schwer reproduzierbar erweist. Nicht nur durch Wesen wie mich, sondern auch durch andere Organische.
Dabei stellte ich schnell fest, dass dieser Name eigentlich in mehrfacher Hinsicht irreführend und wohl nur der Tatsache geschuldet war, dass die Gehörnten diese Welt in dem Sinn dominierten, dass sie sämtliche Raumhäfen betrieben. Davon abgesehen waren sie weit davon entfernt, diesen Planeten tatsächlich zu beherrschen. Man muss sich nur die ungeheuren Weiten seiner Oberfläche vorstellen. Es gab dort ausgedehnte Wälder, deren Bäume sich mit ihrem Wurzelwerk sehr tief verankerten. Aufgrund der geringen Dichte, konnte die Pflanzen ihre Wurzeln mit wenig Energieaufwand so verzweigen, dass sie auch sehr tief gelegene Grundwasserreservoire anzapfen konnten. Es gab keine offenen Ozeane auf dieser Welt, nur ein paar größere Binnenmeere, die aber innerhalb relativ eng überschaubarer Zyklen komplett austrockneten. Das Wasser versickerte einfach zu leicht in diesem porösen Boden mit derart geringer Dichte.
Starke Regenfälle sorgten dann dafür, dass die Binnenseen wieder aufgefüllt wurden und sich das Ganze wiederholte.
Die Bäume und mangrovenartigen Gewächse, die weite Flächen bedeckten, erreichten Riesenwuchs. Und auf ihren Verästelungen lebten unzählige Lebensformen. Alles organische Lebensformen natürlich. Manche intelligent, manche halbintelligent. Und es gab Kulturen von Gehörnten, deren Lebensweise sich sehr stark von jener unterschied, wie sie die Gehörnten in den großen Städten auf den Carbon-Planen pflegten.
In jenen Städten wiederum, von denen etliche einen Raumhafen besaßen, trafen sich Angehörige der unterschiedlichsten raumfahrenden Spezies. Es waren florierende Handelsplätze mit einer so großen Zahl unterschiedlichster Raumfahrzeuge, wie ich sie selten zuvor auf so engem Raum besichtigen konnte.
Die Gehörnten selbst stammten im Übrigen gar nicht von dieser Welt. Und das ist ein weiterer Grund, weshalb die Bezeichnung >Welt der Gehörnten< eigentlich irreführend ist, denn sie legt nahe, dass diese Spezies sich einst hier entwickelte, bevor sie die Raumfahrt zu beherrschen lernte und sich möglicherweise ins All ausbreitete.
In diesem Fall war es genau umgekehrt.
Ich fand das bei einem Fern-Scan ihrer DNA heraus, die ich mit den Daten im Archiv meines Bordrechners verglich. Das Ergebnis war eindeutig. Die Gehörnten waren genetisch mit einer ganzen Reihe anderer gehörnter Raumfahrer verwandt, die in diesem Sektor dieser Galaxie mehr oder weniger erfolgreich zahlreiche Systeme besiedelt hatten. Die grazile Körperform und die breiten Füße waren im Übrigen auf eine genetische Anpassung an die planetare Umgebung zurückzuführen. Und es gab ein paar Hinweise darauf, dass diese Anpassung durch künstliche Eingriffe herbeigeführt worden war. Jene gehörnten Raumfahrer, die einst auf dieser großen Welt gelandet waren, um hier zu bleiben, waren offenbar auch Meister der Gentechnik gewesen.
In wie fern dieses Wissen unter den Gehörnten, die heute über den Planeten herrschen, noch vorhanden ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Mein Eindruck nach der oberflächlichen Untersuchung ihres Nachrichten- und Funkverkehrs war, dass zumindest das Meiste davon im Laufe der Zeit verloren gegangen sein musste. Manchmal sind auch kulturelle Tabus für so einen Verlust an bereits einmal erworbenem Wissen verantwortlich. Zumindest unter Organischen ist das so. Ich habe das mehr als einmal mit einer Mischung aus ungläubigem Staunen und Entsetzen beobachten können.
Wie auch immer - nachdem ich den Planeten eingehend mit meiner Fernortung untersucht hatte und dabei offenbar nicht den Argwohn irgendwelcher Sicherheitsorgane erregt hatte, entschloss ich mich dazu, in einem der Raumhäfen zu landen.
Zunächst war es meine Absicht gewesen, einfach im Schutz meines Hyperraumfeldes in die Oberfläche des Planeten hineinzutauchen und nach dem Ursprung des Signals der Erhabenen zu suchen, was dort unten irgendwo in unfassbarer Tiefe seinen Ursprung haben musste. Aber erstens wusste ich, dass manche der alten Anlagen der Erhabenen - oder der Alten Götter, wie man sie ja auch nennt - über autonome Verteidigungsanlagen verfügen. Die können einem schon sehr gefährlich werden, je nachdem wie gut diese Anlagen nach all der Zeit noch funktionieren. Auf jeden Fall ist es besser, wenn vorher zusätzliche Informationen eingeholt hat. Darüber hinaus war das spezielle Signal periodisch nicht zu orten.
Woran das lag, konnte ich mir zunächst nicht erklären.
Mir war das schon aufgefallen, als ich mich noch in weiter Entfernung von dem Planeten der Gehörnten befand. Aber solche Ausfälle eines Signals kann es immer mal geben. Und die Erklärung ist meistens irgendein ganz natürliches Phänomen. Eine Interferenz, die das Ortungssystem nicht in seine Berechnungen einbeziehen konnte beispielsweise.
Tatsache war aber, dass das Signal jetzt, da ich mich in unmittelbarer, orbitaler Nähe zu dem Planeten befand, nicht mehr zu orten war.
Ich hatte jetzt die Möglichkeit, einfach abzuwarten, dass die Instrumente meines Sphärenschiffs, es wieder aufzeichneten, oder ich sah mich mal auf dieser Welt um, in der Hoffnung, Näheres zu erfahren.
Ich entschied mich für Letzteres, zumal die Auswertung der auf dem Planeten verwendeten Kommunikationssignale nicht wirklich mehr Aufschluss gebracht hatte.
Aber da waren möglicherweise auch einfach die Filter meines Rechnersystems nicht richtig eingestellt. Es ist wie so oft: Man findet nur, wonach man auch gesucht hat. Und man sucht nur, was man finden will. Das ist ein gewisses Dilemma, wie ich zugeben muss.