Читать книгу Der Beginn einer kosmischen Saga: Chronik der Sternenkrieger - Der Einstiegsband: 1200 Seiten Romanpaket - Alfred Bekker - Страница 59
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Stunden vergingen.
Die Anspannung an Bord der DEFIANT-29 wuchs. Die ganze Zeit über war die Mannschaft in ständiger Alarmbereitschaft. Im Augenblick geschah gar nichts. Da war nur ein bewaffnetes Raumboot, das durch das All trieb, vorangebracht nur von dem noch nicht abgebremsten Schub, mit dem es diesen Ort erreicht hatte. Tahano steuerte das Raumboot so, dass es sich noch verlangsamte.
Die DEFIANT flog dabei einen Kurs, der sehr nahe am Tempel vorbeiführen würde.
Dabei verringerte sich ihre Geschwindigkeit weiter.
“ Irgendein Anzeichen dafür, dass sich was tut?”, fragte Sunfrost schließlich in die Stille hinein an Crewman Delan gerichtet.
“ Ich halte den Höhleneingang im Auge unseres Ortungssystems, wo das Qriid-Schiff verschwunden ist”, sagte Seku Delan.
“ Tun Sie das auch mit den anderen Höhleneingängen”, wies Sunfrost ihn an.
“ Aber...”
“ Es könnte Verbindungen zwischen den Höhlen geben.”
“ Davon ist mir zwar nichts bekannt, aber wenn Sie meinen...”
“ Niemandem ist davon etwas bekannt, Delan”, gab Sunfrost zurück. “Denn wie heute schonmal jemand treffend bemerkt hat, wäre es Wahnsinn, in diese engen Gänge hineinzufliegen...”
Wenn es einer getan hätte, wäre etwas darüber in unserer Datenbank zu finden, ging es der Kommandantin durch den Kopf.
In diesem Augenblick ging das Licht aus. Die Notbeleuchtung bestand aus fluoreszierenden Streifen an den Wänden. Das Licht der Sterne war kaum sichtbar, weil die gewaltige ‘Vorderfront’ des Tempels die DEFIANT-29 dagegen abschirmte.
Die Sonne schien zwar aus der anderen Richtung - aber auf deren schwaches Leuchten verließ man sich in so großer Entfernung vom Zentralgestirn besser nicht.
“ Sie haben gesagt: Möglichst alle Systeme sollen abgeschaltet werden”, entschuldigte sich Crewwoman Gao, die wohl für diesen Ausfall des Lichts verantwortlich war.
“ Ist schon in Ordnung”, meinte Sunfrost.
“ Je nachdem, wie lange diese Operation dauert, wird es vielleicht auch etwas frisch hier im Raumboot werden”, fügte Gao noch hinzu. “Es sei denn, Sie gestatten Tahano eine Kursänderung, sodass wir aus dem Schatten des Tempels herauskommen.”
Sunfrost ging darauf nicht weiter ein.
Während eines Raumfluges war es normalerweise kaum je das Problem, dass es zu kalt wurde. Ganz gleich, was Leute davon sagten, die keine Ahnung davon hatten. Die Kälte des Weltalls war sprichwörtlich geworden.
Wärme war die Bewegung kleinster Teilchen.
Und wo nichts mehr war, da konnte sich auch nichts bewegen.
Da war der absolute Nullpunkt von Minus 273,5 Grad Celsius oder 0 Kelvin.
Tiefer ging es es nicht hinab.
Und trotzdem hatten fast alle Raumfahrzeuge das Problem, ihre Hitze irgendwo loszuwerden. Schon die einfachen, primitiven Raumfahrzeuge und Satelliten am Beginn der Weltraum-Ära hatten dafür Radiatoren gehabt. Denn wenn das Licht der Sonne selbst aus so großer Entfernung auf ein Raumschiff traf, dann wurde es aufgeheizt. Unweigerlich. Wie hätte es auch die Wärme loswerden können, da es von nichts umgeben war. Ein paar Moleküle pro Quadratmeter - das war zu wenig, um Wärme abzuleiten. Und so hatte auch die DEFIANT-29 ausfahrbare Radiatoren, die die Hitze in Form von Infrarotstrahlung ins All entließen. De einzige Möglichkeit, die es gab.
Doch im Moment befand sich die DEFIANT im Schatten des Tempels. Schatten bedeutete Kälte. Selbst in unmittelbarer Nähe der Sonne war das so. Einige Kratertäler des sonnennahen Merkur waren so schattig, dass es dort kälter war, als auf Pluto oder seinem eisigen Mond Charon.
Noch kälter als hier in diesem Tempelschatten ist es wohl nur in den den Höhlen dieses eigenartigen Himmelskörpers, ging es Sunfrost durch den Kopf. Aber das bedeutet auch, dass die Qriid dasselbe Problem haben wie wir. Zumindest, wenn sie sich auf Schleichfahrt befinden. Und dazu sind sie ebenso wie wir gezwungen, wenn sie keinen Wert auf Entdeckung legen...
Die Erkenntnisse über die Qriid hielten sich in Grenzen.
Man hatte drei Jahre Krieg gegen sie geführt, sie aber kaum erforschen können. Abgehörter Funkverkehr, Untersuchung von gefallenen Gegnern - darauf hatte sich die Forschungstätigkeit der Humanen Welten in diesem Punkt beschränkt. Man wusste ein paar grundlegende Dinge über die vogelartige Spezies, deren Angehörige mit ihren technisch hochentwickelten Raumschiffen zum Sturm auf die Humanen Welten angetreten waren. Wie aus dem Nichts tauchten ihre Raumschiffe aus dem Zwischenraum hervor - und dorthin verschwanden sie dann auch wieder, wenn sie sich zurückzogen.
Man wusste, dass die weiblichen Qriid Eier legten und ihr Imperium vom sogenannten Aarriid beherrscht wurde, dem Stellvertreter und Auserwählten Gottes.
Vielleicht hätten sich unsere Forscher nicht einmal mit diesem Aspekt der qriidischen Kultur sonderlich intensiv zu beschäftigen versucht, wenn der Tod des Aarriid nicht entscheidend für den Rückzug der Angreifer gewesen wäre, dachte Sunfrost.
Zumindest war dies die nachträgliche Erklärung, die man für das Geschehen gefunden hatte.
Die Schlacht von Tridor...
Sunfrost war nicht dabei gewesen, aber vielleicht gerade deshalb hatte diese Entscheidungsschlacht gegen die Qriid in ihren Gedanken immer einen besonders prominenten Rang...
Wollen wir hoffen, dass sie kälteempfindlich sind, dachte Sunfrost. Und wollen wir hoffen, dass sie möglichst bald aus ihrem Loch herauskommen und keine guten Filterprogramme haben, um unsere Signatur richtig zu erfassen - beziehungsweise das, was jetzt, nach Abschaltung fast aller Systeme, davon noch übrig geblieben ist...
Delan stutzte plötzlich.
“ Ich bekomme hier eigenartige Werte...”, murmelte er. “Sie hatten Recht Captain!”
“ In wie fern?”, fragte Sunfrost.
“ Es muss ein Qriid-Raumboot oder dergleichen sein - und es kommt nicht aus der Höhle, mit der wir alle gerechnet haben!”
“ Rudergänger, gehen Sie auf einen Abfangkurs”, ordnete Sunfrost an.
“ Aye, aye, Captain”, bestätigte Fähnrich Tahano. “Allerdings sind mir da gewisse Grenzen gesetzt, so lange ich unseren eigenen Schub nicht aktivieren darf!”
“ Ich sage schon, wann die Maschinen wieder gestartet werden dürfen”, gab Sunfrost zurück.
Tahano korrigierte den Kurs entsprechend den Vorgaben seines Captains.
Ein Ruck ging durch die DEFIANT-29, als sie sich etwas drehte. Die Andruckabsorber waren wie alle anderen Systeme auch, in ihrer Funktion auf ein Minimum beschränkt. Selbst die künstliche Schwerkraft an Bord war abgeschaltet. Jeder saß ja schließlich an seinem Platz und die Sicherheitsgurte verhinderten es ohnehin, dass man von dort einfach fortschwebte.
Im großen Sichtfenster des bewaffneten Raumbootes konnte man so gut wie nichts erkennen. Da war nur die namenlose Dunkelheit dieser großen Schattenzone.
Aber das Ortungssystem war keineswegs so blind. Im Infrarotbereich konnten die Außenkameras der DEFIANT die Umgebung in hoher Auflösung erfassen.
Sunfrost aktivierte an ihrem Display eine schematische Darstellung. Sie zeigte den Tempel mit seinen verschiedenen Höhleneingängen.
Und auf dieser Darstellung ihres Armlehnendisplays war auch das Objekt zu erkennen, das die Qriid-Signatur verursacht haben musste.
“ Ein Raumboot, das ungefähr doppelt so groß wie unseres ist”, kommentierte Deku Delan.
“ Bewaffnung?”, fragte Sunfrost.
“ Zwei Traser-Strahlengeschütze, wenn ich das richtig interpretiere.”
“ Es ist vermutlich ein Beiboot”, glaubte Brent Tahano.
“ Haben Sie irgendwelche Emissionen anmessen können, die auf das Vorhandensein eines Überlichtsantriebs hindeuten, Delan?”, wandte sich Sunfrost an den Ortungstechniker.
Dieser schüttelte den Kopf. “Nein, danach habe ich nun schon eine ganze Weile gesucht, aber nichts gefunden.”
“ Sie werden kaum Jahrmillionen Jahre aus dem Qriid-Gebiet bis hier her unterwegs gewesen sein”, glaubte Fu Davis. “Also muss es ein überlichtflugtaugliches Mutterschiff geben!”
“ Das fürchte ich auch”, meinte Sunfrost.
“ Was haben Sie vor, Captain?”, wollte Fu Davis wissen.
“ Wir nähern uns weiter.”
“ Achtung, wir werden angepeilt”, stellte Seku Delan fest.
“ Sind Sie sicher?”, vergewisserte sich Sunfrost.
“ Ganz sicher, Captain.”
“ Maximale Kursänderung einleiten, Ruder!”, befahl Sunfrost.
Man konnte einem bevorstehenden Traser-Schuss nicht ausweichen. Das war völlig illusorisch. Man konnte nur hoffen, dass man nicht getroffen wurde.
Das Manöver der DEFIANT-29 war lediglich dazu geeignet, die Trefferwahrscheinlichkeit etwas herabzusetzen.
Die Traser-Strahlen der Qriid hatten eine größere Reichweite und Treffergenauigkeit, als die Gauss-Geschütze, wie sie auf den Kriegsschiffen der Humanen Welten üblich waren. Aber dafür war die Durchschlagskraft auf Seiten der Space Army Corps-Schiffe um ein Vielfaches höher als es beim Gegner der Fall war.
Die wolframumantelten, aus Uran oder Blei bestehenden Projektile, die damit verschossen wurden, hatten eine so gewaltige Durchschlagskraft, dass nahezu nichts ihnen hätte widerstehen können. Keine noch so harte Panzerung und kein Schutzschild.
Die Traser-Strahlkanonen, die von den Qriid als Waffe eingesetzt wurden, flammten jetzt an ihren Mündungen deutlich auf. Die grünlichen Strahlen schossen durch das All. Sie verfehlten das Raumboot unter Lieutenant Sunfrost nur knapp.
Das Armlehnendisplay zeigte an, um wie viele Kilometer die DEFIANT-29 verfehlt worden war.
Aber Kilometer waren hier draußen in der unendlichen Weite des Kuiper-Gürtel-Geröllfeldes eine Größeneinheit, die angesichts der Weite des Raumes vollkommen bedeutungslos erschien.
“ Aktivieren Sie die Maschinen, Gao!”, befahl Sunfrost.
“ Ist schon geschehen!”, meldete die Triebwerkstechnikerin. Ein Zittern durchlief das Raumboot. Das Licht ging wieder an, es flackerte jedoch zunächst, da die Energie primär für den Start der Triebwerke genutzt wurde.
Es dauerte eine Weile, bis die Triebwerke wieder voll belastungsfähig waren. Ein dumpfes, sonores Brummen war zu hören. Sunfrost spürte, wie der Boden zu ihren Füßen leicht vibrierte und diese Vibrationen sich auf jeden Gegenstand übertrugen.
“ Fähnrich Tahano, fliegen Sie den Qriid entgegen”, verlangte Sunfrost. “Und zwar mit maximalem Schub.”
“ Geradewegs ins Traser-Feuer hinein”, stellte Tahano fest.
“ Es wäre schon großes Glück, wenn sie uns treffen”, stellte Sunfrost klar. Und wenn nicht und wir nahe genug an den Qriid-Raumer herankommen, liegen alle Trümpfe in unserer Hand...
Wenn...
Genau das war der springende Punkt.