Читать книгу Der Beginn einer kosmischen Saga: Chronik der Sternenkrieger - Der Einstiegsband: 1200 Seiten Romanpaket - Alfred Bekker - Страница 62

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Bis die Antwort aus Fort Matthews eintraf, war das Qriid-Schiff inzwischen verschwunden.

Verschwunden in dem Sinn, dass es von der DEFIANT-29 aus nicht mehr zu orten war. Das konnte viele Ursachen haben. Vielleicht befand sich der flüchtende Qriid-Raumer einfach im Ortungsschatten eine der unzähligen vagabundierenden Kuiper Belt Objekts. Es war auch denkbar, dass es einfach nur mit den derzeit eingeschränkten Möglichkeiten der Bordsysteme zu tun hatte. Die Energiezelle, die im Moment Ortung und Kommunikation notdürftig aufrecht erhielt, wurde mit der Zeit schwächer und schwächer. Zudem gab es ja eine Reihe von massiven Außenschäden an der DEFIANT-29. Schäden, die Sensoren und Kameras mit einschlossen und ebenfalls dazu beitrugen, dass das wichtigste Gerät zur Orientierung im Augenblick das frontale Sichtfenster war.

Und da war auch nur deshalb etwas zu sehen, weil die Vorderfront der DEFIANT-29 derzeit nicht in Richtung des Tempels und seines weiten, abgrundtief finsteren Schattens ausgerichtet war.

“ Möchten Sie die Botschaft von Commander Sörensen sehen, Captain?”, fragte Seku Delan.

“ Sicher”, gab Sunfrost etwas säuerlich zurück. Was denn sonst? “Es sei denn, Ihre Energiezelle hält das nicht mehr aus!”

“ Das wird nicht unser größtes Problem sein, Captain. Aber aus Gründen der Energieersparnis werde ich die Botschaft nur auf dem Display meiner Konsole abspielen. Im Energiesparmodus.”

“ In Ordnung”, sagte Sunfrost.

“ Sie werden aufstehen müssen, um etwas zu sehen, Captain. Von Ihrem Platz aus dürfte das nicht klappen.”

“ Ich danke Ihnen für den Hinweis, Crewman Delan.”

Rena Sunfrost schnallte sich ab, bewegte sich auf Delan zu und fühlte sich dabei, als würde sie auf Eiern laufen. Außerdem war ihr schwindelig. Die künstliche Schwerkraft funktioniert auch nicht mehr, erkannte sie. Hätte ich eigentlich ahnen können...

Sie schwebte etwas nach vorn, hielt sich an einer der Konsolen fest und blickte auf Seku Delans Anzeige.

Das Gesicht eines Mannes mit markantem Gesicht und hoher Stirn erschien dort. Die Falten um die Mundwinkel hatten sich auf eine Weise in seine Züge eingegraben, dass man wohl annehmen musste, dass der Verdacht auf ständig schlechte Laune nicht ganz aus der Luft gegriffen war.

Eine Frohnatur sieht jedenfalls anders aus, dachte Sunfrost. Aber wer weiß, wie ich aussehen würde, wenn ich auf einen Posten im kosmischen Geröllfeld abkommandiert wäre. Einen Ort, gegen den selbst eine viele Lichtjahre weit entfernte Kolonialwelt wie ein Hort menschlicher Zivilisation wirkt...

“ Guten Tag, Lieutenant Sunfrost”, eröffnete Commander Sörensen. “Ich will mich mit den merkwürdigen Begleitumständen Ihres Einsatzes nicht lange aufhalten. Darüber werden Sie mir bei Ihrer Ankunft im Raumfort Matthews ausführlich Bericht erstatten. Es ist Hilfe für Sie unterwegs. Glücklicherweise operiert zur Zeit der Leichte Kreuzer PLUTO unter Commander Van Doren in der Nähe. Es könnte trotzdem noch etwas Stunden dauern, bis die PLUTO bei Ihnen eintrifft. Halten Sie solange durch. Alle Einzelinformationen der Hilfsaktion werden in einem gesonderten Datensatz übertragen. Sörensen, Ende!”

Das Gesicht des Commanders verschwand.

“ Ich würde sagen, das war ein milder Tag des Commanders”, kommentierte Fu Davis.

“ Und ich würde sagen, das dicke Ende kommt noch”, fügte Delan hinzu. “Zumindest für Lieutenant Sunfrost. Wir sind ja nur willige Befehlsempfänger.”

“ Auf den Schiffen, auf denen ich bisher gedient habe, verstanden sich die Besatzungsmitglieder als Teil einer Crew, Mister Delan. Es ist bedauerlich, dass Sie das offenbar anders sehen.”

Einige Augenblicke herrschte Schweigen. Sunfrost bewegte sich indessen wieder auf ihren Platz zu und schaffte es schließlich, sich erneut auf dem Kommandantensitz festzuschnallen.

Innerlich kochte sie.

Diese Crew respektierte sie nicht. Und sie fühlte den starken Impuls, auf diesem Respekt zu bestehen. Es mochte ja sein, dass sie übereilt gehandelt und vor allem, einen schweren Fehler begangen zu haben, als sie nicht unverzüglich nach Ausbruch des Gefechts eine Nachricht an Commander Sörensen gesandt hatte - zu einem Zeitpunkt, als im Übrigen auch noch Überlichtfunk zur Verfügung stand und die Botschaft Raumfort Matthews unverzüglich erreicht hätte.

Bislang war Sunfrost gewohnt, dass sie Befehle ausführte und andere die Entscheidungen trafen - oder unterließen.

Genau das hatte sich aber nun verändert.

In dem Moment, als sie dieses Kommando übernommen hatte, war sie diejenige, auf der die Verantwortung lastete. Es gab niemanden, auf den sie diese Last abschieben konnte.

In diesem Augenblick wurde ihr der Unterschied erst so richtig bewusst.

Das bedeutete es also, ein Kommando zu führen!

Und was den mangelnden Respekt anging, lag ihr vieles auf der Zunge, was sie dazu hätte sagen können. Aber sie schluckte es herunter.

Respekt muss man sich verdienen, wurde ihr klar. Das gilt auch für mich.

Ihn einfach nur einzufordern wirkte lächerlich.

Mein Kommando hatte einen Start, wie er schlechter nicht hätte sein können, dachte sie. Aber vielleicht erhebt sich dieser flügellahme Phönix ja doch noch majestätisch in die Lüfte...

Die Lebenserhaltungssysteme arbeiteten nicht mehr. Seku Delan sandte eine letzte Nachricht an Fort Matthews. Dann aktivierte er einen Peilsender, der es der Crew der PLUTO unter Commander Van Doren leichter machen würde, das dahintreibende Raumboot ausfindig zu machen. Ein so kleines Objekt hier, im Großschatten des Tempels zu finden, war ohnehin schon schwierig genug.

“ Die Sauerstoffwerte sind dramatisch gefallen”, meldete Seku Delan. “Wir sollten jetzt die Druckanzüge anlegen.”

“ Gut”, stimmte Sunfrost zu.

Die Sauerstoffpatronen der Druckanzüge hielten eine ganze Weile. Außerdem gab es noch die Sauerstoffpatronen der Schlafsärge.

Notfalls konnte man die auch für die Druckanzüge verwenden. Sich gleich in Dracula’s Home zu legen und dort die autonome Sauerstoffversorgung einzuschalten, war in dieser Situation reine Energieverschwendung, denn das Innenvolumen eines dieser Schlafsärge, dessen Luftinhalt mit Sauerstoff angereichert werden musste, war sehr viel größer, als es bei einem normalen Druckanzug der Fall gewesen war.

Und da keinerlei Explosionsgefahr oder dergleichen bestand, wäre es auch wenig sinnvoll gewesen, sich mit den Särgen vom Typ Dracula’s Home abzusprengen und deren Tauglichkeit als Rettungskapseln auszutesten.

Nacheinander legten die Mitglieder der Crew den Druckanzug an. Da nach Ausfall der von den Antigrav-Aggregaten erzeugten künstlichen Schwerkraft nun Schwerelosigkeit innerhalb der DEFIANT-29 herrschte, war das gar nicht so einfach.

Sunfrost erinnerte sich zwar an einige Kurse während ihrer Akademie-Ausbildung, in denen man lernen konnte, sich unter Schwerelosigkeit richtig und effektiv zu bewegen und Verletzungen zu vermeiden, aber wirklich verinnerlicht hatte das wohl keiner der Absolventen.

Die Raumfahrer der frühen irdischen Weltraum-Ära, die noch ohne künstliche Schwerkraft auszukommen gewohnt waren, hatten sich daran gewöhnen müssen. Genauso, wie sich die die ersten irdischen Siedler des Mars an die geringe Schwerkraft ihrer neuen Heimat gewöhnt und sich dadurch sogar körperlich verändert hatten.

Aber seit der Erfindung der Antigrav-Technologie war das Geschichte.

Schwerelosigkeit oder auch nur gegenüber dem Erdniveau verminderte Gravitation war etwas Theoretisches geworden.

Etwas, dass die meisten Raumfahrer nur am eigenen Leib erfuhren, wenn irgend etwas gründlich daneben gegangen war: Bei Unfällen und Systemausfällen.

Nichts, woran man sich wirklich gewöhnen wollte.

Einen Druckanzug unter diesen Bedingungen allein anzuziehen war schwierig. Tahano half Seku Delan dabei. Anschließend auch Fu Davis.

Nachdem Davis auch Crewwoman Gao in den Anzug geholfen hatte, wandte diese sich an Sunfrost.

Sunfrost quälte sich gerade ziemlich dabei ab, sich in den Druckanzug zu zwängen. Allein.

“ Brauchen Sie Hilfe, Madam?”

Sunfrost lag die ablehnende Erwiderung bereits auf der Zunge. Erstens hasste sie es, Hilfe anzunehmen und zweitens hatte sie das Gefühl, dann schwach und hilflos zu erscheinen. Zwei Dinge, die sie in ihrer Position unbedingt vermeiden musste, wie sie glaubte.

Aber dann stimmte Sunfrost nach kurzem Zögern doch zu.

Es scheint eine Art Friedensangebot zu sein, ging es ihr durch den Kopf. Wer weiß, wann das nächste kommt, wenn ich dies einfach ablehne und Gao damit vor den Kopf stoße?

Also sagte die Kommandantin: “Gerne, Crewwoman Gao.”

Sunfrost hatte nicht das Gefühl, dass Gao bei dieser Prozedur wirklich eine große Hilfe war.

Die mangelnde Harmonie war überdeutlich. Sie kam in jeder asynchronen Bewegung der beiden zum Ausdruck. Daran war wohl erstmal nichts zu ändern.

Aber Gao hatte immerhin guten Willen.

Und das, so fand Sunfrost, war schließlich auch was wert.

Der Beginn einer kosmischen Saga: Chronik der Sternenkrieger - Der Einstiegsband: 1200 Seiten Romanpaket

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