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Alfred Bekker

EINE KOMPLIZIERTE BEZIEHUNG



»Na, war's schlimm?«, fragte Dagmar, während sie das Sektglas hob, das man ihr gegeben hatte. Ihr Mann, Dr. Peter Horstmann, krempelte sich gerade den Hemdsärmel herunter und zog sich das Jackett seines Smokings wieder an. Er lächelte.

»Nein, Schatz. Aber ein bisschen merkwürdig ist es schon.«

Dagmar hob die Augenbrauen. »Was meinst du?«

»Na, das mit der Blutspende als Hochzeitsgeschenk!«

»Ich finde es in Ordnung«, meinte Dagmar. »Du weißt selbst, wie oft es in den Sommermonaten an Blutspenden fehlt! Wilfried hat oft davon gesprochen. Und du bist doch auch Arzt, Peter! An eurer Klinik ist es doch sicher dasselbe!«

»Ja, das schon. Ich sage auch gar nichts dagegen. Trotzdem ist es doch ein bisschen exzentrisch, alle Hochzeitsgäste erst einmal in ein Nebenzimmer zu führen, wo dann der Bräutigam persönlich ihnen Blut abnimmt...«

»Wilfried ist Arzt - und es ist für eine gute Sache!«, gab Dagmar zu bedenken. »Und die paar Tropfen schaden weder dir noch mir!«

Jemand reichte Peter Horstmann jetzt auch ein Sektglas.

Peter nippte kurz daran.

Dann blickten sie gemeinsam in jene Richtung, in der das Brautpaar auftauchte: Dr. Wilfried Gerber, ein Internist, er für seine 38 Jahre noch recht jugendlich aussah, und seine Angetraute Franziska, eine dunkelhaarige Schönheit mit blassem Teint und ausdrucksstarkem Augenaufschlag. Sie schüttelten Dutzende von Händen und ließen sich zu ihrem Entschluss, den Rest ihres Lebens gemeinsam zu verbringen, beglückwünschen.

»Ist dir eigentlich aufgefallen, dass wir über die Braut so gut wie nichts wissen?«, meinte Dagmar plötzlich.

Peter Horstmann zuckte die Achseln und trank sein Glas leer.

»Lässt sich ja nachholen«, erwiderte er dann lakonisch.

»Es muss ziemlich schnell zwischen den beiden gefunkt haben«, sagte Dagmar. »Du bist doch Wilfrieds Freund. Hat er dir mal gesagt, woher er sie kennt?«

»Nein.«

»Gar nichts?«

»Na ja, er erwähnte mal etwas von einer Beziehung, die recht... kompliziert, ja, so drückte er sich aus... sei. Und er fragte mich - ganz allgemein allerdings -, was ich von einer Beziehung zwischen zwei Menschen halte, die durch tiefe Gegensätze getrennt seien.«

»Und du meinst, er hat Franziska damit gemeint?«

»Wen sonst?« Peter zuckte die Achseln.

Dagmar sah ihn fragend an und wirkte sehr nachdenklich.

»Was hast du Wilfried geraten?«

»Ich habe ihm gesagt, dass alle Gegensätze zu überwinden seien, und versucht, ihm Mut zu machen.«

Dagmar atmete tief durch. »Scheint, als wäre es dir gelungen!«

Peter grinste, während er seinen Arm um Dagmars Taille legte. »Ein gewisses Maß an Gegensätzen ist doch auch ganz reizvoll, oder?«

»Kommt ganz drauf an.«

Nun wurden alle zu Tisch gebeten. Nach einer kurzen Ansprache begann das festliche Mal, woran sich Tanz und fröhliches Beisammensein anschlossen. Die Gäste hatten eine ziemlich große Ausdauer.

Um Mitternacht wurde noch ein kleiner Imbiss gereicht, und die letzten Teilnehmer dieser Feier verließen erst im Morgengrauen den Festsaal.

Dr. Wilfried Gerber war todmüde, während seiner Braut die vorgerückte Stunde weniger auszumachen schien.

»Es haben alle mitgemacht und ihre Spende abgeliefert«, sagte Wilfried zufrieden.

»Wie viel Blut kommt da zusammen?«, erkundigte sich Franziska plötzlich.

»In Litern? Nun, es wird auf jeden Fall eine Weile reichen, denke ich. Ob wir damit über den Sommer kommen, müssen wir allerdings erst mal abwarten.« Er sah Franziska voller Liebe an und setzte dann hinzu: »Ich hätte kaum zu hoffen gewagt, dass es trotz unserer Verschiedenheit noch zu dieser Hochzeit kommen würde.

Aber Gegensätze scheinen sich anzuziehen...«

»Ob es gut geht, wird erst die Zukunft zeigen«, sagte Franziska.

»Sicher.«

»Ich fürchte, aus einer komplizierten Beziehung, wird jetzt eine komplizierte Ehe, mein Schatz!«

»Vermutlich hast du recht. Aber wollen wir wirklich daran denken?«

Sie umarmten sich innig. Er presste sie an sich, und sie legte ihren Kopf an seine Schulter. Sein Hals befand sich direkt vor ihrem volllippigen Mund, und sie fühlte unwillkürlich einen ihr nur allzu wohlvertrauten Hunger in sich aufsteigen.

Ihre Lippen öffneten sich, so dass für den Bruchteil eines Augenblicks ihre unmenschlich langen Eckzähne sichtbar wurden...

Wilfried strich ihr über den Kopf und fragte: »Möchtest du jetzt eine der Blutkonserven, mein Schatz? Du hast ja schließlich lange genug drauf warten müssen!«



Die große Halloween Horror Sammlung November 2021

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