Читать книгу Die große Halloween Horror Sammlung November 2021 - Alfred Bekker - Страница 22

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Diesmal war es eine Blondine, in deren Hals Mike Tensold seine Vampirzähne schlug. Er hatte sie in den Waschraum für Herren hineingezerrt. Das LAST CHOICE schien ein gutes Jagdrevier zu sein. Er drückte die Blondine gegen eines der Waschbecken. Seine Zähne zerfetzten ihr den Hals und mit einem genießerischen Brummlaut schlürfte Tensold ihr Blut.

Der Druck ihrer Arme, mit denen sie ihn wegzustoßen versucht hatte, ließ nach. Das Leben war längst aus ihr gewichen. In ihren starren Augen stand das Grauen.

"Heh, lass mich auch mal!"

Eine Hand packte Mike an der Schulter und riss ihn herum. Blut spritzte aus der Kehle der jungen Frau empor bis an die Decke. Spiegel und benachbarte Waschbecken waren rot gesprenkelt.

Tensold wandte ärgerlich den Kopf, während seine Hände die Leiche mit sicherem Griff festhielten.

Er blickte in die leicht rötlichen Augen seines Kumpels Pel Fernandez.

Fernandez war noch ziemlich jung. Kaum zwanzig und erst seit einem halben Jahr Vampir.

"Was fällt dir ein, Bastardo!", schimpfte Tensold. "Sieh dir die Schweinerei an!" Tensold konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn Blut verschwendet wurde. "Andere Vampire hungern!"

"Sorry, aber ich dachte, wir sind wie Brüder, Mann! Und in der Kleinen ist doch genug für uns Beide, denke ich!"

Tensold hatte eine giftige Erwiderung auf den Lippen.

Aber er verschluckte sie, als plötzlich jemand von den Toiletten hereinkam, um sich die Hände zu waschen. Ein groß gewachsener, übergewichtiger Rocker mit einer Lederjacke voller Embleme und einem Piratentuch um den Kopf. Der Bart war noch etwas länger als bei den Musikern von ZZ Top. Er hatte ihn zu zwei kleinen Zöpfen zusammen geflochten, was ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit einem alt-keltischen Barbarenkrieger verlieh.

Er stand wie erstarrt da, blickte auf das Blut und öffnete dann halb die Lippen, so als wollte er etwas sagen. Aber kein einziger Laut drang aus seinem Mund. Selbst ein Kerl wie er war offenbar von dem, was er hier vorfand zu sehr schockiert, um auch nur irgendeinen Laut herauszubekommen.

"Na, los, Pel! Worauf wartest du?", rief Tensold.

Pel Fernandez schnellte auf den Rocker zu.

Diesem blieb überhaupt keine Zeit, um sich noch zu wehren.

Der junge Vampir versetzte dem Koloss einen brutalen Stoß.

Der Rocker wurde zurückgeschleudert. Er kam so hart gegen die Wand, dass er regungslos zu Boden rutschte. Blut verschmierte dort, wo er aufgekommen war.

"Erledigt!", meinte Fernandez.

Er atmete auf.

Jetzt flog die Außentür der Waschräume zur Seite. Ein Mann mit einer Machete trat ein. Er hatte schwarz gefärbtes Haar, trug Lederjacke und Jeans. Und er blieb vollkommen ruhig, während sein Blick über die Szenerie schweifte.

Tensold ließ den Körper der jungen Frau sinken, deren Blut sich nun in einer ausgedehnten Lache auf den Boden ergoss.

"Was ist dass denn für einer?", knurrte Tensold. Er fuhr seine Vampirzähne ein.

"Mein Name ist Chase Blood", sagte der Mann mit der Machete. "Und ich bin im Auftrag von Franz, Fürst von Radvanyi hier, um euch abzuschlachten!"

Und dabei entblößte Chase für einen kurzen Moment seine Vampirzähne.

Tensolds Augen verengten sich. Er sah zu Fernandez hinüber.

"Da hast du dir aber eine Menge vorgenommen! Wäre es nicht besser, wir würden einen netten Blut-Snack teilen?"

"Ihr gehört nicht zu den New Yorker Vampiren. Und der Fürst hat euch keinesfalls erlaubt, dass ihr euch in seinem Bereich aufhaltet."

"Hey, Mann, warum so förmlich?"

Chase fuhr ungerührt fort.

"Außerdem macht ihr durch eure Unbeherrschtheit die Menschen auf uns aufmerksam. Es gibt schon Vampirjäger genug. Wir müssen keinesfalls noch etwas für die Motivierung des Nachwuchses tun!"

"Sorry, wenn wir eure Regeln verletzt haben, aber..."

"Wie viele seid ihr? Nur ihr beide?"

Tensold ballte die Hände zu Fäusten.

"Jedenfalls sind wir im Moment zu zweit - und du allein! Bevor du es auf die Spitze treibst, solltest du darüber noch mal nachdenken, Bruder!"

"Ich glaube, es ist effektiver, wenn ich mich nur mit einem von euch weiter unterhalte!", knurrte Chase.

Er packte die Machete mit beiden Händen und stürzte auf Tensold zu.

Doch der war schnell.

Und im Gegensatz zu Chase Blood war er offenbar in seinem ersten, menschlichen Leben auch Kampfsportler gewesen. Blitzartig wich Tensold zur Seite, duckte sich. Der Machetenhieb, mit dem Chase dem fremden Vampir den Kopf vom Rumpf hatte trennen wollen, ging ins Leere. Die Spitze der Machetenklinge kratzte über das Glas der Spiegel.

Tensold ließ seinen Fuß hochfahren.

Ein mörderischer Karatetritt traf Chase in Höhe des Bauchnabels. Er taumelte seitwärts, rang nach Luft.

"Verschwinden wir, da kommen sicher noch mehr von seiner Sorte!", rief er.

Der Weg zur Tür, die zum Flur führte, war frei.

Mit zwei weiten Schritten war Tensold dort.

Pel Fernandez folgte ihm.

Aber da war Chase schon wieder auf den Beinen.

Er erreichte Fernandez kurz bevor dieser seinem Kumpan zur Tür hinaus folgte. Dann ließ Chase die Machete niedersausen.

Er hieb tief in die Schulter des Flüchtenden.

Dieser schrie auf.

Der Schmerz musste höllisch sein. Chase wusste, das er seinen Gegner auf diese Weise nicht töten konnte. Aber das beabsichtigte er im Moment auch nicht.

Noch nicht.

Er zog die Klinge aus dem Körper seines Gegenübers.

Er packte den konsternierten und durch den höllischen Schmerz an seiner Schulter völlig außer Gefecht gesetzten Fernandez und schleuderte ihn durch den Waschraum. Er kam hart gegen die Wand, rutschte an ihr zu Boden. Die Wunde, die er dem fremden Vampir beigebracht hatte, würde sich nach einiger Zeit wieder schließen, je nachdem, wie viel Willenskraft Fernandez aufbrachte.

Aber für ein paar Sekunden konnte Chase es riskieren, Fernandez dort auf den Fliesen des Waschraums liegen zu lassen, ohne dass er Angst haben musste, dass ihm der junge Mann entkam.

Chase stürtzte hinauf den Flur, die blutige Machete in den Händen.

Er sah sich zu beiden Seiten um.

Von Tensold gab es keine Spur mehr.

Chase atmete tief durch.

Es hatte keinen Sinn, jetzt zu einer Verfolgung anzusetzen. Dazu war Chase auch gar nicht schnell genug. Aber schließlich war es eine Kleinigkeit gewesen, ihn und seinen Freund beim ersten Versuch aufzuspüren. Chase war überzeugt, dass ihm das wieder gelingen würde. Und wenn sein Gegner New York Hals über Kopf verließ - umso besser für ihn selbst.

Chase drehte sich herum, kehrte in den Waschraum zurück.

Fernandez hatte sich bereits etwas erholt.

Der Schnitt, den Chase ihm beigebracht hatte, reichte Fernandez bis zur Herzgegend. Die übermenschliche Wucht des Machetenschlages hatte Schlüsselbein und Rippen zerschmettert.

Fernandez war auf den Knien, versuchte gerade aufzustehen.

Chase ließ die Machete niedersausen, hieb Fernandez den rechten Arm ab. Fernandez schrie auf. Der Arm rutschte über den Boden. Er würde nachwachsen, aber Chase dachte nicht daran, seinem Gegenüber dazu noch lange genug Zeit zu geben.

Mit einem Tritt vor den Oberkörper stieß er Fernandez zu Boden. Dieser starrte auf den blutigen Armstumpf. Seine Augen waren vor Grauen geweitet. Chase kniete sich auf den Boden, beugte sich über ihn, setzte ihm die Machete an die Kehle.

"Ich will jetzt ein paar Auskünfte!", sagte Chase dann.

Fernandez war fast von Sinnen vor Schmerzen.

Er brauchte seine gesamte Willenskraft, um wenigstens die Blutung des Armstumpfs zu stoppen.

Chase fragte: "Wie viele seid ihr? Nur du und dieser mutige Freund, der dich sofort im Stich gelassen hat, als es schwierig wurde?"

"Ja!", stieß er hervor.

Chase nahm die Machete, drehte sich etwas und ließ sie dann niedersausen. Fernandez schrie auf, als ihm der linke Fuß vom Bein getrennt wurde.

Dann setzte er die Klinge wieder an Fernandez Kehle und der junge Vampir verstummte.

"Keinen Ton mehr! Wenn du dich nicht zusammenreißt, ist es aus mit dir!"

Fernandez presste die Lippen aufeinander.

"Was sollte das?", keuchte er.

"Ich mag's nicht, wenn ich angelogen werde!"

"Also gut, wir sind insgesamt etwa ein Dutzend."

"Und wer schickt euch?"

"Niemand!"

"Sorry, aber bald ist nicht mehr viel an dir dran, was ich noch abhacken könnte!"

Fernandez versuchte, Chase einen Faustschlag zu versetzen. Aber Chase reagierte kompromisslos. Er hieb zu. Ein sauberer Schnitt. Die Faust trennte sich vom Arm. Ein blutiges Stück Fleisch, das ein paar Meter durch den Waschraum geschleudert wurde und dann punktgenau in einem der Becken landete.

Chase grinste. "Zwei Punkte-Korb!"

Das Blut schoss aus dem Stumpf heraus. Fernandez hatte kaum genug Kraft, um den Heilungsprozess in Gang zu setzen und die Blutung zu stoppen.

"Ihr kommt nicht zufällig aus Philadelphia, oder?"

In Philadelphia residierte Magnus von Björndal, einer der schärfsten vampirischen Konkurrenten des Fürsten. Immer wieder hatte er versucht, seinen Einflussbereich auszudehnen, wie umgekehrt auch der Fürst Philadelphia gerne unter seinem Einfluss gesehen hätte.

Fernandez war jetzt nicht mehr in der Lage, zu antworten.

Der Schmerz machte ihn rasend.

Chase ließ die Machete niedersausen, trennte ihm den Kopf vom Leib - oder dem, was Chase davon noch übrig gelassen hatte.

Fernandez zerfiel zu grauem Staub.

Nur die Kleidung blieb zurück. Sie fiel in sich zusammen. Chase durchsuchte die Taschen, fand neben einem Ticket für den Nachtzug aus Philadelphia auch die Adresse eines Hotels in Manhattan. Dazu einen maschinell ausgestellten Rechnungsbeleg über die Inanspruchnahme des Zimmer Service für eine bestimmte Suite.

Also doch!, durchzuckte es Chase. Sie kamen aus Philadelphia.

Magnus von Björndals Leute!

Und wie es schien, ein ganzes Nest davon!

Den Fürst würden diese Nachrichten nicht gerade freuen!

Chase ging hinaus.

Er passierte den Flur, erreichte schließlich das LAST CHOICE. Die Heavy Metall Musik, die dort aus den Boxen dröhnte war derart laut, dass es ziemlich unwahrscheinlich war, dass jemand die Schreie aus dem Waschraum gehört hatte.

Umso besser, dachte Chase.

Das machte die Sache unkomplizierter.

Sein nächstes Ziel stand fest. Es war das Hotel Shapiro am unteren Broadway. Zumindest einer der Philadelphia-Vampire hatte dort übernachtet. Und möglicherweise gab es da ja ein ganzes Nest.

Chase atmete tief durch, als er ins Freie gelangte und die kühle Nachtluft in sich aufsog.

Scheiß Job!, dachte er.


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